Ponyhof kleines Hufeisen - 02 - Max braucht ein Zuhause
Der geheimnisvolle Schecke
Sabine lehnte am Koppelzaun. Sie war in einer halben Stunde mit ihrer Freundin Michaela zum Reiten verabredet, aber sie war absichtlich etwas früher gekommen. Sabine liebte es, den Pferden auf der Koppel zuzuschauen. Da grasten die beiden Haflinger Lauser und Sternchen, neben ihnen döste der Islandschecke Skjoni, und unter dem Birnbaum stand Sörli mit den beiden Großpferden Melissa und Gustav. An der Ostseite der Weide vertrieben sich der Schimmel Glofaxi und die hübsche Wolkenmähne die Fliegen aus dem Gesicht.
Wolkenmähne! Die erdfarbene Stute mit der silberweißen Mähne, deren Fell in der Sonne manchmal wie Gold leuchtete, war Sabines Lieblingspferd. Und nicht nur das! Seit kurzem hatte Sabine auch eine Reitbeteiligung; und sie durfte Cornelia, der Leiterin des Ponyhofs Kleines Hufeisen, bei der Ausbildung helfen. Wolkenmähne war eingeritten aus Island gekommen, aber die sensible Stute war schreckhaft und nervös. Cornelia vermutete, daß sie mit zu groben Methoden eingeritten worden war. Nun brauchte sie viel Liebe und Zuwendung, um wieder Vertrauen zu Menschen zu bekommen.
„Hallo! Sabine, warte auf mich!“ Michaela kam vom Hof her mit drei Halftern zur Koppel. Das schmale, scheue Mädchen hatte sich in den letzten Monaten sehr verändert. Wolkenmähne gehörte ihr, sie war Michaelas Pferd, und Sabine konnte sich noch gut an die Zeiten erinnern, als sie das blonde Mädchen nicht hatte leiden können. Beinahe wäre Wolkenmähne damals nach einem Reitunfall an einen skrupellosen Turnierreiter verkauft worden. Aber Sabine und Michaela hatten sich miteinander verbündet, und mit Cornelias Hilfe war es ihnen gelungen, den Verkauf der Stute zu verhindern. Dann hatten sie sich immer besser kennengelernt, und allmählich waren sie Freundinnen geworden. Michaela war schüchtern und hatte vor Pferden Angst, aber gleichzeitig liebte sie die Tiere auch. In den letzten Monaten hatte sie viel gelernt, war im Umgang mit Wolkenmähne sicherer und geschickter geworden.
„Wir sollen Sörli mitbringen“, sagte Michaela jetzt und gab Sabine ein Halfter. „Cornelia telefoniert noch!“
Die Mädchen öffneten das Tor und gingen auf die Weide. Mit erhobenen Köpfen sahen die Pferde ihnen entgegen. Glofaxi wieherte leise und ging auf Sabine zu. Wolkenmähne folgte ihm nach kurzem Zögern. Wie anders das jetzt war! Vor ein paar Monaten war die scheue Stute beim Anblick eines Menschen mit einem Halfter in die entfernteste Ecke der Koppel geflohen - jetzt schnaubte sie zufrieden, als Michaela sie begrüßte und ihr das Halfter anzog.
Sabine führte Glofaxi und den braunen Sörli, Michaela ging mit Wolkenmähne hinterher. Am Tor mußten sie Lauser, den verspielten Haflingerwallach, davon abhalten, auch mitzugehen. Sabine schloß das Tor besonders sorgfältig, denn Lauser war sehr geschickt beim Öffnen von Türen und Riegeln.
Bald darauf putzten sie die Pferde. Cornelia fuhr Sörli mit langen Bürstenstrichen über den Rücken. Sabine mochte die junge Frau mit den kurzen, dunklen Haaren sehr. Cornelia liebte ihre Pferde und versorgte sie gut. In ihrer kleinen Reitschule mußte kein Pferd mehr als einige
Stunden am Tag arbeiten, den Rest der Zeit verbrachten die Tiere auf der Weide, wo sie nach Belieben ihren Unterstand aufsuchen konnten.
Sabine gurtete vorsichtig an, sie wußte, daß ein zu plötzliches Anziehen des Sattelgurtes den Pferden Schmerzen verursachte.
Cornelia stellte die Bügel auf die richtige Länge ein. „Seid ihr soweit?“ fragte sie.
Die Mädchen nickten.
Im Gelände ritt Michaela Glofaxi. Der Schimmel war ein sehr zuverlässiges Pferd, er war die Ruhe selbst und erschrak nicht einmal vor ratternden Traktoren. „Wohin geht es heute?“ fragte Michaela, als sie in den Sattel stieg.
Cornelia zögerte. „Wir könnten zur alten Mühle reiten“, erklärte sie dann.
Ein paar Kilometer führte der Weg am Moor entlang, eine Strecke, die alle gern ritten.
„Da waren wir schon lange nicht mehr“, Sabine setzte den Fuß in den Steigbügel. Sörli stand ganz ruhig, er wußte genau, daß er erst auf Sabines Hilfen hin antreten sollte.
Cornelia ritt alle ihre Schulpferde in regelmäßigem Abstand selbst, um zu verhindern, daß sie schlechte Gewohnheiten annahmen oder gar von den Anfängern verritten wurden. Und diese Zuwendung merkte man ihren Pferden an - keines war abgestumpft oder gar hart im Maul. Cornelia sorgte auch bei ihren Reitschülern für Abwechslung. Meistens
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