Dunkle Schatten (German Edition)
sehr
aufschlussreichen Inhalten. Einen Teil des Materials sehen Sie hier auf dem
Tisch liegen. Weitere Unterlagen ließ ich einfach mitgehen, weil ich nicht mit
leeren Händen nach diesen schrecklichen Erlebnissen nach Wien zurückkehren
wollte. Anscheinend hatte ich dabei ein recht glückliches Händchen. Nach den
ersten Auswertungen ist es äußerst vielversprechend.«
»Das klingt ja wirklich alles sehr aufregend und abenteuerlich«, plustert
der Jungspund sich ein weiteres Mal auf und wittert seine große Chance, »sagt
aber gar nichts. Sie können sich das alles wunderbar zusammengereimt haben. Wo
sind die Beweise, dass Sie tatsächlich dort waren? Warum haben Sie nicht gleich
die Polizei in Montenegro gerufen? Außerdem haben Sie sich selbst strafbar
gemacht, indem Sie Unterlagen gestohlen haben, wenn sie auch der Mafia gehören.
Und Sie decken den international gesuchten Verbrecher Robert Saller. Wurden Sie
von der Mafia gekauft? Zu welchem Preis?«
Am liebsten möchte Kokoschansky vom Podium steigen und diesem
wichtigtuerischen Frischling einen Satz Ohrfeigen verpassen. Doch er beherrscht
sich.
Dem Kameramann, der gerade eine Wette gewann, platzt der Kragen: „Für wen
schreibst du eigentlich, du Blödmann?“, ruft er nach vorne, „Für Micky Mouse?
Der Typ da oben und ich haben jahrelang zusammengearbeitet, da hast du noch in
die Windeln geschissen!“ Gelächter, Gejohle, Applaus. Der übereifrige Kollege
zieht Farbe auf, seine Ohren leuchten wie Bremslichter.
»Um weiteren penetranten Fragen dieser Art vorzubeugen«, Kokoschansky
setzt bewusst eine Pause, »… ja, ich hatte einen Arbeitsvertrag mit der
`Ndrangheta, mit Salvatore Madeo. Allerdings sehr einseitig. Madeo machte mir
unmissverständlich klar, sollte ich nicht in seinem Sinne berichten und mir
dabei jedes Wort von ihm genehmigen lassen, würden meine Angehörigen zuerst
sterben und zuletzt ich. Somit beantworte ich gleich Ihre nächsten Fragen,
meine Damen und Herren. Warum war ich plötzlich so wichtig für die `Ndrangheta
geworden? Ein österreichischer Journalist, nicht ganz unbegabt, aber auch nicht
der große Zampano. Weil Robert Saller mich Salvatore Madeo wärmstens empfohlen
hat, er der Meinung war, ich würde mich an diese gefährliche Story wagen. Was
ist die Story? In der Estate Carinthia Bank sind hohe Summen an Mafiageldern
geparkt, die aus gemeinsamen Geschäften von Madeo, Saller und Daramci ć stammen. Noch zu Lebzeiten Högers, der bestens über diese Vorgänge
Bescheid wusste, wurde die ECB auf seine Anweisung dafür zur Verfügung
gestellt. Natürlich nicht ohne persönlichen Reibach für Höger und seine Partei.
Nach Högers Tod übernahm Kurt-Friedrich Midas diese Agenden, verzettelte sich
mit seinen Getreuen in zahllosen, undurchsichtigen Transaktionen, weil sie ihre
Hälse nicht voll genug kriegen konnten und es so einfach war. Nach unseren
Recherchen ist eine der wichtigsten Drehscheiben für die Anbahnung dieser
Megadeals im Millionenbereich die Lobbyingagentur Krösus, dessen Inhaber Othmar
Kaltengruber ist.
Der Nammoliti-Familie wurde dieses bunte, unkontrollierte Treiben
schließlich zu heiß, ebenso wie Saller und Daramci ć . Das Mafiageld war extrem gefährdet und musste gesichert werden. Eine
überaus gewichtige Rolle spielen dabei auch Högers ehemaliger Busenfreund
Nazeem al-Qatr und dessen Familienclan, der für seinen Vater als Statthalter
die Stellung in Österreich hält. Auch mit den al-Qatrs pflegte Höger äußerst
lukrative Geschäfte wie auch zum Irak, und dreimal dürfen Sie raten, über
welche Bank die Transfers abgewickelt wurden. Meine Aufgabe wäre es gewesen,
sofern mir daran gelegen ist, dass meine Lebensgefährtin und mein Kind am Leben
bleiben, Midas und seine Kumpane hochgehen zu lassen. Das ist auch mein Ziel,
jedoch ohne Beeinflussung und Kontrolle meiner Berichterstattung durch Madeo.
Das Massaker des Sinaloa-Kartells änderte die Situation schlagartig.«
Inzwischen sprengt die Pressekonferenz alle Zeitvorgaben. Auch ZDF, ARD,
3sat, SRG und sämtliche Privatsender im deutschsprachigen ändern ihre
Programme. Selbst CNN sendet laufend Kurzberichte.
»Zur Untermauerung und, um unseren
aufstrebenden Kollegen zu beruhigen«, diesen Seitenhieb kann Kokoschansky sich
nicht verkneifen, »bitte ich, die Bänder abzufahren.« Sämtliche Objektive
richten sich auf den extra installierten Bildschirm, und das Erstaunen ist
groß, als die Journalistenmeute Kurt-Friedrich Midas und Adolphe
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