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Durchschaut - Das Geheimnis, kleine und große Luegen zu entlarven

Titel: Durchschaut - Das Geheimnis, kleine und große Luegen zu entlarven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Nasher
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Zeit als angeblicher Fürst Lahovary - und an die Geschenke, die er sich von seinen Feldzügen mitbrachte: »Als ich eine eigene Equipage und einen Diener hatte, der feierlich meine wappengekrönte Karte den Edelsteinhändlern in ihr Bureau brachte, verloren diese Hampelmänner weit über jede Erwartung den Kopf. Sie beeilten sich, ihren gesamten Vorrat an Steinen, ihr ganzes Hab und Gut, fast die Arbeit ihres Lebens in Bergen vor mir zur Auswahl aufzuhäufen; sie ließen mich in unbedingtem Vertrauen nach Belieben in diesen Schätzen herumwühlen und aussuchen und rieben sich vor Befriedigung heimlich die Hände, während ich ihnen dicht vor der Nase Stein auf Stein, Tausende um Tausende stahl.«
    Als »Fürst der Diebe« wird der 1871 in Rumänien geborene Manolescu berühmt - mit seinen ausgekochten Diebstählen erbeutet er insgesamt etwa 35 Millionen Mark. Zugleich bewegt er sich als vermeintlicher
Edelmann - gerne auch als »Herzog von Otranto« - parkettsicher in den illustren Salons der Belle Époque, immer mit einem Auge auf den nächsten Beutezug schielend. Wird er erwischt, spielt er vor Gericht den Geisteskranken und wird so lediglich des Landes verwiesen - was ihn nicht weiter beeindruckt.
    Schließlich geraten Manolescus spektakuläre Coups an die Öffentlichkeit: Er wird zum Star. Bei öffentlichen Auftritten erzählt er von seinen Abenteuern. Der Staatsanwalt und Schriftsteller Erich Wulffen schreibt einen an Manolescu angelehnten Roman mit dem Titel Der Mann mit den sieben Masken , Paul Langenscheidt gibt seine Memoiren heraus. Darin erklärt Manolescu das Erfolgsgeheimnis seiner Schwindeleien. Entscheidend sei vor allem eines: Verhalten und Körpersprache - insbesondere die Mimik - müssen im perfekten Einklang miteinander sein.
    So wichtig war ihm die perfekte Harmonie, dass er jahrelang vor einem Spiegelschrank in seiner schäbigen Pariser Wohnung probte, bevor er zum professionellen Dieb wurde. Dazu schreibt er: »Dieser Spiegelschrank war es, dem ich ganz wesentlich den Erfolg meiner späteren Unternehmungen verdanke. Ehe ich mich entschloss, zum Dieb und Abenteurer zu werden, hatte ich mich um diesen Spiegel nur gerade so weit gekümmert, als er mir für die Toilette nötig war; aber seitdem ich mich für mein neues Leben entschieden hatte, schloss ich ihn leidenschaftlich in mein Herz. Sollte er mir doch zu der Erkenntnis verhelfen, welchen natürlichen Ausdruck mein Gesicht in dieser Lage trug, wie ich ihn im gegebenen Augenblick entsprechend zu ändern und einen anderen an seine Stelle zu setzen hatte. Zu diesem Zwecke rückte ich, bevor ich zum Louvre, Bon Marché oder Printemps ging, einen Sessel vor den Spiegelschrank und stellte mir mit Hilfe meiner Fantasie vor, wie beispielsweise der Ausdruck meines Gesichtes sein müsste, wenn ich ein Warenhaus betrat, um irgendeinen Gegenstand zu entwenden. Ich gab meinen Zügen nun den geeigneten Ausdruck, verbesserte ihn beständig nach bestem Ermessen, gab ihn wieder auf und wiederholte den gedachten
Diebstahl hundertmal, bis jeder Zug der Maske, die ich für diesen bestimmten Zweck brauchte, sich untrüglich in mein Gehirn eingeprägt hatte. Ich werde freilich nicht sagen, wie der Ausdruck des Gesichts in solcher Lage sein muss, denn ich will nicht in den Verdacht kommen, Dieben und Hochstaplern hier Unterricht zu geben.«
    Dazu sollte es auch nicht mehr kommen: Manolescu starb - mittellos, aber frisch verlobt mit einer jungen Französin - erst siebenunddreißigjährig infolge eines Geschwürs.

»Man lügt wohl mit dem Munde; aber mit dem Maule, das man dabei macht, sagt man doch noch die Wahrheit.«
    FRIEDRICH NIETZSCHE

    III. DISHARMONIEN
    Wir befinden uns selbstverständlich auf der moralisch untadeligen Seite: Wir wollen nicht meisterhaft lügen, wir wollen das Lügen meisterhaft entlarven! Aber auch dabei können wir vom Meisterdieb Manolescu lernen - denn die sogenannte Disharmonie, die er so sehr fürchtete, ist eine der wirksamsten Waffen des Wahrheitssuchers.
    Lügen sind eine komplexe Angelegenheit - so komplex, dass der Lügner niemals alle Aspekte seines Auftretens, von der Stimme bis zur Körpersprache, perfekt steuern und aufeinander abstimmen kann. Aus diesem Grund treten bei Lügnern - wenn sie nicht jahrelang vor dem Spiegel geübt haben - häufig Disharmonien auf: Das Verhalten passt einfach

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