Dunkle Beruehrung

würde sich nie für Autos begeistern, musste aber mobil sein. Der Chef hatte ihr bereits ein Gästezimmer eingerichtet, und Jessa hatte sie geradezu bekniet, bei ihnen zu bleiben, doch obwohl Rowan keine Spielverderberin war, neigte sie nicht zu Masochismus.
    Irgendwo da draußen gibt es jemanden für mich
, dachte sie, als sie sich auf ihr Motorrad setzte.
Jemanden, der keine Göttin will. Und unter keinen Umständen in meiner Gegenwart einen Fishmäc isst.
    »Stimmt«, pflichtete sie ihrer Gedankenstimme halblaut bei. »Aber wie soll ich ihn erkennen?«
    Drew, der neben ihrem Motorrad hielt, hatte die letzten Worte mitbekommen. »Wie sollst du wen erkennen?«
    »Wie soll jemand wie ich feststellen, ob sich ein Junge echt für mich interessiert?«, sagte sie, ohne nachzudenken.
    »Das ist einfach.« Er lächelte. »Wenn er deine Hand hält, verwandele dich einfach nicht in Angelina Jolie.« Er winkte ihr zu und fuhr weg.
    Sie sah seinen Rücklichtern nach und lachte auf dem ganzen Weg zur Autobahn.
    Rowan heizte durch die Nacht und kam kurz nach dem Morgengrauen nach Tennessee. Sie fuhr über Feldwege, die auf keiner Karte, sondern nur in ihrem Kopf verzeichnet waren, und erreichte nach einer weiteren Stunde die Zufahrt zum weitläufigen Farmgelände.
    Matthias hatte rund ums Haus so viele Bäume gepflanzt, dass es von der Straße her kaum auszumachen war. Eine kleine Gegensprechanlage prangte einladend neben dem verschlossenen Tor, doch als sie den guten, fruchtbaren Boden sah, der darauf wartete, bestellt zu werden, klappte sie die Seitenstützen herunter und stieg vom Motorrad.
    Vor der Abreise aus Savannah hatte sie einige Dinge für die beiden zusammengepackt und in ihr Lieblingstischtuch geschnürt. Nun schob sie eine eilig hingekritzelte Nachricht dazu und ließ alles am Fuß des Tors zurück. Mit einem letzten, langen Blick auf das Heim ihrer Freunde schnallte sie ihren Seesack wieder auf den Gepäckträger, stieg auf, drückte die Klingel am Tor und raste nach Norden davon – der Zukunft entgegen.
    Jessa wachte von den Geräuschen auf, die Matthias beim Anziehen machte. Sie streckte sich mit dem Behagen einer Katze, schlug das Deckbett zurück und trat zu ihm.
    »Da ist jemand am Tor«, sagte er und küsste sie. »Wahrscheinlich Rowan. Leg dich wieder hin.«
    »Ich verbringe zu viel Zeit in diesem Bett«, neckte sie ihn auf dem Weg zum gemeinsamen Schrank und nahm eine verwaschene Jeans und eine Wildlederbluse heraus. »Du kannst sie hoffentlich dazu überreden, bei uns zu bleiben. Auf mich hört sie ja nicht.«
    Er nickte. »Ich werde sie bestechen. Bio-Pflaumen kann sie sicher nicht widerstehen.«
    Als sie zur Einfahrt kamen, sah Jessa keine Rowan, nur ein seltsames, rot-weiß kariertes Bündel. Matthias öffnete das Tor, holte es herein und löste den Knoten. Ein blauer Teddy, das Bronzeschwert aus seiner Bibliothek und ein gefaltetes Blatt Papier kamen zum Vorschein.
    Er las die Notiz und sah auf die Straße. »Sie schreibt, sie hat es nicht über sich gebracht, es dir zu sagen.«
    »Mir was zu sagen?«
    Er gab ihr das Blatt.
    Matt und Jessa,
    der Bär ist fürs Baby, nicht das Schwert. Ich würde gern bleiben, doch ich muss jemanden finden. Drew hat mir erklärt, wie ich ihn suchen soll. Ich melde mich.
    Jessa, ich habe eine noch größere Überraschung für dich. Darüber reden wir, wenn ich mich das nächste Mal melde. Vergiss nicht: Egal, welche Namen wir annehmen – wir sind dennoch Freunde. Komme, was wolle.
    In Liebe
    Aphrodite
    Jessa war gleichzeitig schockiert, verwirrt und beschwingt. »Rowan ist meine beste Freundin«, sagte sie hilflos.
    »Und meine auch.« Er küsste ihre Stirn.
    »Wir müssen sie finden. Ich meine …« Sie machte eine enttäuschte Gebärde. »Wie konnte sie das schreiben und einfach verschwinden?«
    »Sie kehrt eines Tages zurück, wenn sie gefunden hat, wonach sie sucht.« Er sah erneut auf die Straße hinaus und legte den Arm um Jessa. »Komm jetzt.
Ich
habe nämlich noch längst nicht genug Zeit mit dir in diesem Bett verbracht.«

Über die Autorin
    Die amerikanische Autorin Lynn Viehl wurde 1961 geboren. Seit sie im Jahr 2000 anfing zu schreiben, veröffentlicht sie äußerst erfolgreich Liebesromane in unterschiedlichen Genres. Gegenwärtig lebt sie mit ihrer Familie in Florida.

Die Romane von Lynn Viehl bei LYX
    Romantic Fantasy:
    Darkyn:
    1. Darkyn – Versuchung des Zwielichts
    2. Darkyn – Im Bann der Träume
    3. Darkyn – Dunkle Erinnerung
    4. Darkyn –