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Durchschaut - Das Geheimnis, kleine und große Luegen zu entlarven

Titel: Durchschaut - Das Geheimnis, kleine und große Luegen zu entlarven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Nasher
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er zu verbergen sucht. So setzt er beispielsweise ein künstliches Lächeln auf, um einen genervten Gesichtsausdruck zu überdecken. Denn, so der deutsche Kabarettist Oliver Hassencamp treffend: »Wer lügt, hat die Wahrheit immerhin gedacht.«
    Im Gesicht arbeiten zwei voneinander getrennte Systeme parallel: die bewussten und die unbewussten Ausdrücke. Diese beiden Ebenen werden von unterschiedlichen Hirnregionen gesteuert. Patienten, die durch einen Unfall oder einen Schlaganfall Schaden am pyramidalen System, dem System der bewussten Bewegungssteuerung, davongetragen haben, sind häufig unfähig, bewusst zu lächeln - etwa für ein Foto. Sie lächeln aber unbewusst, wenn sie einen Witz hören. Tragischer ist der umgekehrte Fall: die Störung des extrapyramidalen Systems, welches die Bewegungen steuert, die nicht über das pyramidale System laufen (häufig bei Parkinsonkranken). Menschen, die darunter leiden, können zwar auf Kommando lächeln, bleiben aber oft ausdruckslos, wenn sie sich tatsächlich amüsieren. Damit sind sie allerdings hervorragende Lügner, da ihr Gesichtsausdruck keine unfreiwilligen Regungen zeigt.
    Diese neurologischen Erkenntnisse illustrieren eine entscheidende Tatsache hinsichtlich des Umgangs mit Lügen: Das Gesicht ist ein doppeltes System - unterschiedliche Teile des Gehirns sind für bewusste und unbewusste Gesichtsausdrücke zuständig. Künstliche Gesichtsausdrücke sind also Teil eines eigenständigen Systems. Auf dieses System
muss man sich konzentrieren, um Lügner zu überführen.
    Laut Paul Ekman sind wir so miserabel im Entlarven von Lügen, weil wir so miserabel darin sind, künstliche von echten Gesichtsausdrücken zu unterscheiden. Diese Fähigkeit, die zum wichtigsten Faktor beim Entlarven werden kann, ist im Allgemeinen erschreckend schlecht entwickelt. Dagegen wird jeder zum Experten in der Kontrolle des eigenen Gesichtsausdrucks ausgebildet: Schon Babys im Kinderwagen werden von Erwachsenen angelächelt und zur Mimikry animiert, zum Kopieren des Verhaltens der Vorbilder; Kleinkindern wird angeordnet, ihren Gesichtsausdruck zu ändern (»Guck doch nicht so gelangweilt/traurig/blöd.«). So werden die meisten Menschen zu versierten Fälschern ihrer Mimik - doch deshalb wissen sie noch lange nicht, ob sie gerade selbst auf einen anderen Fälscher hereinfallen.
    Dabei ist es gar nicht so schwierig, falsche Gesichtsausdrücke zu erkennen - wenn man nur weiß, worauf es ankommt. Wer genau hinschaut, wird feststellen, dass die Emotion, die ein Lügner ausdrücken will, nicht mit dem Rest seines Gesichts harmoniert.
Erstes Anzeichen: Asymmetrie und Lächeln
    Ein Merkmal künstlicher Gesichtsausdrücke - also dafür, dass Emotionen vorgespiegelt werden - sind laut einer Studie von Paul Ekman die sogenannten »asymmetrischen Gesichtsausdrücke«. Echte Gefühle werden im Gesicht symmetrisch ausgedrückt: So ist ein echter Ausdruck des Zorns auf beiden Gesichtshälften praktisch gleich ausgeprägt. Nun ist es nicht so, dass künstliche Gesichtsausdrücke nur eine Hälfte des Gesichts abdecken würden, dass also die eine Gesichtshälfte
eines künstlich Zornigen völlig unbewegt bliebe. Nein, der Gefühlsausdruck ist durchaus auf dem gesamten Gesicht zu beobachten - allerdings ist er meist auf der einen Seite stärker ausgeprägt als auf der anderen. Er ist also asymmetrisch.
    Diese Asymmetrie kann nicht nur von links nach rechts, sondern auch von oben nach unten verlaufen. Ein Beispiel dafür ist der asymmetrische Gesichtsausdruck mit der größten Verbreitung: das künstliche Lächeln. Es soll dem Gesprächspartner vorgaukeln, dass man eine positive Emotion fühlt, obwohl nichts dergleichen der Fall ist.
    Vor über hundert Jahren führte der Franzose Guillaume Duchenne de Boulogne eine bizarre Untersuchung des menschlichen Gesichts durch: Er reizte die Gesichtsmuskeln seiner Versuchspersonen mit elektrischem Strom. Dabei - mit einem wenig beneidenswerten alten Schuhmacher als Testperson - analysierte er auch das Lächeln; noch heute wird das echte Lächeln nach ihm Duchenne-Lächeln genannt. Duchenne entdeckte einen Muskel, der die Mundwinkel nach oben zieht - den Jochbeinmuskel (Musculus Zygomaticus Major), den er »Muskel der Freude« nannte. An einem echten Lächeln ist daneben ein weiterer Muskel beteiligt: der

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