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Dystopia

Dystopia

Titel: Dystopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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gegenseitig. Namen wurden genannt, darunter auch der von Audra Finn. Sie war gleich bei den ersten Razzien in Gewahrsam genommen worden und in den Medien zu derjenigen Figur avanciert, die dem Skandal ein Gesicht verlieh. Verständlich, das pikante Detail ihres vorgetäuschten Todes war einfach zu unwiderstehlich. Die Behörden hatten außerdem den dringenden Wunsch, auch Audras Ehemann näher zu befragen, doch er schien spurlos verschwunden zu sein.
    Streng juristisch betrachtet, hatte Präsident Currey mit Longbow und den gegen den Konzern laufenden Ermittlungen nicht das Geringste zu tun. Hunderte einflussreicher Leute in Washington aber, die nicht zu Finns engerem Kreis gehört hatten, erfuhren dennoch in allen Einzelheiten, woran Currey beteiligt gewesen war. Diesen Männern und Frauen, die auf allen Ebenen des Justizministeriums und sogar bei der CIA beschäftigt waren, fiel es nicht schwer, die volle Tragweite dessen zu erfassen, was beinahe geschehen wäre. Ein jeder und eine jede von ihnen konnten, wenn sie spätabends noch mal nach ihren schlafenden Kindern sahen, Currey für einen Menschen halten, der ihrem Nachwuchs nach dem Leben getrachtet hatte. Die Lage des Präsidenten war alles andere als rosig. Was ihm auch durchaus bewusst war.
    Drei Tage nach Beginn der Ermittlungen erklärte Currey seinen Rücktritt – am gestrigen Tag also. Vergleiche zur Watergate-Affäre waren zu dem Zeitpunkt längst verstummt: Die Staatskrise hier war weit ernster. Letzten Endes lief es darauf hinaus, dass die Regierung geschlossen ihren Rücktritt erklärte. Verfassungsrechtler wurden auf sämtlichen Nachrichtensendern rund um die Uhr dazu befragt, wie diese Krise am besten zu bewältigen war. Wer sollte jetzt die Amtsgeschäfte führen? Und wie sollte diese Person ausgewählt werden? Immerhin hatte der Kongress es geschafft, sich mit eindrucksvoller Mehrheit auf einen Kandidaten zu einigen, der diese Aufgabe vorübergehend übernehmen sollte: Richard Garner konnte aus dem Ruhestand ins Weiße Haus zurückkehren. Möglicherweise könnte er sogar die Amtszeit zu Ende führen, die er durch seinen Rücktritt vorzeitig beendet hatte, und 2012 könnten dann ganz regulär Präsidentschaftswahlen abgehalten werden. Kaum jemand hatte ernsthafte Einwände gegen diese Lösung, und zwei Stunden vor seinem Anruf bei Travis war Garner erneut als Präsident vereidigt worden.
    Nun musste nur noch das Problem der Satelliten selbst bereinigt werden. Sie hatten noch reichlich Treibstoff zur Lageregelung an Bord. Genug, um sie auf einen sogenannten Friedhofsorbit zu befördern, eine Umlaufbahn für ausgediente Satelliten, wo sie kein Unheil mehr anrichten konnten. Doch dann hatten fast alle, die in der Sache ein Wörtchen mitzureden hatten, für eine andere, radikalere Lösung optiert: Nun würden die verflixten Dinger zurück in die Atmosphäre befördert, um dort restlos zu verglühen.
    «Von Maui aus dürften Sie das Spektakel ganz gut verfolgen können», sagte Garner. «Der erste Wiedereintritt wird in ein paar Stunden zwischen Hawaii und den Marshall-Inseln erfolgen. Ungefähr die Hälfte der Dinger dürfte über diesem Gebiet verglühen, und in etwa zwanzig Stunden werden sie alle vernichtet sein.»
    «Ich habe schon ein Hotel dafür ausgeguckt», sagte Travis.
    «Reservierung für Rob Pullman?»
    «Seine letzte.»
    «Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf», sagte Garner, «sehen Sie zu, dass Sie in diesem Zimmer nicht allein übernachten.» Er lachte ironisch. «Aber wer bin ich, dass ich anderen Leuten Ratschläge zu erteilen hätte?»
    Sie verabschiedeten sich und beendeten das Telefonat.
     
    Travis mietete sich am Flughafen von Kahului einen Wagen, fuhr nach Westen zum Highway 30 und wandte sich darauf nach Süden. Er folgte der Straße im Uhrzeigersinn um die weit ausschwingende Westhälfte der Insel, während links von ihm der Pazifik im Abendsonnenschein erglänzte. Unterwegs kam er an gehobenen Wohngegenden und Ansammlungen von Hotels längs der Küste vorbei. Etwa auf halber Höhe der Westküste bog er von der Landstraße links ab und eine Viertelmeile später noch einmal. Er parkte vor dem Hyatt Regency Maui, stieg aus und folgte einem Fußpfad, der zum Strand hinunterführte. An der Stelle, wo der gepflasterte Weg endete und der Sandstrand anfing, blieb er stehen.
    Er hatte Paige mit einem Blick entdeckt. Sie saß allein auf einem Badetuch und starrte aufs Meer hinaus. Seine Gegenwart hatte sie noch nicht bemerkt.
    Travis

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