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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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sagt Pa. Die Sterne haben mir gesagt, dass du unglücklich bist, Sohn. Er legt Lugh die Hand auf den Arm. Lugh schüttelt sie so heftig ab, dass Pa nach hinten stolpert.
    Du bist ja verrückt, weißt du das? Lugh schreit es ihm mitten ins Gesicht. Die Sterne haben dir gesagt! Warum hörst du nicht einfach bloß ein Mal auf das, was ich sag?
    Er rennt davon. Ich kletter hastig die Leiter runter. Pa starrt zu Boden, er lässt die Schultern hängen.
    Ich versteh das nicht, sagt er. Ich seh Regen kommen … Ich seh’s in den Sternen, aber dann … kommt er nicht. Warum nicht?
    Schon gut, Pa, sagt Emmi. Ich helf dir. Ich leg sie da hin, wo du sie haben willst. Sie krabbelt auf allen vieren rum und sammelt die Stöckchen ein. Dann guckt sie zu ihm hoch und lächelt bang.
    Lugh hat’s nicht so gemeint, Pa, sagt sie. Das weiß ich genau.
    Ich geh einfach an ihnen vorbei.
    Ich weiß, wo Lugh hinwill.

    I ch find ihn in Mas Steingarten.
    Er sitzt auf der Erde, mitten in den verschlungenen Mustern aus Quadraten, Kreisen und kleinen Wegen, jedes aus einer anderen Sorte Stein, jeweils in einer anderen Farbe und Größe. Ma hat jeden einzelnen Stein eigenhändig hingelegt. Keiner hat ihr dabei helfen dürfen.
    Bedächtig hat sie den letzten Stein an seinen Platz gelegt. Hat sich hingehockt, zu mir hochgelächelt und ihren großen Babybauch gestreichelt. Die langen goldenen Haare in einem Zopf über einer Schulter.
    Na, bitte! Siehst du, Saba? Schönheit kann’s überall geben. Sogar hier. Und wenn nicht, kannst du sie selbst machen.
    Am Tag danach hat sie Emmi geboren. Einen Monat zu früh.
    Ma hat zwei Tage lang geblutet, dann ist sie gestorben. Wir haben ihr einen hohen Scheiterhaufen gebaut und ihre Seele zurück zu den Sternen geschickt. Nachdem wir ihre Asche im Wind verstreut hatten, ist uns nur Em geblieben.
    Ein hässliches Würmchen mit einem Herzschlag wie ein Flüstern. Eher wie eine neugeborene Maus als wie ein Mensch. Eigentlich hätt sie nicht länger als ein, zwei Tage leben dürfen. Aber irgendwie hat sie durchgehalten, und sie ist immer noch da. Allerdings klein für ihr Alter, und mager.
    Ich hab es lange nicht mal ertragen können, sie anzusehen. Wenn Lugh sagt, ich soll nicht so streng zu ihr sein, sag ich, wenn Emmi nicht gewesen wär, wär Ma noch am Leben. Darauf weiß er keine Antwort, weil er weiß, dass ich recht hab. Aber er schüttelt immer den Kopf und sagt Sachen wie: Wird Zeit, dass du drüber wegkommst, Saba.
    Mittlerweile hab ich mich mit Emmi abgefunden. Aber mehr auch nicht.
    Jetzt setz ich mich auf die brettharte Erde, so dass ich mit dem Rücken an Lughs Rücken lehn. Ich mag es, wenn wir so sitzen. Dann kann ich seine Stimme dumpf in meinem Körper spüren, wenn er redet. So muss es gewesen sein, als wir noch zusammen in Mas Bauch gewesen sind. Nur dass wir da natürlich noch nicht geredet haben.
    So sitzen wir eine Weile da, schweigend. Dann:
    Wir hätten längst von hier weggehen sollen, sagt er. Es muss bessere Orte zum Leben geben als den hier. Pa hätt uns wegbringen sollen.
    Du gehst doch nicht wirklich weg, sag ich.
    Ach nein? Es gibt keinen Grund, hierzubleiben. Ich kann nicht einfach hier rumsitzen und warten, bis ich sterb.
    Wo willst du denn hin?
    Das ist mir egal. Irgendwohin, Hauptsache es ist nicht der Silverlake.
    Aber das kannst du nicht tun. Das ist zu gefährlich.
    Das will Pa uns weismachen. Dir ist doch wohl klar, dass wir in unserem ganzen Leben noch nicht weiter als einen Tagesmarsch weg gewesen sind. Wir bekommen nie jemanden zu Gesicht außer uns vieren.
    Das ist nicht wahr, sag ich. Was ist mit dieser verrückten Medizinfrau auf ihrem Kamel letztes Jahr? Und … wir sehen Potbelly Pete. Der hat immer ein, zwei Geschichten auf Lager – wo er gewesen ist und wen er gesehen hat.
    Ich red hier nicht von irgendso einem verlogenen Hausierer, der alle halbe Jahr mal vorbeikommt. Übrigens bin ich immer noch sauer wegen der Hose, die er letztes Mal versucht hat, mir anzudrehen.
    Die hat wirklich übel gestunken. Als ob ihr letzter Besitzer ein Stinktier gewesen wär. Hey, wart mal, du hast Procter John vergessen.
    Unser einziger Nachbar lebt zwölf Meilen von hier weg. Er ist ein Einzelgänger, Procter John heißt er. Er hat sich ungefähr um die Zeit, als Lugh und ich geboren worden sind, da niedergelassen. Einmal im Monat oder so kommt er vorbei. Richtig zu Besuch kommt er aber nicht. Er steigt nicht mal von seinem Pferd Hob ab, sondern hält nur kurz an der Hütte

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