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Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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fragen sollen«, murmelte er.
    Gut, gut. Endlich hatte ich ihn auch einmal in Verlegen heit gebracht.
    »Er benutzte uns alle«, wiederholte ich. »Deine Ehre. Meine Selbstgefälligkeit. De Lacys Arroganz. Raols Loya lität…«
    Ich brach ab. Silvus lachte. Er hörte auf, sah mein ver dutztes Gesicht und lachte von Neuem los. Ich schloss den Mund und setzte eine resignierte Miene auf, da ich offenbar der Grund seiner Heiterkeit war. Als er sich be ruhigt hatte, fragte ich ihn nach dem Grund.
    »Ach, Raols Loyalität. Anscheinend war er doch nicht so sehr loyal. Du hattest Recht, ihn zu verdächtigen. Er ist nicht, was zu sein er scheint, das verriet er mir selbst, als er dachte, es ginge zu Ende mit ihm. Er war beauftragt, Ruane irgendwo im fernen Westen jenseits der Berge um zulegen, wo es kein Aufsehen erregen würde. Aber Ruane schaffte es nie bis zum fernen Westen, dachten wir, und Raol beglückwünschte sich schon zu der leichtes ten Arbeit, die er je gehabt hatte, als der Mann hier auf tauchte.« Silvus lächelte. »Ich fragte mich, was einen Mann wie ihn bewogen haben konnte, sich als Koch zu verdingen. Aber du hast in einer Weise Recht. Er war loyal, kein Zweifel, aber seine Loyalität galt Nathan.«
    Nathan. Das konnte gut sein. Mir war der gleiche Ge danke durch den Kopf gegangen. Und es gab noch etwas. Ich nickte zu mir selbst. »Also handelte Nathan schließ lich doch richtig«, sagte ich. »Ein kluger Mann. Jetzt er weist sich, dass sein Problem der schlimmste Meister Schwarzer Magie in zweihundert Jahren war. Und wir waren gezwungen, es für ihn zu lösen.«
    Silvus ernüchterte sich plötzlich. »Nein, nicht der Schlimmste.«
    »Wie?«
    Er antwortete nicht.
    Eine monatelange Wartezeit stand uns bevor. Als ich wie der auf den Beinen war, war seit der Wintersonnenwende ein Monat vergangen, aber der Pass würde erst im Frühling offen sein. Also verdingten wir uns als Arbeiter und Baumeister und errichteten draußen an der frischen Luft neue Gebäude.
    Im Laufe der nächsten Wochen kehrten die Bewohner nach und nach aus dem Hinterland zurück und machten sich an den Wiederaufbau ihrer Stadt. Es war ein ungewöhnlich kalter Winter, und wir mussten auf der Erde Feuer brennen, um Fundamente in den gefrorenen Boden zu graben, aber wir taten es, und neue Mauern begannen aus den Ruinen zu wachsen. Bald würde es hier wieder Heimstätten geben.
    Und die Festung Ys. Der Orden sei sehr besorgt über die gewaltige Bresche in der äußeren Mauer, sagte die Priorin, und die Wiedererrichtung der Mauer sei jetzt das wichtigste Anliegen. Aber sie solle höher und stärker als die Alte sein.
    Es war am Ende eines langen Tages – seit ich zur Stadt wache von Tenabra gegangen war, hatte ich nicht mehr so angestrengt mit Schaufel und Breithacke gearbeitet. Auch für Silvus und die anderen war es wie eine neue Erfah rung. Das Bedürfnis, etwas zu schaffen statt zu zerstören, war stark in uns allen.
    Um uns herum herrschte im Speisesaal gedämpfte Stimmung. Die Schwestern aßen nach den Novizinnen und hielten auf Schicklichkeit. Wir waren eingeladen, am Tisch der Priorin zu sitzen, was ein Vorrecht war, obgleich die Gesellschaft das Einzige schien, was sich dort von den anderen Tischen unterschied.
    Merceda hatte ihre Krise längst überwunden und war wieder voll Selbstbewusstsein und Tatendrang. »Ja, natür lich sollen sie ihre Häuser wieder aufbauen, einstwei len«, sagte sie, als sie hereinkam. »Selbstverständlich.« Sie setzte sich und machte sich über ihre Schale mit Suppe her. »Aber sie müssen uns die Arbeitskräfte zur Verfügung stellen, sobald das Tauwetter erlaubt, tiefe Funda mente zu graben. Gegenwärtig sind wir mehr oder weni ger ungeschützt. Die Leute können sich kaum beklagen – schließlich hat Ys sie auch beschützt.«
    Ihre Adjutantin zog die Stirn in Falten. »Die Leute müs sen im Frühjahr ihre Felder bestellen, sonst gibt es keine Ernte«, sagte sie. »Und die ganze Stadt muss wieder auf gebaut werden, nicht nur die Außenmauern der Häuser.«
    Merceda wedelte unbekümmert mit dem Löffel. »Das Pflügen können sie gleichzeitig erledigen. Die alten Män ner und die Kinder können das auch. Sie haben kaum Zug tiere verloren. Und die Stadt kann warten. Wenn sie Hüt ten haben, die ihnen Wetterschutz bieten, genügt das einst weilen. Die Festung kommt zuerst, und das wissen sie.«
    Die andere machte eine Notiz und Merceda fuhr fort: »Und die neue Mauer muss widerstandsfähiger sein. Der

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