Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk
sein ganzes Tag. Ich mir geschnitten haben großes Stock und wollen schlagen, wann ihm zurückkommen. Aber ich solches Narr – nachher nicht haben gekonnt – ihm so elend aussehen.«
»Wie? – Was? – Nun ja, ich meine, du solltest nicht gar zu streng gegen den armen Jungen sein – nicht schlagen, Jupiter – er kann es nicht gut vertragen. Aber hast du gar keine Ahnung, was die Ursache ist für diese Krankheit – oder vielmehr für dieses veränderte Benehmen? Ist irgend etwas Unangenehmes geschehen, seit ich euch zuletzt sah?«
»Nein, Massa, da sein gewesen nichts Schlimmer seitdem – es waren vorher, ich fürchten – an das Tag, wo du bei uns waren.«
»Wie? Was willst du damit sagen?«
»Nun, Massa, ich meinen das Käfer. Da, nun wissen du!«
»Das – was?«
»Das Käfer – ich wissen ganz gewiß, Massa gebissen sein, wo am Kopf von das Goldkäfer.«
»Und was für einen Grund hast du für deine Annahme, Jupiter?«
»Klauen genug, Massa, und Maul auch. Ich nie haben gesehen so ein verdammtes Käfer – es stoßen und beißen alles, was ihm nahe kommen. Massa Will es packen – aber schnell wieder loslassen – das waren die Zeit, wo es ihm gebissen. Ich selbst nicht haben wollen gucken auf Maul von das Käfer oder sonst – und nicht haben wollen fassen mit meines Finger – aber es packen mit Papier, das da sein gelegen. Ich das Käfer wickeln in Papier und stopfen ihm dann Stückchen in Maul. So wir haben gemacht.«
»Und du meinst also, daß dein Herr wirklich von dem Käfer gebissen worden sei und daß der Biß ihn krank gemacht habe?«
»Ich nicht meinen – ich wissen. Warum über Gold so viel träumen, wann ihm nicht gebissen von das Goldkäfer? Ich schon viel gehört über das von Goldkäfer.«
»Doch woher weißt du, daß er von Gold träumt?«
»Woher ich wissen? Ja, weil ihm sprechen davon im Schlaf – daher ich wissen.«
»Nun, Jup, vielleicht hast du recht; doch welch glücklichem Umstand muß ich die Ehre deines heutigen Besuches zuschreiben?«
»Was sagen Massa?«
»Bringst du mir irgendwelche Botschaft von Herrn Legrand?«
»Nein, Massa, ich bringen das hier.« Und hier überreichte Jupiter mir ein Briefchen, das so lautete:
»Mein lieber ...!
Warum habe ich Sie so lange nicht gesehen? Ich hoffe doch, daß Sie nicht etwa über irgendeine kleine Schroffheit von mir beleidigt sind. Doch nein, das ist unwahrscheinlich.
Seit ich Sie zuletzt sah, habe ich viel Grund zu Besorgnis. Ich habe Ihnen etwas zu sagen, weiß jedoch kaum, wie ich es sagen soll, noch ob ich es überhaupt sagen soll.
Ich bin seit einigen Tagen nicht ganz wohl, und der gute alte Jup quält mich fast unerträglich mit seiner wohlgemeinten Überwachung. Ist es zu glauben: Er hatte neulich einen großen Stock geschnitten, um mich durchzuprügeln, weil ich ihm ausgerissen war und den Tag solo in den Bergen auf dem Festland verbrachte. Ich glaubte tatsächlich, daß nur mein schlechtes Aussehen mir die Prügel ersparte.
Ich habe seit unserem letzten Beisammensein nichts Neues für meine Sammlung gefunden.
Wenn Sie können, kommen Sie mit Jupiter herüber – machen Sie es irgendwie möglich. Sie müssen kommen! Ich möchte Sie noch heute abend in wichtiger Angelegenheit sprechen. Ich versichere Ihnen, daß sie von größter Wichtigkeit ist.
Stets der Ihre
William Legrand«
Im Ton dieses Briefes lag etwas, das mir große Unruhe machte. Sein ganzer Stil wich stark von Legrands sonstiger Schreibweise ab. Was war es nur, wovon er träumte? Von welch neuer Grille war wohl sein leicht erregbares Hirn erfaßt? Welche Angelegenheit »von größter Wichtigkeit« konnte er zu erledigen haben? Jupiters Bericht über ihn prophezeite mir nichts Gutes. Ich befürchtete, die andauernd unglücklichen Verhältnisse meines Freundes hätten diesen schließlich um den Verstand gebracht. Ich bereitete mich also ohne Zögern vor, den Neger zu begleiten.
Kapitel 2
Als wir den Strand erreichten, sah ich unten im Boot, das uns zur Insel hinüberführen sollte, eine Sichel und zwei Spaten liegen, alle drei Gegenstände anscheinend ganz neu.
»Was sollen die Sachen, Jup?« fragte ich.
»Es sein Sichel und Spaten, Massa.«
»Sehr richtig; aber was sollen sie da?«
»Sein das Sichel und Spaten, was ich kaufen müssen für Massa – ich haben verteufelt viel Geld dafür geben.«
»Aber im Namen von allem, was geheimnisvoll ist, was will denn dein Massa Will mit Sichel und Spaten?«
»Das sein mehr, als ich wissen – und
Weitere Kostenlose Bücher