Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)
Hand gehalten hatte, fiel auf den Teller zurück. Sie fühlte sich, als hätte man ihr den Boden unter den Füßen weggezogen. Der Mann, der sie aus den stürmischen Fluten der See gerettet und sie danach wie einen lästigen Eindringling behandelt hatte, sollte Magnus Sund sein?
Unmöglich! Konnte ein einzelner Mensch tatsächlich so viel Pech haben? Ganz egal, was sie im Augenblick auch anfasste, alles schien in einer Katastrophe zu enden. Eigentlich sollte es sie daher nicht überraschen, dass es sich auch dieses Mal nicht anders verhielt.
“Geht es Ihnen nicht gut? Sie sehen plötzlich so blass aus.”
Magdas besorgte Worte holten Jenny zurück in die Gegenwart. Sie atmete tief durch und drängte die aufsteigende Panik zurück. Ruhig, sagte sie zu sich selbst. Es nutzt niemandem, wenn du jetzt die Nerven verlierst – am wenigsten der Fiskfabrik.
“Warum begleiten Sie nicht einfach Fredrik?”, fragte Magda. “Er nimmt Sie mit zur Werft, und dann machen Sie sich noch einmal richtig mit Magnus bekannt. Das gestern kann man ja wohl kaum als echtes Kennenlernen bezeichnen.”
Jenny schüttelte den Kopf. “Nein, lassen Sie nur. Ich glaube, das ist im Moment keine gute Idee. Vielleicht später.” Sie schluckte. “Ich muss diese Neuigkeit erst einmal verdauen.”
“Dann unternehmen Sie doch einen kleinen Spaziergang, Herzchen. Die Nähe zur Natur hilft mir auch immer, einen klaren Kopf zu bekommen.”
Als Jenny ein paar Minuten später in das goldene Zwielicht des Birkenwäldchens trat, das hinter dem Garten des Hauses der Björlings begann, spürte sie, wie ihre innere Anspannung allmählich nachließ und einer tiefen Ruhe Platz machte. Ihre Sorgen und Ängste waren im Verlauf der vergangenen Monate zu einem riesigen Berg angewachsen, der seinen düsteren Schatten über ihr Leben warf. Und obwohl sie der Lösung ihrer Probleme keinen Schritt nähergekommen war, konnte sie zum ersten Mal wieder richtig durchatmen. Ein ungewohntes, aber sehr angenehmes Gefühl.
“Ihr Haar ist viel heller, als ich gedacht hatte. Und es schimmert wie Seide.”
Erschrocken wirbelte Jenny herum. Als sie Magnus erblickte, der am Stamm einer Birke lehnte, stockte ihr der Atem.
Schon seit mehr als fünf Minuten stand er da und konnte nichts anderes tun, als sie anzuschauen. Wie schön sie war. Im goldenen Licht des jungen Tages sah sie aus wie eine Fee, so zart und fragil. Fast wartete er darauf, dass sie die Flügel ausbreitete und sich elegant in die Luft erhob. Doch das war natürlich Unsinn. Solche Dinge gab es nur im Märchen, und er war zu alt, um sich noch irgendwelchen Illusionen über das Leben hinzugeben.
“God Morgon”
, sagte er mit einem verhaltenen Lächeln. “Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Nacht.”
Zögernd erwiderte sie sein Lächeln. “Ja, vielen Dank. Fredrik und Magda waren so freundlich, mich im ehemaligen Zimmer ihrer Tochter unterzubringen. Ich habe geschlafen wie ein Stein.”
Das konnte Magnus von sich wahrlich nicht behaupten. Er hatte eine ziemlich unruhige Nacht hinter sich, woran er dem Unwetter die Schuld gab – dabei wusste er selbst, dass es in Wahrheit einen ganz anderen Grund dafür gab. Die ganze Zeit über war ihm die unbekannte Schöne nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Heute Morgen hatte er es einfach nicht mehr länger ausgehalten und war kurzerhand losgegangen, um zu sehen, ob es ihr gut ging.
Und jetzt stand sie vor ihm, und sein Herz klopfte wild vor Aufregung. Was für eine vollkommen unangebrachte Reaktion! Immerhin kannte er sie kaum, und das, was er am vergangenen Abend von ihr mitbekommen hatte – ihre unüberlegte, risikobereite Art –, gefiel ihm nicht sonderlich. Sie war hübsch, nein, wunderschön – und? Ihm konnte es egal sein, denn sein Entschluss stand endgültig fest: Ohne eine Frau in seinem Leben, die ihm nur zusätzliche Probleme bescherte, war er besser dran.
Trotzdem wollte er zumindest sein Verhalten vom vergangenen Abend wiedergutmachen. Er war ihr gegenüber sehr unhöflich gewesen. Natürlich hatte sie die Gefahr, die der aufziehende Sturm darstellte, verkannt und war auf diese Weise in eine Situation geraten, die sie nicht hatte kontrollieren können. Also trug sie auch dafür die Verantwortung, aber der wahre Hintergrund für seinen Ärger lag tief in seiner Vergangenheit begründet. Und dafür konnte sie natürlich nichts.
“Hören Sie, ich wollte mich entschuldigen.”
“Entschuldigen?” Sie schaute ihn erstaunt an. “Wofür denn? Viel
Weitere Kostenlose Bücher