Dunkelkammer: Frank Wallerts erster Fall (German Edition)
ihm.
„Ich hatte gestern zwei Flüge nach Lanzarote gebucht. Man sagte mir, die Tickets würden hier hinterlegt!“, machte er der jungen Frau sein Anliegen klar.
„Dann wird das wohl auch so sein. Verraten Sie mir Ihren Namen?“
„Stefan Kleine und Shirley Simmons“, antwortete er lässig. Er blickte der jungen Frau gerade in den Ausschnitt und konnte so den sich fast unmerklich verändernden Gesichtsausdruck nicht wahrnehmen. Die Frau griff in eine Ablage und förderte nach kurzem Blättern zwei Tickets zutage, die sie vor sich hinlegte. Kleine streckte schon die Hand aus, um die Tickets in Empfang zu nehmen.
„Darf ich Ihren Ausweis bitte sehen?“, fragte die junge Frau. In ihrem Blick lag Ernsthaftigkeit, aber Kleine sah ihr mit überraschtem Lächeln und immer noch ausgestreckter Hand ins Gesicht. Er zog die Hand zurück und griff zu seiner Gesäßtasche, in der sein Portemonnaie mit Scheckkarte und Ausweis verstaut war.
„Meinen Ausweis? Warum denn das?“
Alle Antennen, die er besaß, hatte Stefan Kleine jetzt ausgefahren. Aus den Augenwinkeln beobachtete er die nähere Umgebung und stellte dabei fest, dass Shirley unruhig wurde.
„Die Tickets sind hinterlegt worden, und wir wollen sicher sein, dass sie demjenigen ausgehändigt werden, der sie auch gebucht hat!“, entgegnete die junge Frau, die jetzt wieder ausgesuchte Höflichkeit ausstrahlte. Sie wirkte sehr gelassen und sicher. „Sie können sich nicht vorstellen, wie häufig es vorkommt, dass Leute auf diese Art versuchen, an billige Flüge zu kommen.“
Du hörst die Flöhe husten
, dachte sich Kleine, während er den Personalausweis aus seinem Portemonnaie angelte. Einer plötzlichen Eingebung folgend griff er in das Kleingeldfach und ließ das kleine Messer in seine Faust gleiten. Die junge Frau hinter dem Schalter schaute für seinen Geschmack etwas zu lange auf den Ausweis und legte ihn dann auf die Tickets vor sich. Sie stand auf. Nichts Freundliches war mehr in ihrem Blick. In seinen Augenwinkeln registrierte er eine schwache Bewegung. Er klappte das Messer in seiner Hand auf. Er hob den Kopf und sah einen jungen Mann neben seiner englischen Freundin stehen. Auch hinter ihm stand ein Mann. Die junge Frau hinter dem Schalter machte sich aus dem Staub.
„Stefan Kleine?“, fragte der Mann hinter ihm. Ohne auch nur den Versuch zu machen zu sehen, wer ihn da ansprach und warum, fuhr Kleine seinen linken Ellenbogen aus und rammte den Mann zur Seite. Dann packte er Shirley und fuhr mit dem aufgeklappten Messer, das er in der rechten Hand hielt, zu ihrem Hals. Shirley schrie auf. Der Mann links von ihr hatte blitzschnell eine Waffe gezogen. Kleine machte einen schnellen Schritt rückwärts, wodurch auch der zweite Beamte in Kleines Blickfeld rückte. Er hatte sich wieder aufgerappelt und hielt seine Pistole im Anschlag auf Kleine gerichtet.
„Weg!“, brüllte Kleinert. „Die Pistolen weg!“
Um sie herum registrierte er eiliges Laufen. Die noch nicht allzu zahlreichen Flughafenbesucher und Fluggäste sahen zu, dass sie sich in Sicherheit brachten. Langsam wollten die beiden Beamten ihre Waffen zurück in das Schulterhalfter stecken.
„Auf den Boden! Die Waffen auf den Boden! Oder ich steche die Kleine ab!“, schrie Kleine und er schien wildentschlossen.
Wie in Zeitlupe gingen die beiden Beamten in die Knie und legten ihre Waffen auf den Boden der Flughafenhalle. Kleine hörte spitze Schreie und andere Rufe, die von den Menschen stammten, die immer noch zusahen, dass sie davon kamen. Der Beamte, den er gerade mit einem Ellenbogencheck zu Boden befördert hatte, hob beschwichtigend die Hand.
„Machen Sie keine Dummheiten!“, sagte er ruhig. „Sie haben überhaupt keine Chance. Sie machen alles nur noch schlimmer, wenn Sie das Mädchen nicht gehen lassen.“
„Halt das Maul!“, schrie Kleine ihn an.
Er hatte sich – Shirley fest umklammernd und das Messer an ihrem Hals - immer weiter nach hinten bewegt. Der jüngere der beiden Polizisten, der anfangs neben Shirley gestanden hatte, rückte langsam nach.
„Bleibt stehen!“, brüllte Kleine und die Beamten gehorchten sofort.
Die Halle war nun im Umkreis von 100 Metern um ihn herum leer. In der Ferne sah er Leute stehen, die sich die Szene anschauten.
„Niemand folgt mir!“, schleuderte er den Beamten entgegen, während er sich, Shirley mit sich zerrend, rückwärts Richtung Ausgang bewegte.
Kurz vor der Drehtür blieb er stehen und blickte sich nach allen Seiten um.
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