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Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse

Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse

Titel: Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Beck
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frisst ganze Rinder, und er hatte schon vor einem Jahren seinen Stimmbruch. Und er rasiert sich jeden Morgen die Brust!«, sage ich.
    »Bestimmt hat er zu viele Hormone von den Zuchtrindern abbekommen.«
    »Es gibt Ärzte, die sich weigern, Vegetarier zu behandeln, wegen der Mangelerscheinungen!«
    »Wo hast du denn den Quatsch her?«
    »Internet.«
    Papa stöhnt und denkt ein paar Sekunden nach. Dann sagt er: »Die Rückentwicklung von Brusthaaren beim Menschen ist, genau wie das Ausbleiben von Weisheitszähnen, ein Zeichen fortschreitender Evolution. Es heißt nur, dass du in der Evolution viel weiter bist als, äh, Henk.« Er wünscht mir eine gute Nacht und verzieht sich.
    Klasse. Soll ich zu Henk gehen und sagen: ›Hey, ich bin evolutionär viel weiter als du?‹ Bringt nicht wirklich was, wenn er mir dann eine in die Fresse haut.
    Ich könnte am Montag einfach einen Allergieschock simulieren, vielleicht darf ich dann zu Hause bleiben.
    Obwohl.
    Muss man bei Allergien eigentlich Sport machen? Bestimmt kann ich mich ja befreien lassen. Nie wieder Leichtathletik! Nie wieder schwitzen! Ich google das gleich mal.

Dienstag, 23.8., 23:59 Uhr
    Sie empfehlen Ausdauersport. Und Schwimmen.
    Ich hasse Schwimmbäder.

Mittwoch, 24.8., 12:15 Uhr
    Papa hat sich vorhin beim Programmpunkt »Heuernte wie zu Großvaters Zeiten« mit der Sense ins Bein geschnitten und musste mit dem Krankenwagen abgeholt werden. Das war sehr aufregend und unheimlich spannend. Papa schrie wie am Spieß. Der Bauer verdrehte die Augen, rannte aber sofort zu ihm hin. Unterwegs zog er sich das Hemd aus und riss es in Streifen. Mit einem Streifen band er Papa das Bein ab. Einen anderen wickelte er um die Wunde. Gleichzeitig schaffte er es, den Notarzt mit dem Handy anzurufen und uns allen Anweisungen zu geben, was zu tun war.
    Ich glaube, der Bauer ist eine echt coole Sau.
    Seine Frau ist übrigens auch nicht übel. Ich durfte nicht mit im Krankenwagen fahren und sollte auf dem Hof warten. Sie machte mir einen Kaffee – zu Hause darf ich nie Kaffee trinken, weil, ist ja ungesund – und ein Schinkenbrot.
    »Aus dir soll doch mal was werden, Junge«, sagte die Bäuerin.
    »Darf ich hierbleiben?«, fragte ich sie voller Hoffnung. Mir war der Gedanke gerade erst gekommen: Ich könnte auf dem Hof helfen. Bestimmt würde ich dann eines Tages auch so eine coole Sau werden wie der Biobauer. Der hat nämlich ganz schön viele Muskeln. Das konnte ich sehen, als er sich das Hemd vom Leib gerissen hat. Ganz anders als Papa. Aber beim Dirigieren muss man sich ja auch nicht wirklich viel bewegen. Außerdem haben sie hier den leckersten Schinken und bestimmt auch großartige Schnitzel. Und an die Fliegen und den Gestank gewöhn ich mich mit der Zeit auch noch. Das Beste aber wäre: Ich müsste nie wieder in die Schule. Jedenfalls nichtin die, wo mich schon alle kennen und wo mich Henk »Mädchen« nennt. Ich könnte noch mal ganz von vorne anfangen und müsste keinen Blödsinn über Urlaube in Kalifornien erzählen. Und Jason könnte ich auch endlich vergessen. Und dann, eines Tages, würde ich mich unter meinem Namen auf Facebook anmelden, Constanze würde mich als Freund akzeptieren und mein cooles neues Leben bewundern.
    Vielleicht aber auch nicht.
    »Du kannst natürlich immer in den Ferien wiederkommen«, sagte die Bäuerin.
    »Nein, ich meine, für immer hierbleiben.«
    Sie lachte nur und legte mir noch ein paar Scheiben Schinken ohne Brot hin. Ich glaube, wäre sie nicht so alt (ich schätze mal, sie ist ungefähr so alt wie meine Mama, und die ist ja schon dreiundvierzig), ich hätte mich in sie verlieben können.

Mittwoch, 24.8., 19:15 Uhr
    Mama rief irgendwann vom Krankenhaus aus an und sagte: »Pack alles zusammen und ruf dir ein Taxi. Wir treffen uns in einer Stunde da, wo wir unser Auto geparkt haben.« Sie sagte mir die Adresse, und ich packte. Ehrlich gesagt hatte ich so gar keine Lust zu packen, weil, hierbleiben wäre doch wirklich eine echte Option, oder? Und diese Kompostklos sind eigentlich ganz cool, wenn man mal drüber nachdenkt.
    Die Bäuerin half mir beim Packen, ihr Mann organisierte das Taxi, und meine Eltern warteten beim Auto.
    Papa haben sie genäht und eine Tetanusspritze gegeben. Er regt sich total auf und erzählt Mama: »Der Arzt hat die ganze Zeit fies gegrinst, und die Krankenschwestern haben gekichert!«
    »Ach, das hast du dir eingebildet«, sagt Mama und fährt los.
    »Nein, sie haben sich lustig über mich gemacht. So von

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