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Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk

Titel: Edgar Allan Poe - Das gesamte Werk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Allan Poe
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gewesen. Es schien mir, als habe irgendein Zufall – sagen wir mal der Verlust eines Schriftstückes, das genaue Angaben über den Ort des Verstecks enthielt – ihm die Möglichkeit einer Wiederauffindung genommen und als sei dieser Umstand seinen Spießgesellen bekanntgeworden; sonst hätten diese wohl niemals von einem vergrabenen Schatz gehört und durch ihre vergeblichen Versuche einer Wiederauffindung und ihre diesbezüglichen Gespräche Veranlassung zu den Gerüchten gegeben. Haben Sie je davon gehört, daß an der Küste ein Schatz ausgegraben worden sei?«
    »Nein, nie.«
    »Daß aber Kidds geraubte Schätze enorm gewesen sein müssen, ist wohl bekannt. Ich hielt es also für gewiß, daß sie noch in der Erde ruhten; und es wird Sie wohl nicht weiter wundern, wenn ich Ihnen sage, daß ich die bestimmte Hoffnung hegte, das auf so seltsame Weise in meinen Besitz gelangte Pergament enthalte den verlorenen Bericht über den Ort, wo der Schatz verborgen liege.«
    »Doch was taten Sie nun?«
    »Ich fachte das Feuer stärker an und hielt das Pergamentstück wieder dagegen; aber es kam nichts zum Vorschein. Da kam mir der Gedanke, die Schmutzkruste, mit der das Blatt wie überzogen war, könne mit dem Fehlschlagen meiner Erwartungen in Zusammenhang stehen; ich übergoß also das Pergament behutsam mit warmem Wasser, legte es dann, den Totenkopf nach unten, in eine zinnerne Pfanne und stellte diese auf ein glühendes Kohlenbecken. Als die Pfanne nach einigen Minuten heiß war, nahm ich das Blatt heraus und fand es zu meiner unaussprechlichen Freude hie und da mit reihenweise angeordneten Zeichen bedeckt. Wieder legte ich es in die Pfanne und ließ es noch eine Minute darin. Als ich es diesmal herausnahm, war das Ganze so, wie Sie es jetzt hier sehen.«
    Legrand, der inzwischen das Pergamentblatt erhitzt hatte, reichte es mir. Zwischen dem Totenkopf und der Ziege waren in roter Tinte und ungefüger Schrift folgende Zeichen zu sehen:
    5 3 † † + 3 0 5 ) ) 6 * ; 4 8 2 6 ) 4 † . ) 4 † ) ; 8 0 6 * ; 4 8 + 8 II 6 0 ) ) 8 5 ; 1 † ( ; : † * 8 + 8 3 ( 8 8 ) 5 * + ; 4 6 ( ; 8 8 * 9 6 * ? ; 8 ) * † ( ; 4 8 5 ) ; 5 * + 2 : * † ( ; 4 9 5 6 * 2 ( 5 * – 4 ) 8 II 8 * ; 4 0 6 9 2 8 5 ) ; ) 6 + 8 ) 4 † † ; 1 ( † 9 ; 4 8 0 8 1 ; 8 : 8 † 1 ; 4 8 + 8 5 ; 4 ) 4 8 5 + 5 2 8 8 0 6 * 8 1 ( † 9 ; 4 8 ; ( 8 8 ; 4 ( † ? 3 4 ; 4 8 ) 4 † ; 1 6 1 ; : 1 8 8 ; † ? ;
    »Nun«, sagte ich, ihm das Blatt wieder hinreichend, »ich bin um kein Haar klüger als zuvor. Und wenn meiner nach Lösung dieses Rätsels alle Juwelenschätze Golkondas warteten – ich bin gewiß, sie nicht gewinnen zu können.«
    »Und doch«, sagte Legrand, »ist die Lösung durchaus nicht so schwierig, wie Sie bei flüchtigem Betrachten annehmen könnten. Die Zeichen bilden, wie jeder leicht erraten wird, eine Geheimschrift – ich meine, sie enthalten einen Sinn. Aber nach alledem, was von Kidd bekannt ist, konnte ich ihm nicht die Fähigkeit zuschreiben, eine wirklich schwer enträtselbare Geheimschrift zu erfinden. Ich nahm also ohne weiteres an, daß sie recht einfach sein müsse – doch immerhin derart, daß sie dem ungebildeten Seemann ganz unverständlich erscheinen müsse, solange der Schlüssel dazu fehlte.«
    »Und Sie fanden ihn wirklich?«
    »Unschwer; ich habe zehntausendmal dunklere Geheimschriften enträtselt. Die Umstände und auch eine Art Neigung gaben mir ein gewisses Interesse für derlei Rätsel, und mit Recht mag es bezweifelt werden, ob menschlicher Scharfsinn ein Rätsel ersinnen könne, das menschlicher Scharfsinn nicht durch Ausdauer zu lösen vermöchte. Ja, tatsächlich, nachdem es mir gelungen war, zusammenhängende und lesbare Schriftzeichen aufzudecken, maß ich der bloßen Schwierigkeit ihrer Entzifferung kaum noch Bedeutung bei.

Kapitel 4
    Im vorliegenden Fall – wie übrigens bei jeder Geheimschrift – galt die erste Frage der Sprache, in der die Schrift abgefaßt war; denn das Prinzip der Entzifferung, wenigstens soweit es die einfacheren Geheimschriften anlangt, steht mit gewissen Eigentümlichkeiten des entsprechenden Idioms im engsten Zusammenhang. Um nun die betreffende Sprache ausfindig zu machen, bleibt dem, der die Lösung versucht, nichts anderes übrig, als der Reihe nach mit jedem ihm bekannten Idiom den Versuch zu wagen. Bei der vorliegenden Schrift nun war ich durch das Namenszeichen aller Zweifel enthoben. Das Wortspiel ›Kidd‹ ist in keiner anderen Sprache als der englischen möglich. Ohne

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