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Dunkel ist die Zukunft

Dunkel ist die Zukunft

Titel: Dunkel ist die Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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es nicht. Und eine halbe Stunde später spielte es sowieso keine Rolle mehr.« Obwohl er das Gegenteil behauptet hatte, spürte Charity, wie schwer es ihm fiel, über jenen Tag zu sprechen. Aber sie unterbrach ihn nicht. Schlimmer als der Schmerz der Erinnerung, den er jetzt spürte, mußten die Jahrzehnte gewesen sein, in denen er mit niemandem darüber hatte reden können. »Plötzlich war alles tot«, fuhr er fort, mit leerem Blick und leiser, zitternder Stimme. »Es war ... eine Art Strahlung. Erinnern Sie sich an das Haus voller Toter, das wir in der Bronx gefunden haben?« Charity nickte. »Es war dasselbe«, fuhr Niles fort. »Eine Art ... graues Leuchten, anders kann ich es nicht beschreiben. Zuerst hielt ich es für Gas, aber das war es nicht. Es ... es war überall, und es tötete nur Menschen. Keine Pflanzen. Keine Tiere, nur Menschen. Sie fielen einfach um und waren tot, von einer Sekunde auf die andere. Aber nicht alle. Meine Tochter starb, und alle unsere Nachbarn, aber meine Frau und ich spürten nichts.« »Es gab Überlebende in New York?« fragte Charity ungläubig. Niles nickte und schüttelte fast gleichzeitig den Kopf. »Nicht in der City. Manhattan wurde ausgelöscht, aber wir ... wir lebten in den Randgebieten. Vielleicht war die Strahlung dort nicht mehr so stark.« Er zuckte die Achseln. »Viele überlebten. Viele flohen, aber manche blieben auch, wenigstens in den ersten Tagen. Bis die ... « »Bis die Reiter kamen«, sagte Skudder. Niles nickte. »Sie wissen davon?« Skudder lächelte kalt. »Wenn Sie von demselben New York sprechen wie ich, ja. New York ist so etwas wie ihr Hauptquartier auf diesem Kontinent. Daniel kommt von dort.« Niles' Blick nach zu urteilen, konnte er mit dem Namen Daniel noch weniger anfangen als Charity. Aber er nickte. »Bis sie kamen, ja«, bestätigte er. »Sie ... begannen irgend etwas zu bauen, und ihre Truppen machten Jagd auf uns. Sie haben viele getötet, aber sie haben auch viele entkommen lassen. Offensichtlich kam es ihnen nur darauf an, uns aus der Stadt zu verjagen. Meine Frau und ich gehörten jedenfalls zu denen, die entkommen konnten.« Wieder stockte er, und wieder konnte Charity sehen, wie ihn die Erinnerung zu übermannen drohte. Diesmal dauerte es sehr lange, bis er sich wieder in der Gewalt hatte. »Ich will Sie nicht mit Einzelheiten langweilen, Charity«, sagte er dann mit veränderter Stimme. »Meine Frau starb wenige Wochen darauf, und ich irrte fast ein Jahr durch das Land, ehe ich mich bis hierher durchschlagen konnte. Als Sie und Mike sich in New York von mir verabschiedeten, da war ich bereit, zu sterben, und später, nachdem sie erst meine Tochter und dann meine Frau umgebracht hatten, da wollte ich es sogar, eine Zeitlang. Aber dann ... dann wollte ich nur noch überleben. Irgendwie und irgendwo, um es ihnen später einmal heimzuzahlen.« Er sah Skudder an. »Aber im Gegensatz zu den meisten hatte ich ein Ziel«, fuhr er fort. »Ich wußte von diesem Bunker, und mir war klar, daß ich nur hier eine Chance haben würde. Leider kam ich zu spät.« »Vielleicht ist es gut, daß Sie zu spät gekommen sind, Niles«, sagte Charity ernst. »Als ich ... in den Tank stieg, wurde der Bunker gerade angegriffen. Ich weiß nicht, ob es Überlebende gab.« »Nein«, antwortete Niles. »Es gab keine. SS Nulleins war eine Ruine, als wir hierherkamen.« »Wir?« Niles machte eine Kopfbewegung zur Tür. »Ich war nicht allein. Einige von denen, die mich damals begleiteten, sind noch heute hier, aber die meisten sind tot. Mark und die anderen sind ihre Nachkommen.« Charity starrte ihn an. Ein unglaublicher Verdacht begann in ihr emporzusteigen, aber sie verscheuchte den Gedanken, noch ehe sie ihn wirklich zu Ende denken konnte. »Was geschah in diesem Jahr? fragte sie. Niles lachte hart. »Unsere Welt ging unter, Captain Laird«, sagte er. »Zuerst dachte ich sogar, daß wir eine kleine Chance hätten. Ich glaube, sie haben uns unterschätzt. Es gab überall Widerstand, und nach ein paar Wochen gelang es uns sogar, sie hier und da zurückzuschlagen. Es sind Bomben gefallen. Die Chinesen hatten ein paar uralte Dinger, denen der EMP nichts ausgemacht hatte, und ich schätze, von unserer U-Boot-Flotte haben einige überlebt. Alles in allem dauerte es fast ein halbes Jahr. Aber am Ende wurden wir besiegt. Sie können nicht gegen einen Feind siegen, der über unbegrenzten Nachschub verfügt.« »Tut er das?« fragte Charity. Niles

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