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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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voran, wie Cam es wollte, so sehr er sie auch antrieb und drängelte. Die Furcht lähmte zudem ihre Beine so, daß sie mehr schlurfte als lief.
    Das Licht nahm rasch ab.
    »Wie weit noch, Annie?«
    »Ein Stückchen noch. Ich hab’ gar nicht zu Abend gegessen«, erinnerte sie ihn.
    »Bald. Bald kannst du etwas essen.«
    Seufzend drehte sie sich um und schlug, wie ein Hirsch oder Hase ihrem Instinkt folgend, einen unkrautüberwucherten Pfad ein.
    »Vorsicht vor den Dornbüschen. Die greifen nach Ihnen und halten Sie fest.« Ihre Augen wanderten abwechselnd nach links und nach rechts, während sie die länger werdenden Schatten argwöhnisch beobachtete. »Wie die Monster.«
    »Ich passe schon auf, daß sie dir nichts tun.« Cam legte ihr einen Arm um die Taille; einerseits, um sie zu stützen, andererseits, um sie voranzutreiben.
    Beruhigt trottete Annie weiter. »Werden Sie Clare heiraten?«
    »Ja.« So Gott es wollte. »Ja, das werde ich.«
    »Sie ist hübsch. Wenn sie lächelt, hat sie so schöne weiße Zähne, genau wie ihr Daddy. Sie sieht aus wie ihr Daddy. Er hat mir Rosen geschenkt. Aber jetzt ist er tot.« Vor Anstrengung begann Annie zu keuchen, ihre Lungen pfiffen wie eine ausgediente Lokomotive. »Die Monster haben ihn aber nicht erwischt.«
    »Nein.«
    »Er ist aus dem Fenster gefallen, nachdem diese Männer hochgegangen sind und ihn angebrüllt haben.«
     
    Cam senkte den Blick, hütete sich aber, das Tempo zu verlangsamen. »Welche Männer?«
    »Oder war das etwas anderes? Ich weiß nicht mehr. Er hat das Licht im Dachgeschoß angelassen.«
    »Welche Männer, Annie?«
    »Ach, der Sheriff und der junge Deputy. Sie gingen hoch und kamen wieder runter. Und Clares Daddy war tot.«
    Cam wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Welcher junge Deputy? Bud?«
    »Nein, der andere. Vielleicht wollten sie ein Haus kaufen. Mr. Kimball hat nämlich Häuser verkauft.«
    »Ja.« Unter der Schweißschicht wurde Cams Haut eiskalt. »Annie, wir müssen uns beeilen.«
     
    Aus dem Schutz der Bäume heraus beobachtete Bud mit weit aufgerissenen Augen das Geschehen. Er wußte, dies alles passierte wirklich, doch sein Verstand weigerte sich, es zu glauben. Alice’ Vater? Wie war das möglich? Sein Freund und Partner Mick?
    Aber er sah es ja mit seinen eigenen Augen. Sie hatten ihm den Rücken zugekehrt und bildeten einen Kreis. Bud konnte nicht erkennen, worauf sie blickten, und er hatte Angst davor, sich noch näher anzuschleichen. Besser, er wartete ab und verfolgte die Vorgänge. Das erwartete der Sheriff von ihm.
    Als der Gesang einsetzte, fuhr er sich mit der Hand über den Mund.
     
    War es ein Traum? Clare schloß die Augen. Sie schwebte irgendwo zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Der Rauch, die Stimmen, die Männer. Alles wie damals.
    Sie kauerte im Gebüsch und beobachtete sich selbst. Diesmal würde sie fortlaufen können.
    Dann öffnete sie die Augen wieder und starrte zum tiefschwarzen Himmel empor, wo der Mond langsam aufging. Der längste Tag des Jahres war vorüber.
    Als sie ein Schwert im Schein der Flammen glitzern sah, durchfuhr es sie siedendheiß. Aber ihre Zeit war noch nicht gekommen. Atherton beschwor die vier Höllenfürsten, und Clare wünschte inbrünstig, daß diese, sollten solche Kreaturen wirklich existieren, aus dem Schlund der Hölle aufsteigen und ihn ob seiner Arroganz zerschmettern mögen.
    Unfähig, diesen Teufel in Menschengestalt noch länger
anzusehen, drehte sie den Kopf zur Seite. Sie dachte an Cam, an all die Jahre, die sie nun nicht mehr miteinander teilen, an die Kinder, die sie nicht miteinander haben würden. Er liebte sie, und nun würden sie keine Gelegenheit mehr haben, herauszufinden, ob diese Liebe für ein ganzes Leben ausreichte.
    Cam würde Atherton und sein Gefolge aufspüren und ihnen das Handwerk legen, dessen war sie sicher. Diese Überzeugung hatte sie während ihrer Gefangenschaft bei Verstand gehalten. Doch für sie selbst würde es dann zu spät sein, zu spät, um noch einmal mit ihrer Mutter zu sprechen, um die Schranke aus abweisender Kälte und Distanz, die sie zwischen ihnen beiden errichtet hatte, einzureißen. Zu spät, um all den Menschen, die ihr etwas bedeuteten, zu sagen, daß ihr Vater zwar Fehler gemacht und falsche Wege beschritten hatte, jedoch weder ein Dieb noch ein Mörder gewesen war.
    Ihr ganzes Leben lag noch vor ihr, es gab so viel, was sie noch tun, sehen und erleben wollte, und nun sollte sie auf grausame Weise sterben, nur um des

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