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Dunkles Verhaengnis

Dunkles Verhaengnis

Titel: Dunkles Verhaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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geht kaputt. Sagt nichts anderes. Aber nichts drückt es so gut aus wie fragil .«
    Sein Blick wanderte zum Bürgermeister, der inzwischen in seinen Wagen gestiegen war und einfach nur dasaß.
    »Zwei verschiedene Denkweisen. Die einen sagen, man soll sich gefälligst schlicht und einfach ausdrücken. Hochtrabende Worte verschleiern nur
die eigentliche Bedeutung – staffieren nur aus, wie mit Watte. Die anderen sagen, das reduziert alles auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, Gedanken sind komplex, und wenn man an das herankommen will, was wirklich gemeint ist, dann muss man die Worte sorgfältig auswählen, auf die Nuancen kommt es an … der ganze Mist. Sie kennen das, Turner.«
    »Jeder hat nur seine Version von einer Sache.«
    »Versionen sind das Einzige, was wir haben. Von der Wahrheit, unserem Werdegang, von uns selbst. Verdammt, Sie wissen genau, was ich meine.«
    Ich lächelte.
    »Der fragile Henry da drüben versuchte gerade, sich davon abzubringen, seine Freundin zu besuchen, die oben bei Elaine wohnt.« Er sprach den Namen der Stadt mit einem deutlichen Akzent auf der ersten Silbe aus. E laine. »Aber heute ist Donnerstag. Und von welcher Seite man die Angelegenheit auch betrachtet, er hat keine Chance.«
    »Sie überraschen mich jedes Mal aufs Neue, Doc.«
    »Ich bin ein erschreckend gewöhnlicher Mensch, Turner. Sind wir alle, da können wir uns noch so abrackern und so tun, als wären wir was Besonderes … Schätze, wir sollten uns jetzt wohl beide wieder an die Arbeit machen. Sofern wir welche haben. Gibt’s
irgendwas, was Sie im Moment unbedingt erledigen müssen?«
    »Papierkram, wie immer.«
    »Also was achtzig Prozent aller Angestellten tun – Papiere von Ort A nach Ort B abzulegen. Obwohl heutzutage echtes Papier wohl kaum noch eine Rolle spielt. Und die restlichen Angestellten sind damit beschäftigt, die falsch abgelegten Papiere wieder zu finden. Tja«, schloß er, »und da fährt er hin, unser Henry. Auf nach Elaine.«
    Wir saßen da und beobachteten, wie der alte Buick des Bürgermeisters schlingernd die Straße hinuntertuckerte. Eine große Krähe begleitete ihn ein Stück, flog Achten über ihm und verzog sich dann seitwärts. Dachte vielleicht, es sei ein altersschwaches Tier, das es nicht mehr lange macht.
    Doc wuchtete sich hoch und stand leicht schwankend da. »Es heißt, wenn man in den Abgrund starrt, dann starrt der Abgrund zurück. Turner, ich glaube, das ist falsch. Ich glaube, er zwinkert nur zurück.«
    Mit dieser weisen Bemerkung ging Doc, um sich wieder um seine Angelegenheiten zu kümmern und mich den meinen zu überlassen, wie er sich ausdrückte. Nachdem er fort war, saß ich allein da, ruhte immer noch aus und fragte mich, worin meine Angelegenheiten wohl bestehen mochten.

    Alleinsein war exakt das, was ich für meine Angelegenheiten gehalten hatte, als ich hierherkam. Jetzt befand ich mich im Zentrum dieser abgekämpften, müden alten Stadt, war Teil einer Gemeinschaft, ja sogar einer Art Familie. Hatte mich auch nie für sonderlich redselig gehalten. Aber mit Val waren die Unterhaltungen einfach immer weiter und weiter gegangen, über erschöpfte Spätnachmittage hinaus bis hinein in übernächtigte frühe Morgenstunden, und ich würde mich für immer und ewig an Dinge erinnern, die sie zu mir gesagt hatte.
    Manchmal muss man einfach sehen, wie viel Musik man noch machen kann, mit den Mitteln, die einem bleiben .
    Oder als wir über meine Jahre im Gefängnis sprachen, und über die Jahre danach, als Therapeut, und sie sagte zu mir: »Du bist wie ein Streichholzbriefchen, Turner. Du steckst dich immer wieder selbst in Brand. Aber gleichzeitig schaffst du es auch immer wieder, in anderen ein Feuer zu entfachen.«
    Tat ich das?
    Mit Sicherheit wusste ich nur, dass seit viel zu vielen Jahren die Menschen in meiner Nähe zu sterben pflegten. Ich wollte, dass das aufhörte. Ich wollte, dass eine Menge Dinge einfach aufhörten.
    Das Auto zum Beispiel, in dem Billy Bates gerade
saß. Ich wollte, dass es anhielt – ich kann nicht mal annähernd beschreiben, wie sehr ich mir wünsche, es wäre stehen geblieben – als es vor meiner Nase durch die Straße gepflügt kam und direkt in die Stirnwand des Rathauses krachte.

Kapitel Zwei
    Wie immer war es bemerkenswert, Doc bei der Arbeit zuzusehen. Man hätte geschworen, er wäre nicht konzentrierter bei der Sache als beim Zubinden seiner Schnürsenkel, aber er war hellwach, und nichts entging ihm. Bis ich die Straße überquert

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