Treffpunkt Scheuermühle
Hilfe, ein Saurier!
Julian traute seinen Augen nicht. Er war so geschockt, daß er sich nicht von der Stelle bewegen konnte. Wie angewurzelt standen seine Füße auf dem Boden.
Er war am Nachmittag in den Wald gegangen, um nach Fossilien zu suchen. Julian sammelte nämlich diese versteinerten Meerestiere und Muscheln. Seine Tante Clarissa hatte ihm nun berichtet, daß vor einiger Zeit im Wald hinter ihrem Gehöft sogar das versteinerte Skelett eines Urzeit-Fisches gefunden worden sein soll. Deshalb hatte er sich auf den Weg gemacht, um noch weitere Fossilien zu suchen. Dabei war er aber von einem heftigen Wolkenbruch überrascht und in wenigen Sekunden bis auf die Haut durchnäßt worden. Julian suchte einen Platz zum unterstellen und entdeckte einen hohen, runden, verfallenen Turm.
Die windschiefe Holztür war sofort knarrend nach innen geschwungen, als er mit der Schuhspitze dagegen getreten war. Julian schlüpfte mit eingezogenem Kopf hinein und sah sich hastig um. Der Raum war bis auf ein paar übereinandergestapelte Holzkisten leer. Zum Glück schien das Dach halbwegs intakt zu sein und dem Regen standzuhalten.
Als der Junge auf die Kisten zugehen wollte, um sich zu setzen, hatte es dann plötzlich geraschelt und gezischt.
Julian, der ohnehin schon große Angst hatte, riß die Augen weit auf und starrte fassungslos in die Höhe. Er wußte, es konnte nicht möglich sein. Aber er sah ihn trotzdem deutlich vor sich.
Plötzlich stand ein Tyrannosaurier hoch aufgerichtet vor ihm und riß das Maul weit auf. Drohend zeigte er seine spitzen Zähne, die alle so lang wie Küchenmesser waren. Mit den beiden kurzen Vorderbeinchen ruderte er unbeholfen in der Luft.
„Der Tyrannosaurier war der gefährlichste aller Saurier!“ schoß es Julian durch den Kopf. „Er hat jedes Tier gefressen, das ihm in die Quere gekommen ist!“
Ein tiefer, grölender Schrei schallte aus der Richtung des Sauriers. Ein Schrei, der wütend und grausam klang, dennoch aber nicht so ganz zu dem mächtigen Ungeheuer paßte.
Langsam, und wie eine mechanische Puppe, begann der Tyrannosaurier nun auf Julian zuzuwanken. Immer wieder beugte er sich weit vor und versuchte nach dem jungen Mann zu schnappen.
Julian rannte los. Er lief, so schnell er nur konnte, aus dem Turm in den Wald. Das Freßmonster durfte ihn nicht erwischen!
„Ein Tyrannosaurier hat Tonnen gewogen. Viele Tonnen!“ fiel ihm plötzlich ein. „Im Museum bei der Saurier-Ausstellung hat der Mann gesagt, der Boden hat unter seinen Schritten gebebt!“
Doch nun bebte gar nichts. Ganz im Gegenteil. Es war erschreckend still hinter dem Burschen. Julian blieb stehen, drehte sich mit einem Ruck um und staunte. Zwischen den Bäumen konnte er noch den Eingang in den Turm sehen und deutlich die Beine des Sauriers erkennen. „Der Saurier... er schwebt ja!“ stellte er überrascht fest. „Seine Füße berühren nicht einmal die Erde. Außerdem...“
Er rieb sich die Augen, um auf Nummer Sicher zu gehen. Nein, er hatte sich vorhin nicht getäuscht. Es war tatsächlich so. „Dieses Urvieh ist durchsichtig“, flüsterte er entsetzt. „Es muß... es muß der Geist eines Tyrannosauriers sein!“
Aber damit nicht genug. Während Julian vor Aufregung heftig an seiner Unterlippe kaute, begann sich das Monster in Nichts aufzulösen. Die Umrisse der mächtigen Beine wurden immer schwächer und verschwommener. Schließlich war das Urzeit-Tier ganz verschwunden.
Julian fröstelte. Erstens vor Entsetzen und zweitens, weil das nasse Hemd und die nasse Hose kalt und unangenehm auf der Haut waren. „Weg, nur weg von da!“ Das war nun sein einziger Wunsch und Gedanke. Die feuchten, dunklen Stämme der Bäume und der einfallende Nebel jagten dem Teenager noch zusätzlich Angst ein.
Julian atmete mehrere Male tief durch und beruhigte sich so ein wenig. Eigentlich wollte er nun zurück auf das Pferdegestüt von Tante Clarissa, doch seine Füße taten etwas ganz anderes. Sie marschierten wieder langsam auf den Turm zu.
„Du bist einem Saurier... einem echten Saurier – oder zumindest dem Geist eines Sauriers – begegnet!“ sagte er leise zu sich selbst. „Jetzt hab einmal Mut und gehe der Sache auf den Grund. Das ist schließlich eine Sensation!“
Julian war wieder vor dem hohen Gebäude angelangt und streckte zaghaft den Kopf hinein.
„Groooaaa!“ Wieder war da dieser tiefe, grunzende und grauenerregende Schrei, der ihn sofort zurückzucken ließ. Ein greller Blitz
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