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Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Titel: Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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die rechte Hand gegeben.
    Die acht Orang-Utans warteten auf Hopp-Froschs Rat mit ihrem Erscheinen geduldig bis zwölf Uhr, bis der Saal von Masken gedrängt voll sein würde. Kaum jedoch war der letzte Schlag der Mitternachtsstunde verhallt, als sie hineinstürmten, vielmehr rollten, denn die hindernden Ketten rissen die meisten von ihnen zu Boden, und wer nicht fiel, stolperte.
    Das Entsetzen der Maskengesellschaft war ungeheuer und erfüllte das Herz des Königs mit Entzücken. Wie man vorausgesehen hatte, gab es unter den Gästen nicht wenige, die diese grimmig aussehenden Wesen, wenn auch nicht gerade für Orang-Utans, so doch für wilde Bestien hielten.
    Viele der Frauen wurden ohnmächtig vor Schreck, und wäre der König nicht so vorsichtig gewesen, das Waffentragen für diesen Abend zu verbieten, so hätten er und seine Gefährten den Schabernack wohl mit ihrem Blute büßen müssen. So aber trachteten alle nach den Türen. Der König hatte jedoch Befehl gegeben, sie gleich nach dem Eintritt der Affenbande abzuschließen, und einer Anregung des Zwerges gemäß, hatte man diesem selbst die Schlüssel ausgeliefert.
    Als der Tumult aufs höchste gestiegen und jeder Gast nur auf seine eigene Rettung bedacht war – denn das Gedränge war inzwischen lebensgefährlich geworden – hätte man sehen können, wie die Kette, die sonst den Kronleuchter trug und nach dessen Entfernung hinaufgezogen worden war, sich allmählich herabsenkte, bis ihr Haken nur noch drei Fuß überm Erdboden hing. Bald darauf geschah es, daß der König und seine sieben Freunde, nachdem sie den Saal nach allen Richtungen durchtaumelt hatten, sich schließlich in dessen Mittelpunkt und unmittelbar unter der Kette befanden. Als sie so standen, ergriff der Zwerg, der ihnen auf Schritt und Tritt gefolgt war und sie zu immer wilderem Gebaren angefeuert hatte, die Kette, an die sie gefesselt waren, genau an der Stelle, wo die beiden Diametrallinien zusammentrafen. Blitzschnell hängte er hier in das Mittelglied den Kronleuchterhaken ein, und augenblicklich wurde durch eine unsichtbare Kraft die Kette so hoch hinaufgezogen, daß der Haken nicht mehr erreichbar war. Diese Aufwärtsbewegung riß die Orang-Utans ganz nahe zusammen; sie standen Gesicht an Gesicht gedrängt.
    Inzwischen hatten die Maskengäste sich von ihrer Verblüffung erholt; sie begannen das Ganze als einen wohlvorbereiteten Scherz anzusehen und brachen über die sonderbare Situation der Affen in lautes Gelächter aus.
    »Überlaßt sie mir!«, kreischte jetzt Hopp-Frosch, mit seiner schrillen Stimme den ganzen Lärm übertönend. »Überlaßt Sie mir! Ich glaube ich kenne sie. Wenn ich sie mir nur einmal recht anschauen könnte, ich würde euch gleich sagen, wer sie sind!«
    Und über die Köpfe der Menge hinwegkriechend, gelangte er zur Saalwand, nahm einer der Karyatiden die Fackel aus der Hand, kehrte auf demselben Wege wie vorher in die Mitte zurück und sprang mit Affengeschwindigkeit dem König auf den Kopf und kletterte von da an der Kette hinauf. Ein paar Fuß über den Orang-Utans senkte er seine Fackel, leuchtete ihnen ins Antlitz und schrie von neuem: »Ich werde bald heraushaben, wer sie sind!«
    Und jetzt, während alle Anwesenden – die Affen mit einbegriffen – sich vor Lachen schüttelten, ließ der Spaßmacher einen schrillen Pfiff ertönen. Die Kette flog etwa dreißig Fuß empor und zog die bestürzten und um sich schlagenden Orang-Utans mit; da hingen sie nun zappelnd genau in halber Höhe des Saales. Hopp-Frosch, der sich an die Kette festgeklammert hatte, verharrte noch in derselben Stellung wie vorher. So als sei nichts geschehen, senkte er seine Fackel zu ihnen hinunter, als bemühe er sich, festzustellen wer sie seien.
    So völlig verblüfft war man von diesem plötzlichen Aufstieg, daß wohl eine Minute lang Todesstille herrschte. Da ertönte wieder das leise, scharfe, knirschende Geräusch, das dem König, als er Tripetta den Wein ins Gesicht schüttete, aufgefallen war. Jetzt aber konnte kein Zweifel darüber sein, wo der Laut herkam. Er kam von den Raubtierzähnen des Zwerges, es war ein Knirschen aus seinem schäumenden Mund. Sein Blick flammte mit dem Ausdruck wahnsinniger Wut in die aufwärts gewendeten Gesichter des Königs und seiner sieben Gefährten.
    »Aha!« sagte der Spaßmacher. »Aha! Ich fange an zu begreifen, wer diese Leute sind!« Und wie um den König heller zu beleuchten, näherte er die Fackel dem Pelz, in dem jener steckte, so daß

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