Dunkle Verlockung (German Edition)
ihn, während Asirani sich mit einer geschmeidigen Bewegung bei ihm unterhakte und ihn durch den riesigen Haupt raum führte, der bei Bedarf offenbar als Audienzzimmer diente, sonst jedoch den Mittelpunkt des Hofes darstellte. »Hast du schon gegessen?« Dichte schwarze Wimpe rn hoben sic h, und türkisfarbene Augen blickten ihn vielsagend an.
»Ich fürchte, Lady Nimra teilt nicht gern«, raunte er und dachte an die versiegelten Blutbeutel, die in dem kleinen Kühlschrank in seinem Zimmer deponiert worden waren. »Aber danke für das Angebot.« Welches Motiv auch dahinterstecken mochte, es war eine aufmerksame Frage gewesen.
In Wahrheit hatte er seit seinem Erwachen nach dem Übergriff keinerlei Verlangen mehr danach verspürt, Blut von einem menschlichen oder vampirischen Spender zu sich zu nehmen. Keir, der oberste Heiler der Krankenabteilung, hatte sehr gut daran getan, ihn ungefragt mit Blutkonserven zu versorgen. Vielleicht war auch Nimras kleine Aufmerksamkeit auf Keirs Einfluss zurückzuführen. Die Engel, und sogar die Erzengel, schienen gehörigen Respekt vor Keir zu haben.
»Hm.« Asirani drückte seinen Arm und strich dabei mit den Fingern über seinen Bizeps. »Du bist eine überraschende Wahl.«
»Bin ich das?«
Ein kehliges Lachen entfuhr ihr. »Oh, cleverer als du aussiehst, was?« Aufmerksam schaute sie im Raum umher, bis sie an einem der Fenster stehen blieb. »Nimra«, sagte sie mit tiefer Stimme, »hatte schon seit vielen Jahren keinen Liebhaber mehr. Christian hat immer geglaubt, sie würde ihn auswählen, wenn sie so weit wäre, ihre Enthaltsamkeit aufzugeben.«
Noel warf einen Blick zu dem Engel hinüber, der sich nun mit einem älteren menschlichen Mann unterhielt, und fragte sich, warum Nimra Christian nicht in ihr Bett geholt hatte. Obwohl er den Eindruck eines spießigen Aristokraten erweckte, hatte er offenbar einen scharfen Verstand, und seine Bewegungen verrieten, dass er gelernt hatte zu kämpfen. Kein nutzloser Fatzke also, sondern eine brauchbare Kraft.
Und auch Asirani war alles andere als ein hirnloses Anhängsel.
»Lebt ihr alle hier?«, fragte er sie, fasziniert davon, dass dieser Hof offenbar nur aus ausnehmend starken Wesen bestand.
»Ein paar von uns haben Zimmer hier, aber einen Flügel bewohnt Nimra ganz allein.« Sie führte ihn zu einem langen Tisch mit appetitlich angerichteten Speisen und ließ seinen Arm los, um aus einem Arrangement von Früchten eine pralle Traube zu pflücken und in ihrem Mund verschwinden zu lassen. Zwar konnten Vampire die nötigen Nährstoffe nicht aus der Nahrung aufnehmen, doch sie konnten den Geschmack wahrnehmen und sich daran erfreuen. Asiranis wohliges Seufzen zeigte deutlich, wie sehr sie es genoss, all ihre Sinne zu benutzen.
An solcher Sinnlichkeit hatte Noel kein Interesse, dennoch nahm er sich einige Blaubeeren, um nicht aufzufallen. In diesem Moment richteten sich die Härchen in seinem Nacken auf, und er war nicht im Mindesten überrascht, als er sich umdrehte und feststellte, dass Nimra das Zimmer betreten hatte. Die anderen wichen aus seinem Bewusstsein, und sein Blick suchte die Macht und Intensität des ihren.
»Entschuldige mich«, raunte er Asirani zu und schritt über das glänzende Holz des Fußbodens, bis er vor diesem Engel stehen blieb, der sich für ihn als unwiderstehliches Rätsel entpuppt hatte. »Mylady.«
Ihr Blick war undurchdringlich. »Wie ich sehe, hast du Asirani kennengelernt.«
»Und Christian.«
Ihr Mund spannte sich leicht. »Ich glaube, du kennst Fen noch nicht. Komm mit.«
Sie führte ihn zu dem älteren Mann, den Noel in Christians Gesellschaft gesehen hatte. Inmitten von Papieren saß er an einem Schreibtisch in einer lichtdurchfluteten Ecke des Zimmers. Beim Näherkommen erkannte Noel, dass der Mann noch älter war, als er zuerst geschätzt hatte, denn seine nussbraune Haut war von unzähligen Falten überzogen. Doch in seinen kleinen, dunklen Augen funkelte das pure Leben. Als Nimra näher trat, hoben sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln, und Noel erkannte, dass das Augenlicht des Mannes trotz des Funkelns in seinem Blick stark nachgelassen hatte.
Als er mühsam versuchte aufzustehen, legte ihm Nimra eine Hand auf die Schulter, um ihn daran zu hindern. »Wie oft muss ich es dir noch sagen, Fen? Du hast dir das Recht erworben, in meiner Gegenwart sitzen zu bleiben.« Ihr Lächeln war so strahlend, dass es Noels Herz einen Stich versetzte. »Eigentlich hast du dir sogar das Recht
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