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Durch den Wind

Titel: Durch den Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annika Reich
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wieder Sex. Das hilft, glaub mir«, sagte sie.
    Siri schüttelte kaum merklich den Kopf.
    »Und wenn du dich einmal umschaust, scheint es hier mehrere Exemplare zu geben, die dir nur zu gerne dabei behilflich sein würden.«
    Siri schüttelte noch einmal den Kopf, diesmal etwas deutlicher, und blickte dem grauen Rauch nach, den sie gegen die Decke blies. Zum Glück standen sie nicht unter freiem Himmel, zum Glück fand das Fest in einem geschlossenen Raum statt. So konnte sie den Rauch gegen eine Decke blasen und nicht ins Weltall. Den Gedanken an die Unendlichkeit des Universums ertrug sie sowieso nicht.
    Sie drückte ihre Zigarette aus, zeigte Yoko die leere Schachtel und ging an die Bar. Dort würde sie bleiben, bis der letzte Gast gegangen war, dann würde sie zu Eduard ins Auto steigen und mit ihm nach Hause fahren. Eduard war doch so ein Exemplar gewesen, das ihr nur allzu gern behilflich gewesen war – und was hatte es gebracht? Aber das war ihr jetzt gleichgültig, jetzt wollte sie nur noch nach Hause, neben ihm liegen und sich von ihm in den Arm nehmen lassen auf seine Art, gegen die sie doch eigentlich nichts hatte. Sie würde einschlafen,und am nächsten Morgen würde sie ihrem Sohn seine Milch warm machen und ein Honigbrötchen schmieren.
     
    »Haben Sie Zigaretten?« fragte Siri den Barkeeper.
    »Für Sie?« fragte der Barkeeper.
    Siri schaute ihn an.
    »Sie rauchen zu viel«, sagte der Barkeeper, »oder wollen Sie sterben? Sie wären die schönste Leiche, die ich je gesehen habe.«
    Was hatte der Mann sie gerade gefragt?
    »Wirklich eine spektakulär schöne Leiche«, sagte er. »Ich rauche immer so viel, wenn ich sterben will«, fuhr er fort, als erzählte er von einem Ausflug ins Grüne, »ich hab dann das Gefühl, das Leben etwas schneller zu drehen.« Er machte eine Pause, dann: »Aber das muss ja für Sie nicht gelten.«
    »Ich will leben«, sagte Siri, und dann fügte sie hinzu: »und rauchen.« Sie lächelte ihn an: »Haben Sie welche?«
    »Hier«, sagte der Barkeeper und schob ihr eine angebrochene Packung über den Tresen, »behalten Sie’s. Heute muss ich nicht. Meine Schwester hat ein Kind bekommen.«
    Siri lehnte sich über den Tresen, gab dem Barkeeper einen langen Kuss auf die Wange: »Für das Kompliment mit der Leiche«, und drehte sich der Tanzfläche zu.
     
    In den Sofas im linken Teil des Raums drängten sich die letzten Gäste. Aus den Lautsprechern klang noch einmal David Bowies Lied von Major Tom, das vorhin schon einmal gelaufen war. Sie mochte dieses Lied, auch wenn sie das Weltall nicht ertragen konnte. Wieso sie auch noch ein silbernes Kleid angezogen hatte?
     
    Auch Friederike schien die Stimmung des Lieds zu gefallen, denn sie hatte sich gerade auf die Tanzfläche bewegt und tanzte nun in der Nähe des Ausgangs mit geschlossenen Augen. Sie trug einen Rock mit bunten Schmetterlingen und einen kurzen Pullover und fuhr sich mit den Fingern mehrmals durch die dunklen Locken.
    Friederike tanzte mit kleinen, angedeuteten Bewegungen, so als skizzierte sie den Tanz, den sie eigentlich tanzen wollte. Sie drehte sich ein paar Mal um die eigene Achse, aber fast ohne Schwung, bedacht. Siri hatte Friederike schon ganz anders tanzen sehen, normalerweise tanzte Friederike, als vollzöge ihr Körper die Drehungen und Windungen ihrer Haare nach, und nach zwei dieser Tänze waren ihre Wangen rot, und sie musste eine Pause einlegen und Wasser trinken und dann weitermachen, weil ihr Tanz, wenn er einmal angefangen hatte, eine Art Eigenrotation entwickelte, die sich ausdrehen musste, egal wie erschöpft sie war. Siri liebte es, Friederike beim Tanzen zu beobachten, weil sie den Rhythmus in sich spürte wie den eigenen Pulsschlag und dabei nichts Aufdringliches hatte, nichts, was die Zuschauer mit einer schwülen Sinnlichkeit bedrohte. Siri mochte es, weil das Kreiseln so gut zu Friederike und ihrem herrlich drallen Körper passte und sie sich von nichts und niemandem darin beirren ließ.
    Aber heute sah ihr Tanzen anders aus. Tom war nicht gekommen; und wenn Friederike etwas noch nie gekonnt hatte, dann ihre Enttäuschung verbergen. Und so kreiselte sie auf der Tanzfläche herum, als würde sie gleich zur Seite kippen und dort liegen bleiben, bis jemand kam, der ihr neuen Schwung geben konnte. Und dieser jemand hätte nur ein bestimmter sein können, nur ein einziger, jeder andere würde sie nicht von der Stelle bekommen.
     
    Siri wendete den Kopf ab. Diese Zustände, die Friederike in

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