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Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)

Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)

Titel: Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Engström
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zog und zerrte und ihn mit sich ins Meer reißen wollte.
    Dann war es plötzlich vorbei.
    Das Wasser stand wadenhoch im Innenraum des Bootes, doch davon abgesehen stellte Magnus auf den ersten Blick keine Schäden fest. Und der Motor lief auch nach wie vor, was im Moment das Wichtigste war.
    Magnus wischte sich das tropfnasse Haar aus dem Gesicht und schaute zur Jennifer hinüber.
    Er atmete scharf ein. Die Welle hatte den Einmaster fast bis zu den Felsen hinübergetrieben. Es handelte sich nur noch um eine Frage von Sekunden, allerhöchstens Minuten, bis das Boot auf die Klippen prallen und sinken würde.
    Doch das war jetzt nicht mehr Magnus’ Hauptproblem, denn das Deck der Jennifer lag verlassen da.
    Die Frau, die sich ein paar Augenblicke zuvor noch an Bord befunden hatte, war verschwunden.
    Nachdem die Welle Jenny erfasst hatte, ging alles so schnell, dass sie keine Chance hatte, zu reagieren. Sie wollte schreien, brachte aber keinen Laut hervor. Stattdessen drang Salzwasser in ihren Mund, und sie hustete und würgte.
    Eisige Kälte umfing Jenny, als sie untertauchte. Ihre Lungen schrien nach Luft, doch sie musste den Reflex, einfach einzuatmen, gewaltsam unterdrücken. Sie strampelte mit Armen und Beinen, in der verzweifelten Hoffnung, die Wasseroberfläche zu erreichen. Aber vielleicht bewegte sie sich ja auch in die entgegengesetzte Richtung. Sie hatte vollkommen die Orientierung verloren.
    Als sie bereits glaubte, es nicht eine Sekunde länger aushalten zu können, tauchte ihr Kopf aus dem Wasser, und sie atmete gierig ein. “Hilfe!”, stieß sie heiser krächzend hervor. Ihre Zähne schlugen vor Kälte heftig aufeinander. “Bitte, helfen Sie mir!”
    Sie zwang sich, die Augen zu öffnen, obwohl sie vom Kontakt mit dem Salzwasser heftig brannten und tränten. So sah sie, dass sich das kleine Motorboot, das vorhin zu ihrer grenzenlosen Erleichterung aufgetaucht war, ihrer Position näherte. Kurz bevor es sie erreichte, drehte es bei, und ein Rettungsring wurde in ihre Richtung geworfen.
    “Halten Sie sich daran fest!”, rief ihr eine männliche Stimme zu. “Ich ziehe Sie an Bord!”
    Mit letzter Kraft schwamm Jenny auf den im Wasser treibenden Ring zu und umklammerte ihn mit beiden Armen. Danach war sie so erschöpft, dass sie kaum mithelfen konnte, als ihr Retter sie über die Reling an Deck seines Bootes zog. Ihre Gliedmaßen fühlten sich schwer wie Blei an, sie schaffte es gerade noch, sich aufzusetzen.
    “Danke”, flüsterte sie. Ihr klapperten noch immer die Zähne vor Kälte. “Ohne Sie wäre ich verloren gewesen.”
    “Danken Sie mir nicht zu früh”, erwiderte ihr Retter mit finsterer Miene. “Wir sind noch nicht außer Gefahr.” Mit diesen Worten ging er ans Steuer zurück und wendete das Motorboot. Als Jenny ihr Boot erblickte, das im selben Moment nicht weit entfernt auf die Klippen lief, wurde ihr schwer ums Herz. Der Einmaster hatte Torben gehört. Es war eines der wenigen Dinge, abgesehen von der
Fiskfabrik
, die ihr geblieben waren.
    Und jetzt war es fort. Unwiederbringlich, so wie Torben selbst.
    Tränen liefen ihr über die Wangen und vermischten sich mit dem Regen. Der Sturm wütete noch immer mit aller Heftigkeit, doch sie spürte es kaum noch. Ihre Gedanken waren ganz woanders. Sie dachte an Torben und an den Tag, an dem er sie gebeten hatte, ihre Frau zu werden.
    Dass es dazu niemals gekommen war, daran trug nur sie allein die Schuld. Ob sie jemals lernen würde, mit dieser Schuld zu leben?
    “Jetzt haben wir es gleich geschafft”, sagte der Mann hinter dem Steuer – Jenny wusste noch nicht einmal seinen Namen – und riss sie damit aus ihren Gedanken. “Geht es Ihnen gut? Sie zittern ja wie Espenlaub.”
    Seine Worte mochten freundliche Besorgnis zum Ausdruck bringen, sie standen jedoch im Widerspruch zu seinem Tonfall, der schroff und fast ein wenig unfreundlich klang. Jenny hob eine Braue. “Nun, das Wasser war nicht gerade warm.”
    Er sagte nichts, schüttelte nur den Kopf und konzentrierte sich darauf, das Motorboot sicher bis ans Ufer zu bringen und es dort an einem einfachen Steg aus Holz zu vertäuen, was bei dem heftigen Wellengang ein ziemliches Kunststück darstellte.
    Als er es schließlich geschafft hatte, sprang er wieder ins Boot und streckte Jenny die Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen, doch sie zögerte.
    “Was ist?”, fragte er ungeduldig. “Warum schauen Sie mich so an?”
    “Ich frage mich nur gerade, warum Sie so unfreundlich zu mir sind. Was

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