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Dunkler Wahn

Dunkler Wahn

Titel: Dunkler Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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des Konzepts für die neue Kinder- und Jugendstation beizuwohnen. Ärzte und Pflegepersonal, Patienten und Angehörige, aber auch wichtige Größen der Fahlenberger Lokalprominenz waren unter den Gästen, allen voran der Präsident des Lions Clubs und der Vorstand der Rotarier.
    Vor allem auf Letztere zielte die Veranstaltung ab, da die Initiatoren auf Spendengelder für den weiteren Ausbau
der Station angewiesen waren. Im weitläufigen Garten der ehemaligen Direktorenvilla sollte ein therapeutischer Kletterpark entstehen, und auch für das Kunstatelier im Westflügel der Station wurden weitere Geldmittel benötigt.
    Jan und seine Kollegen hatten sich lange vorbereitet und ihr Bestes gegeben, um ihre Vorträge so interessant und abwechslungsreich wie möglich zu gestalten. Sie informierten über die Entwicklungsgeschichte der Kinder-und Jugendpsychiatrie, stellten neueste Therapiekonzepte vor, und Felix Thanner ging auf die große Bedeutung der Klinikseelsorge ein.
    Der Abend wurde ein voller Erfolg. Erfreut stellte Jan fest, dass sie ihr Publikum fest im Griff hatten. Abgesehen vom üblichen Husten und Niesen, gab es keinerlei Unterbrechungen. Niemand stand auf, um zur Toilette zu gehen oder sich Nachschub am Getränkeausschank zu holen, und nach der zwanzigminütigen Pause erschienen sämtliche Gäste wieder, um sich auch den zweiten Teil der Vorträge anzuhören.
    Jan deutete das als ein gutes Zeichen, und sein Gefühl sollte ihn nicht trügen. Keine halbe Stunde, nachdem die Vorträge beendet und Professor Alfred Straub der – wie er es bezeichnete – »angenehmsten Verpflichtung eines Klinikleiters« nachgekommen war und das Büfett eröffnet hatte, sah Jan schon die ersten Schecks über den Spendentisch wandern.
    Zufrieden und erschöpft suchte er sich eine unauffällige Ecke neben der Rednerbühne, stellte dort seinen Teller ab und stärkte sich mit ein paar Kanapees, die er sich am Büfett erkämpft hatte. Unweit von ihm stand Felix Thanner. Er unterhielt sich mit dem Direktor der örtlichen Sparkasse, der sich auf einen der Stehtische stützte und kopfnickend
in sein Scheckbuch kritzelte. Für einen kurzen Moment sah Thanner zu Jan, lächelte ihm zu und reckte unauffällig den Daumen. Jan grinste, nickte zurück und schob sich ein Lachshäppchen in den Mund.
    »Hallo, Dr. Forstner«, sagte eine Frauenstimme, und Jan wandte sich zu ihr um.
    Bettina stand vor ihm, und er hätte sie kaum wiedererkannt. Statt ihres sonst so jugendlichen Outfits trug sie nun ein samtrotes Kleid mit tiefem Ausschnitt und hatte ihr Haar kunstvoll mit zwei silbernen Spangen hochgesteckt – eindeutig Modeschmuck, aber dennoch stilvoll. Sie sah aus, als hätte sie sich für einen Besuch in der Oper fertiggemacht, und nur ihr Nasenpiercing erinnerte daran, dass sie sonst T-Shirts mit Aufdrucken wie Punk’s not dead oder dem Logo der Nine Inch Nails den Vorzug gab.
    »Ihr Vortrag war großartig.«
    Noch immer an seinem Kanapee kauend, brachte Jan nur ein schmatzendes »Danke« zustande.
    »Ich habe Ihnen etwas zu trinken mitgebracht. Wollen Sie?« Noch ehe Jan herunterschlucken und ihr erklären konnte, dass er sich bereits mit Sekt versorgt hatte, hatte sie ihm schon das Glas in die Hand gedrückt.
    »Ich fand Ihre Fallbeispiele sehr aufschlussreich«, sagte sie mit wichtiger Miene. »Obwohl ich den Eindruck habe, dass Sie nicht ganz ehrlich mit uns gewesen sind.«
    Endlich hatte Jan sein Brötchen herunterbekommen, woraufhin sie ihm zuprostete. »Auf einen erfolgreichen Abend.«
    »Was meinen Sie mit nicht ganz ehrlich?«, fragte Jan, ohne aus seinem Glas zu trinken.
    »Nun ja«, Bettina sah sich nach allen Seiten um und sprach mit gesenkter Stimme weiter, »ich habe doch das
Buch von Frau Weller gelesen. Nachdem damals Ihr kleiner Bruder verschwunden war und Ihr Vater den Autounfall hatte, ist es Ihnen doch sehr schlecht gegangen. Ich meine, immerhin waren Sie damals ja selbst noch ein Kind und mussten so viele schlimme Schicksalsschläge auf einmal wegstecken. Da hätten Sie sich doch bestimmt jemanden gewünscht, der für Sie da ist. Jemanden, der Ihnen über all das hinweggeholfen hätte. Nicht wahr? Ich finde, das hätten Sie uns bei Ihrer Rede nicht verschweigen sollen.«
    Peinlich berührt sah Jan sie an. Die junge Schwester hatte ihren Finger auf eine Wunde gelegt, die noch nicht lange verheilt war. Zwar tat es nicht mehr weh, aber es fühlte sich dennoch unangenehm an.
    Jan nahm nun doch einen Schluck Sekt, dann nickte er

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