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Dunkler Wahn

Dunkler Wahn

Titel: Dunkler Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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es nicht.«
    Da sie flüsterte, war das Alter ihrer Stimme nicht genau auszumachen. Jan schätzte die Anruferin auf etwa zwölf bis vierzehn, und sie klang verzweifelt.
    »Was schaffst du nicht?«
    »Alles.«
    »Kannst du mir das genauer erklären?«
    »Bald«, war die geflüsterte Antwort, gefolgt von einem Klicken. Dann ertönte das Freizeichen.
    Stirnrunzelnd legte auch Jan auf. Wer in aller Welt
mochte das gewesen sein? Er hatte die Stimme nicht erkannt, aber dieses Mädchen hatte ihn mit seinem Vornamen angeredet, als würde es ihn kennen. Es war ein Hilferuf gewesen. Aber von wem?
    Nachdenklich betrachtete er das Telefon und wartete, ob es noch einmal läuten würde. Für kurze Zeit geschah nichts, doch gerade als er sich wieder seiner Post zuwenden wollte, schrillte der Apparat erneut.
    »Also gut«, sagte Jan. »Reden wir, aber bitte leg nicht gleich wieder auf.«
    »Das habe ich auch nicht vor«, antwortete eine vertraute Stimme, begleitet von einer lautstarken Bahnhofsdurchsage.
    »Carla! Na, das ist aber eine Überraschung.«
    »Du hast gestern versucht, bei mir anzurufen. Gleich mehrmals.«
    Ihre Stimme klang knapp und sachlich, was Jan verwirrte. Nach dem Rosenstrauß hatte er eigentlich etwas mehr Herzlichkeit erwartet.
    »Nun ja, ich … wollte mich einfach nur bei dir bedanken. «
    »Bedanken?«
    Jan runzelte die Stirn. Sie klang erstaunt, als wüsste sie nicht, wovon er sprach.
    »Hör mal, Jan, ich habe nicht viel Zeit. Ich werde gleich vom Bahnhof abgeholt und muss zu einem Interview. Ist irgendetwas passiert, oder weshalb hast du so oft angerufen? «
    »Nein, bei mir ist alles in Ordnung«, sagte er und erkannte, dass es nicht der richtige Moment war, um über Rosen zu sprechen. Vor allem nicht, wenn sie nicht von ihr waren. »Ich wollte nur deine Stimme hören.«
    »In den Nachrichten habe ich das von Volker gehört.
Das ist ja furchtbar. Weiß man denn schon, wer es gewesen ist?«
    Sie wich ihm aus, und Jan spürte einen unangenehmen Druck auf der Brust. »Nein. Sie vermuten, dass vielleicht die Drogenmafia damit zu tun hat.«
    »Das würde mich nicht wundern. Volker hatte ein paar sehr heiße Eisen angefasst.« Jan konnte im Hintergrund eine Männerstimme hören, die Carla ansprach. Carla entgegnete etwas, wobei sie das Telefon von sich forthielt. Dann meldete sie sich wieder. »Mein Taxi ist da. Also, ich muss jetzt …«
    »Warte noch einen Moment«, sagte Jan hastig. »Ich möchte dir noch sagen, dass ich dich vermisse.«
    »Ja, du fehlst mir auch.« Diese Antwort verursachte Jan ein Kribbeln in der Magengegend. »Aber lass mir noch ein bisschen Zeit, ja?«
    »Natürlich.«
    »Weißt du, es ist nicht, dass ich dich nicht liebe. Ich bin mir nur einfach noch nicht klar darüber, wie es mit uns weitergehen soll.«
    »Ist schon in Ordnung«, sagte Jan und musste gegen den Kloß in seinem Hals ankämpfen.
    »Ich muss jetzt wirklich los.« Ihre Stimme klang leise und ging beinahe in einer Lautsprecherdurchsage unter. »Wir reden ein anderes Mal, okay? Pass auf dich auf.«
    Noch ehe er antworten konnte, hatte sie aufgelegt.
    Zurück blieben die Stille in Jans Büro und ein Rosenstrauß, von dem er nicht wusste, von wem er kam.

7
    Zum hundertsten Mal an diesem Morgen überflog Felix Thanner den Text auf dem Monitor seines Laptops und seufzte. Je öfter er den Entwurf durchlas, desto weniger gefiel er ihm. Auch wenn er mit seinen zweiunddreißig Jahren der bisher jüngste Geistliche der Fahlenberger Pfarrei war, hatte er dennoch schon genug Erfahrungen mit Reden sammeln können. Aber dieses Mal fühlte er sich blockiert. Es war, als müsse er sich jedes Wort einzeln aus den Fingern saugen.
    Sicherlich lag diese Blockade an der Aufregung vor dem großen Abend, von dem viel abhing, versuchte er sich zu besänftigen. Andererseits war genau das der Grund, weshalb er besonders kritisch mit seinem Text ins Gericht gehen musste. Als Klinikseelsorger lag ihm die neue Psychiatrieabteilung für Jugendliche sehr am Herzen, und die Spendenaktion musste einfach ein Erfolg werden. Doch nun kam ihm jede Formulierung, die er am Abend zuvor noch für überzeugend und pointiert gehalten hatte, gezwungen und wenig stichhaltig vor.
    Abermals seufzend schloss er die Augen und versuchte sich zu konzentrieren, als er Schritte durchs Pfarrhaus eilen hörte. Gleich darauf stürmte Edith Badtke in das Arbeitszimmer.
    Thanner erschrak. Mit ihren weit aufgerissenen Augen sah seine Angestellte aus, als habe sie den Leibhaftigen

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