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Narrentreiben: Ein Fall für Hubertus Hummel (Hubertus Hummel-Reihe) (German Edition)

Narrentreiben: Ein Fall für Hubertus Hummel (Hubertus Hummel-Reihe) (German Edition)

Titel: Narrentreiben: Ein Fall für Hubertus Hummel (Hubertus Hummel-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Rieckhoff , Stefan Ummenhofer
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1. ZUNFTBALL
    Hubertus Hummel stakste in strassbesetzten Pumps über den verschneiten Gehweg der Bertholdstraße. Wie schafften es Frauen nur, sich in so etwas fortzubewegen? Außerdem kribbelte seine Haut, die Gummizüge seines Bauchtänzerinnen-Kostüms spannten schmerzhaft und ließen den Bauchansatz noch mehr als sonst hervorquellen. Zu gerne hätte er sich mit den Fingernägeln am ganzen Körper gekratzt, doch der Mantel verhinderte das. Und den ließ er lieber zugeknöpft, sonst hätte ihn der kalte Schwarzwälder Februarwind augenblicklich zu einer Eisskulptur erstarren lassen.
    Auch die schwarze, wuschelige Perücke juckte auf seiner sonst nur spärlich bedeckten Kopfhaut. Wenigstens würde er damit auf dem Fasnetsball kaum erkannt werden – das hoffte er jedenfalls. Denn sein Aufzug war ihm einfach nur peinlich. Daran, dass ihm womöglich im Verlauf des Abends auch einer seiner Schüler über den Weg laufen könnte, wollte Hummel, Studienrat für Deutsch und Gemeinschaftskunde am Villinger Gymnasium am Romäusring, erst gar nicht denken.
    »Wie konnte ich mich bloß auf diesen Blödsinn einlassen?«, schimpfte der Mittvierziger vor sich hin. Er hatte mit seinem eleganten Schuhwerk auf dem rutschigen Terrain Mühe, seiner Frau Elke und seiner hochschwangeren Tochter Martina zu folgen. Auch sie wollten sich die Saalfasnet nicht entgehen lassen.
    Die beiden kicherten über Hubertus’ Auftritt.
    »Didi hätte sich wirklich ein bisschen mehr anstrengen können, dann wäre mir dieser Aufzug erspart geblieben«, ärgerte sich Hubertus, als endlich das hell beleuchtete Foyer der Tonhalle in Sichtweite war.
    Im Vorfeld der Wahl zum neuen Villinger Zunftmeister hatte der Studienrat nämlich mit seinem Journalistenfreund Klaus Riesle gewettet. Hubertus hatte auf seinen angehenden Schwiegersohn Dietmar Bäuerle als neuen Obernarro gesetzt. Doch ausgerechnet Klaus, der von Narrozunft so viel verstand wie Hubertus von Frauenkleidung, hatte auf den richtigen Kandidaten getippt: Thomas Stöhrle.
    Zur Strafe musste Hubertus nun auf dem Ball der Historischen Narrozunft 1584 e.V. als orientalische Schönheit aufkreuzen.
    Zum Glück war er nicht die einzige Person in lächerlicher Aufmachung. Vor dem Foyer warteten bereits weitere seltsame Gestalten mit überdimensionalen Perücken und bemalten Gesichtern auf Einlass.
    »Eine Bauchtänzerin braucht nun mal eine vollschlanke Figur«, stichelte Martina, die sich passend zur Aufmachung ihres Vaters als Sindbad der Seefahrer mit weißem Turban verkleidet hatte. Dass Sindbad schwanger war, passte allerdings nicht ganz ins Bild. In vier Wochen sollte es so weit sein.
    »Klaus mit seinem Waschbrettbauch hätte in dem Kostüm bestimmt keine so zauberhafte Figur gemacht«, setzte Elke alias Lawrence von Arabien noch einen drauf, als sie den Eingangsbereich passierten. Dort standen zwei Männer der historischen Villinger Bürgermiliz in braunem Gehrock und mit Dreispitzhut Spalier. Bei jedem neuen Ballbesucher schüttelten die Bürgersoldaten ihren Schellenbaum.
    Mit seiner Kamera lauerte Klaus Riesle bereits an der Garderobe. Die Wettschuld musste eingelöst werden – und der kleine, schwarzhaarige Lokaljournalist freute sich schon.
    »Huberta, du wunderschöne Perle des Orients!«, trällerte er. Klaus, dessen einzige Verkleidung aus einem rotweiß geringelten T-Shirt und einem schief aufgemalten Herz auf der Wange bestand, half seinem Freund aus dem Mantel.
    »Seit fünfzehn Jahren versuche ich, so gut es geht, mich vor der Fasnetberichterstattung zu drücken«, sagte er laut. »Aber für so eine Spitzenfrau werfe ich meine Prinzipien gern über Bord.«
    »Könntest du vielleicht freundlicherweise etwas weniger Aufhebens machen?«, schnauzte Hubertus ihn an. Doch eigentlich waren seine Sorgen unbegründet, denn im allgemeinen »Narri Narro« achteten nur wenige auf die orientalische Tänzerin.
    Auch wenn Hubertus seine Kostümierung heute albern fand: Auf die Straßenfasnacht freute er sich. Ja, er fieberte ihr sogar entgegen. Und das handbemalte »Narrohäs«, in das er an »Fasnetmentig« und an »Fasnetzischtig« schlüpfen wollte, würde er wieder mit Stolz und Würde tragen – so wie schon sein Vater und sein Großvater es getan hatten. Fasnet war schließlich nicht nur Spaß, sondern ein Brauch. Mehr noch: eine Verpflichtung.
    »Und jetzt bitte alle mal freundlich lächeln für den Schwarzwälder Kurier «, bat Klaus.
    Elke und Martina grinsten in die Kamera. Hubertus

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