Ehrensache
in der Mitte. Rebus ging
zurück und warf einen letzten Blick hinein. Der Kuhkopf an der Wand über dem Bett hatte Feuer
gefangen und brannte knisternd. Rebus packte den Türgriff, zog die Tür zu und dankte dabei Gott,
dass er sie vorhin nicht aus den Angeln getreten hatte...
Mit einiger Mühe gelang es ihm, Steele auf die Beine zu stellen. Sein Gesicht war voller Blut,
ein Auge zugeschwollen. Das andere Auge tränte. Papier fiel ihm aus dem Mund, als er versuchte zu
sprechen. Rebus bemühte sich, die Knoten zu lösen, gab aber rasch auf. Es war eine Spezialschnur
für Heuballen, und die Knoten waren extrem fest. Gott, tat ihm der Kopf weh. Er wusste gar nicht,
warum. Er hob den größeren Mann auf seine Schulter und begann, die Treppe hinunterzugehen.
In diesem Moment gelang es Steele, das restliche Papier auszuspucken. Seine ersten Worte waren:
»Ihre Haare brennen!«
Und das taten sie auch, und zwar im Nacken. Rebus klopfte sich mit der freien Hand auf den Kopf.
Sein Hinterkopf fühlte sich an wie knusprige Cornflakes. Und noch etwas: Es brannte wie
Feuer.
Sie waren jetzt am Fuß der Treppe angekommen. Rebus lud Steele auf dem Fußboden ab und richtete
sich auf. In seinen Ohren rauschte eine ganze Meeresbrandung, und ihm wurde einen Moment schwarz
vor Augen. Sein Herz hämmerte im Rhythmus der Rockmusik. »Ich hol ein Messer aus der Küche«,
sagte er. Als er in die Küche kam, sah er, dass die Hintertür weit offen stand. Von draußen kamen
Geräusche, Rufe, aber undeutlich. Dann kam eine Gestalt herangestolpert. Es war Moffat. Er hielt
sich mit beiden Händen die Nase, hatte sie wie eine Schutzmaske darüber gelegt. Blut floss ihm an
den Handgelenken und am Kinn herunter. Er hob die Hände, um zu sprechen.
»Der Dreckskerl hat mir den Kopf gegen die Nase geknallt.« Kleine Blutstropfen spritzten von
seinen Lippen und aus den Nasenlöchern. »Mir den Kopf gegen die Nase geknallt!« Es war
unüberhörbar, dass er das nicht für fair hielt.
»Sie werden's überleben«, sagte Rebus.
»Der Sergeant ist hinter ihm her.«
Rebus zeigte hinter sich in den Flur. »Steele ist da drinnen. Suchen Sie ein Messer und schneiden
Sie ihn los, und dann nichts wie raus hier.« Er lief an Moffat vorbei durch die Hintertür nach
draußen. Das Licht aus der Küche fiel nur auf die unmittelbare Umgebung, dahinter war alles
dunkel.
Er hatte die Taschenlampe im Schlafzimmer fallen lassen und verfluchte sich nun dafür. Doch als
seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, überquerte er die kleine Lichtung und lief in
den Wald.
Jetzt nur ruhig Blut. Er bewegte sich vorsichtig zwischen Baumstämmen, Büschen und Schößlingen
hindurch.
Gestrüpp hakte sich an ihm fest, doch das war lediglich lästig. Seine Hauptsorge war, dass er
keine Ahnung hatte, wohin er lief. Das Gelände stieg leicht an, so viel konnte er feststellen.
Solange er der Steigung folgte, würde er zumindest nicht im Kreis herumirren. Sein Fuß blieb
irgendwo hängen, und er stieß gegen einen Baum. Sein Hemd war klatschnass. Seine Augen brannten
immer noch von dem Rauch und nun auch noch von dem Schweiß, der ihm aus allen Poren quoll. Er
blieb stehen und lauschte.
»Jack! Seien Sie nicht töricht! Jack!«
Das war Knox. Weiter oben. Ein gutes Stück von ihm entfernt, aber nicht unmöglich zu erreichen.
Rebus holte tief Luft und eilte weiter. Wundersamerweise hörte der Wald plötzlich auf, und er
gelangte auf eine größere Lichtung. Das Gelände schien jetzt stärker anzusteigen, und auf dem
Boden wucherten Farne, Stechginster und anderes stachliges Buschwerk. Dann sah er ein Licht
aufblitzen.
Knox' Taschenlampe. Ein ganzes Stück rechts von ihm und etwas höher. Rebus fing an zu laufen. Er
hob die Beine hoch, um dem schlimmsten Gestrüpp zu entgehen.
Trotzdem zerrte ständig irgendwas an seinen Hosenbeinen, strich über seine Knöchel, stach und
kratzte ihn. Dann gab es mit kurzem Gras bewachsene Stellen, auf denen er schneller vorwärts kam
- oder schneller vorwärts gekommen wäre, wäre er jünger und fitter gewesen. Vor ihm bewegte sich
die Taschenlampe im Kreis: Es war klar, was das bedeutete: Knox hatte sein Opfer verloren. Statt
nun weiter auf den Lichtstrahl zuzugehen, bewegte Rebus sich von ihm weg. Wenn es mit nur zwei
Männern möglich war auszuschwärmen, dann würde Rebus dafür sorgen, dass sie das auch taten, um
den Suchradius zu erweitern.
Als er oben auf der Anhöhe ankam, wurde das Gelände wieder
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