Kiss and kill: Thriller (German Edition)
Prolog
Ich werde nicht sterben! Verdammt noch mal, ich weigere mich, aufzugeben und ihn diesen fiesen Wettstreit gewinnen zu lassen.
Kendall Moore, die gerade der Länge nach hingeschlagen war, rappelte sich wieder hoch. Sie musste wegrennen, weg von ihrem Peiniger. Atemlos und erschöpft schaffte sie es, sich auf die Knie aufzurichten. Jeder einzelne Muskel schmerzte, und in ihrem Kopf pochte es. Frisches Blut sickerte aus den Schnitten an ihren Beinen und den Rissen an ihren Fußsohlen.
Die sengende Augustsonne brannte auf sie herab, peitschte sie buchstäblich mit ihren Strahlen, die heißen schweren Tentakeln glichen. Die Sonne war ihr Feind, verbrannte ihr die Haut, trocknete ihre Lippen aus und dehydrierte ihren müden, geschwächten Körper.
Sie raffte ihr letztes bisschen Kraft zusammen und zwang sich aufzustehen. Sie musste dringend eine Deckung finden, einen Platz, an dem sie im Vorteil gegenüber ihrem Verfolger war. Falls er sie einholte, solange sie vollkommen ungeschützt im Freien war, würde er sie töten. Dann wäre das Spiel vorbei, und er hätte gewonnen.
Er darf nicht gewinnen! Ihr Verstand schrie ihr panische Befehle zu: Lauf, versteck dich, kämpfe, um zu leben! Ihre Beine jedoch bewältigten nur wenige, zittrige Schritte, bevor sie unter ihr einknickten und sie erneut hinfiel.
Hunger und Durst schwächten sie viel zu sehr. Seit drei Tagen hatte sie nichts mehr gegessen, seit zwei Tagen nicht mehr getrunken. Und die ganze Zeit verfolgte er sie von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, zweifellos mit dem Ziel, sie schließlich zu töten – nachdem er sie zuvor wochenlang gefoltert hatte.
Das Röhren seines Geländemotorrads verriet ihr, dass er ganz in der Nähe war, westlich von ihr auf dem Schotterweg. Bald würde er zu Fuß in den Wald kommen und sie aufspüren wie ein Jäger das Wild.
Anfangs verwirrte es sie, dass er sie entführte und dann wieder freiließ. Aber nach wenigen Stunden war ihr klargeworden, dass sie mitten in der Einöde war und keineswegs frei, jedenfalls nicht freier als ein gefangenes Tier in einem Wildreservat.
Tag um Tag folgte er ihrer Spur, machte Jagd auf sie und lehrte sie, das Spiel nach seinen Regeln zu spielen. Mehrfach hatte er die Gelegenheit gehabt, sie zu töten, doch er ließ sie leben, gab ihr sogar hin und wieder Zeit, sich auszuruhen. Allerdings wusste sie nie, wann er es tun würde, so dass sie unentwegt auf der Hut sein musste, jederzeit auf ein weiteres langes, ermüdendes Katz-und-Maus-Spiel vorbereitet. Es schien kein Ende zu nehmen.
Pudge parkte sein Motorrad, nahm das kleine Fernglas, das ihm um den Hals hing. Sein Gewehr trug er am Lederriemen quer über den Rücken. Kendall wusste es noch nicht, doch heute war der Tag, an dem sie sterben würde. Vor drei Wochen hatte er sie in dieses abgelegene Gebiet gebracht. Sie sollte das fünfte Opfer in dem brandneuen Spiel werden, das er über Monate sorgfältigst vorbereitet hatte. Erst vor kurzem beschloss er, seine Beute drei Wochen lang zu jagen, ehe er sie am einundzwanzigsten Tag tötete.
Nach dem Tod seines Cousins Pinkie am ersten April letzten Jahres stellte er fest, dass er seinen einstigen Gegner und besten Freund schmerzlicher vermisste, als er gedacht hätte. Pinkies Tod war unvermeidlich gewesen. Schließlich hatte er bei ihrem »Killing-Beauties-Spiel« verloren, was bedeutete, dass er sein Leben verspielt hatte.
Das neue Spiel würde dir gefallen, lieber Cousin. Ich wähle nur die besten Exemplare aus, Frauen, die körperlich in exzellenter Verfassung sind und Köpfchen haben. Sie müssen würdige Gegner sein.
Kendall Moore hatte olympisches Silber im Langstreckenlauf gewonnen. Sie ist eins achtundsiebzig groß und absolut durchtrainiert. In einem fairen Wettstreit könnte sie unser Spiel gewinnen, aber wann habe ich jemals fair gekämpft?
Pudge kicherte vor sich hin, als er von seinem Motorrad stieg.
Ich hole dich jetzt. Lauf ruhig weg, versteck dich, ich finde dich doch. Und dann töte ich dich.
Während er in den Wald stapfte, fühlte er einen Adrenalinschub, der seine Sinne schärfte. Der Kitzel des Mordens hatte ihm gefehlt, die Faszination, wenn er das Entsetzen in den Augen einer Frau sah, die wusste, dass sie sterben würde.
Bald, sagte er sich. Das Mordwild ist wenige Meter entfernt. Es wartet auf dich, wartet auf den Tod.
Kendall wusste, dass sie keine Chance hatte, ihrem Peiniger zu entkommen. Mehr als einmal hatte er ihr bewiesen, wie wenig sie ihn davon abhalten
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