Dunkle Schatten (German Edition)
gelehnt. Mehr als hinunterfallen kann ich nicht.«
Petranko verweigerte sofort. Das war Kokoschansky klar. Nie im Leben
würde der pensionierte Chefinspektor vor Kameras und Mikrofone treten.
Privatdetektiv Wolfram Panker kann es sich aus beruflichen Gründen nicht
leisten, dass sein Gesicht publik wird. Da kann er gleich seine Detektei
zusperren. Die beiden Herren haben es sich in Pankers Büro gemütlich gemacht
und warten gespannt auf die kommenden Ereignisse.
Am frühen Morgen gelang es Kokoschansky, den ORF-Chefredakteur
telefonisch zu überzeugen, eine Sondersendung der Zeit im Bild anzusetzen und
die Pressekonferenz live zu übertragen, nachdem ihm sensationelle Enthüllungen
versprochen worden waren. Im lachenden Tonfall bemerkte der ranghohe ORF-Mann,
sollten die nicht eintreffen, werde er Kokoschansky persönlich den Kopf
abreißen.
»Jetzt bist du die Flasche Champagner los«, grinst der ORF-Kameramann zu
seinem Kollegen hinüber, als Kokoschansky als Letzter mit einem Packen
Unterlagen unterm Arm und zwei Videobändern in der Hand auf das Podium steigt.
»Ha, ich wusste es! Ich kenne doch meinen alten Koko, dieses Schlitzohr«, und
fährt groß auf dessen Gesicht zu. Ein Raunen geht durch die Menge. Ein Sturm an
Fragen bricht vom Stapel, niemand versteht auch nur ein Wort.
Kokoschansky deutet mit den Händen an, sich zu beruhigen, bevor er vor
dem Mikrofonwirrwarr das Wort ergreift. »Meine Damen und Herren, werte
Kolleginnen und Kollegen. Vielen Dank, dass Sie so zahlreich erschienen sind.
Mein Gesicht ist bekannt, ich muss mich nicht näher vorstellen. Die anderen
Herren werden sich dann präsentieren, wenn sie an der Reihe sind. FNews ist ein Projekt gewesen, das nur vorübergehend gestoppt wurde, weil es gewissen
Herrschaften in diesem Land nicht in den Kram passte. Nach dieser
Pressekonferenz wird FNews mit Sicherheit wieder auferstehen, vielleicht
in völlig anderer Form. Der Initiator ist dieser Nigerianer. Moses Querantino,
mein Freund und Kollege, der leider aufgrund seiner Hautfarbe in diesem Staat
in seinem ursprünglichen Beruf als Journalist nur schwer Fuß fassen kann. Daher
gezwungen ist, als Taxifahrer in Wien herumzukutschieren, doch glaube ich, dass
er sehr bald ein Taxi nur mehr als Fahrgast benützen wird. FNews war
seine Idee. Doch der Reihe nach.
Allgemein bekannt ist, dass ich durch zwei BKA-Beamte namens Lackner und
Erharter vorübergehend in Teufels Küche geraten bin. Wie Sie wissen, ist dieser
plumpe Versuch, mich kaltzustellen, gründlich danebengegangen.« Kokoschansky
nimmt aus einer der Mappen ein Schriftstück heraus. »Ich habe hier eine
eidesstattliche Erklärung von einem der beiden. Ein Freund, mehr möchte ich
dazu nicht sagen, besuchte gestern Erharter und übergab mir danach dieses
überaus wertvolle Präsent.« Auf Petranko ist eben immer Verlass.
*
BKA-Chef Edmund Katterka ballt seine Fäuste, seine Mundwinkel vibrieren.
Er verbarrikadiert sich in seinem Büro und verfolgt nervös die Sondersendung.
Kreidebleich und mit schlotternden Knien sitzt Lackner vor seinem
Fernseher in einem Reihenhaus am Wiener Stadtrand.
*
»Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass wir, mein Kollege Waldemar
Lackner und ich, Paul Erharter, von unserem Chef Edmund Katterka den Auftrag
erhielten, dem Journalisten Heinz Kokoschansky eine Falle zu stellen, weil
Katterka befürchtete, dass durch Kokoschanskys Naheverhältnis zu Robert Saller
einiges auffliegen könnte, was für Katterka äußerst unangenehm wäre.
Nach Sallers Flucht wurde Katterka nervös, nachdem bekannt wurde, dass
Kokoschansky und Saller am Fluchttag im gleichen Krankenhaus waren. Katterka
versprach uns mehrmals Beförderungen, dass er sich für uns einsetzen würde,
wenn wir Kokoschansky ein Bein stellen.
Gemeinsam planten wir – Katterka, Lackner und ich – die Aktion mit dem
untergeschobenen Kokain, was leider nicht klappte.
Danach ließ Katterka uns fallen, spielte das Unschuldslamm. Auch mein
Partner Lackner wandte sich ab von mir. Fast wäre er zum Mörder geworden. Er
wollte mich im Spital umbringen, indem er mich mit einem Kissen zu ersticken
versuchte, weil ich ihm zu gefährlich geworden bin. Ob dahinter auch Katterka
steckt, weiß ich nicht. Ich überlebte, weil ich im allerletzten Moment wieder
reanimiert werden konnte. Vielleicht wäre es besser gewesen, hätte ich nicht
überlebt. Allerdings will ich auch nicht, dass Lackner und Katterka ungestraft
davonkommen.
Ich bin
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