Dunkel ist die Sonne
abgegeben hätte. Sie war groß und hatte eine ausgezeichnete Figur. Ihre Haut war blaß und ihr krauses Haar gelblich; ihre Augen waren blau. Um den Hals hing an einer Schnur eine Knochenpfeife. Sie trug einen kurzen Kilt aus grünem Stoff, der von einem breiten Ledergürtel zusammengehalten wurde. In dem Gürtel steckte ein steinerner Tomahawk, und in der Rechten hielt sie einen Speer mit steinerner Spitze. Auf ihrer Schulter lag ein Blasrohrfutteral. Sie hatte einen überanstrengten, wenn nicht verzweifelten Gesichtsausdruck. Schweiß bedeckte ihre schöne Haut.
Deyv hatte eigentlich vorgehabt, sie erst vorbeizulassen, dann aus dem Gebüsch herauszutreten und sie mit der flachen Seite seines Tomahawks niederzustrecken. Aber ihre Eile konnte bedeuten, daß sie verfolgt wurde. Besser war es abzuwarten, bis er sichergehen konnte, daß niemand hinter ihr herkam. Das wiederum hieß, daß er die Möglichkeit eines Überraschungsangriffs verspielte, aber es war gewiß schlauer, sie zu verlieren, als sein Leben zu riskieren.
Sie kam näher. Und plötzlich wußte er, was ihn, ohne zu wissen warum, an ihr so seltsam berührt hatte.
Sie hatte kein Seelenei.
7
Jum war bereit, geräuschlos in den Kampf einzutreten, sobald er das Zeichen dazu bekäme, aber Deyv warnte ihn, sich zu rühren. Die Frau rannte schwer keuchend vorbei. Sie sah weder nach hinten noch nach vorn, sondern nach unten. Das brachte ihn auf die Idee, daß sie vielleicht gar nicht auf der Flucht war. Vielleicht verfolgte sie selbst jemandes Spur. Oder vielleicht hoffte sie, jemandes Spur zu finden, da auf diesem Teil des Pfades keine zu sehen war. Wenn sie aber noch ein paar Schritte weiterlief, würde sie seine Stiefelabdrücke und die Abdrücke der Hundepfoten bemerken.
Prompt geschah dies auch. Sie blieb plötzlich stehen und bückte sich, um sie näher zu betrachten. Dann richtete sie sich wieder auf, blickte um sich und stürzte ins Laub. Deyv konnte durch einige Blätter hindurch einen kleinen Fleck aus heller Haut schimmern sehen. Dort wartete sie offensichtlich in der Hoffnung, daß, wer immer die Spuren hinterlassen hatte, nicht deswegen vom Pfade abgewichen war, um ihr aus dem Hinterhalt aufzulauern.
Deyv kniete sich hin und legte sein Ohr wieder auf die Erde. Wenn wirklich jemand um die Ecke kam, so gewiß nicht im Laufschritt. Er beschloß, auf dem Pfad weiterzugehen. Sollte es einem Krieger auffallen, daß die Abdrücke in den Dschungel hineinführten, konnte er ihm ruhig nachsetzen. Was die Frau anging, so war er nicht länger interessiert. Sie besaß kein Ei und war darum nicht für ihn bestimmt. Sie war ein Paria, eine Ausgestoßene, ein seelenloses, verächtliches Ding.
Außerdem mußte er, jetzt, wo er darüber nachdachte, verrückt gewesen sein anzunehmen, daß sie seine Partnerin hätte werden können. Er mußte doch denjenigen aufspüren, der sein eigenes Ei gestohlen hatte. Wie konnte er das, wenn er sie mitschleppte – selbst wenn sie ein Ei gehabt hätte?
Er sah auf den Pfad zurück. Der Fleck aus heller Haut war verschwunden. Für einen Moment überlegte er, ob er den Hund auf sie ansetzen sollte. Möglicherweise hatte sie ihn ja beim Vorbeigehen gesehen und schlich sich jetzt durch den Busch heran. Er glaubte es zwar nicht, wollte es aber auch nicht darauf ankommen lassen. Er würde sich einfach in einem gewissen Abstand von ihr halten. Nein. Das ging doch nicht. Er mußte wegen Aejip zur Höhle zurück.
Wenn die Frau in Angriffsstimmung war, wenn sie nicht einfach das Weite suchte und wenn sie ihn für gefährlich hielt, dann brauchte sie nur so lange am Rande des Dschungels entlangzugehen, bis sie hinter einer Biegung verschwunden sein würde. Dann konnte sie auf seine Seite überwechseln und sich zurückschleichen.
Andererseits war sie wahrscheinlich genau wie er darauf bedacht, eine Auseinandersetzung zu vermeiden, was bedeuten würde, daß sie sich seiner Sicht entziehen und dann so schnell wie möglich in entgegengesetzter Richtung den Pfad hinunterlaufen würde.
Vielleicht hatte sie ihn auch gar nicht gesehen. Vermutlich war sie ja nur erschrocken, weil seine Abdrücke in den Busch hineinführten.
Er gab Jum ein Zeichen, und die beiden machten sich auf den Weg durchs Dickicht. Sie behielten den Pfad im Auge und blieben hier und da stehen, um sich mittels eines Blicks durch die dichte Vegetation seiner Lage zu vergewissern und sich somit nicht allzuweit von ihm zu entfernen.
Er fragte sich, ob sie von dem
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