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Ehrenwort

Titel: Ehrenwort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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wollte er als Erstes eine hochwertige Schlafcouch anschaffen. Was der Verkauf des Dossenheimer Hauses wohl einbrachte? Er würde demnächst Kontakt mit einem Makler aufnehmen.
    Max war für den Sonntagsbesuch beim Großvater vorgesehen, die Eltern hatten beide keine Zeit. Auf dem Flur traf er eine kräftig gebaute Krankenschwester, die ihm auf die Schulter klopfte.
    »Na, junger Mann«, meinte sie, »in deinem Alter macht man nicht so ein trübsinniges Gesicht! Ich sage immer: Kopf hoch, auch wenn der Hals nicht gewaschen ist!«
    Max fuhr unwillkürlich mit der Hand unter seinen Kragen.
    Aber sie war noch nicht fertig: »Ehrlich gesagt, sind wir froh, wenn euer Opa unser gastliches Haus endlich verlässt. Nach einer Narkose benehmen sich einige der Senioren wie im Bordell.«
    Max erstarrte. Sein feiner Großvater, der Griechisch und Latein sprach? War das ein Witz? Wie meinte sie das?
    »Er zwickt die Putzhilfe in den Hintern und begrabscht das weibliche Pflegepersonal«, erklärte sie. »Und versuchen Sie erst mal, ihn zu füttern! Wir haben bei Gott keine Zeit dafür. Den Tee muss er nicht unbedingt trinken, wir haben ihn heute bereits an den Tropf gehängt.«
    Auf dem Serviertisch stand eine zugedeckte Schüssel. Max hob den Deckel ab und roch an der lauwarmen Linsensuppe. Sein Großvater schlief, blinzelte aber ein wenig, als Max mit dem Löffel klapperte. Inzwischen wusste Max, wie man den Patienten in Sitzstellung brachte, stopfte ihm die Serviette in den Ausschnitt und versuchte, ihm einen Löffel Suppe einzuflößen. Der Alte presste die Lippen fest aufeinander.
    Besonders gut schmeckte Max das fade Linsengericht zwar nicht, aber er aß alles auf.
    »Worauf hättest du denn Lust, Opa?«, fragte er.
    »Vanillepudding«, hauchte der Alte.
    »Kopf oder Schwanz?«, fragte Max und bemerkte, dass der Sterbende ein klein wenig lächelte.
    »Wenn du erst bei uns bist, kriegst du jeden Tag einen großen Pudding für dich allein«, versprach Max.
    Sein Großvater reagierte zwar nicht mit lautem Jubel, nickte aber zustimmend. Dann schloss er die Augen, drehte sich zur Wand und schlummerte wieder ein. Schon halb im Traum murmelte er: »Willst du schon gehen, Ilsebill?«
    Max öffnete die Nachttischschublade und wühlte darin herum. Kreuzworträtsel, der Ehering, Papiertaschentücher, die sein Großvater eigentlich hasste, Nasensalbe, die Brieftasche mit Führerschein, Ausweis und Kreditkarte. Außerdem der Schlüssel für den Safe.
    Am Abend räumte Max alles Geld aus dem kleinen Tresor - insgesamt etwa 3000 Euro. Er war sehr erleichtert, dass er für die nächste Zeit seine Ratenzahlungen pünktlich leisten konnte. Vielleicht gelang es ihm sogar, mittels der Kreditkarte Geld vom Konto seines Großvaters abzuheben, selbst wenn er vorläufig die Geheimzahl nicht kannte. Es war ja auch kein richtiger Diebstahl, denn er würde demnächst die gesamte Pflege übernehmen, und dafür stand ihm ein angemessenes Gehalt zu.

    Petra staunte über die vielen hässlichen und sperrigen Gegenstände, die man am Montag in das Zimmer ihrer Tochter schleppte. Der Angestellte des Sanitätshauses, der im Auftrag der Krankenkasse die Leihgaben verwaltete, erklärte ihr die Funktionen des Pflegebettes.
    »Der Lattenrost hat mehrere Möglichkeiten zur Hochlagerung. Die Höheneinstellung der gesamten Liegefläche kann elektrisch verstellt werden, die Seitengitter können zur Sicherung hochgezogen werden. Schließlich dient der Triangelgriff, auch Galgen genannt, zum selbständigen Hochziehen des Kranken...«
    Petra ließ sich auch die Bedienung von Badewannenlift, Gehhilfe und fahrbarem Toilettenstuhl zeigen. Zum Glück hatte sie bereits am Vormittag gemeinsam mit Max Mizzis Bett und andere Möbelstücke in den Keller geschleppt, denn das hübsche Balkonzimmer sah jetzt schon aus wie ein vollgestopftes Warenlager. Sie hätte heulen können.
    Vor allem aber ärgerte sie sich über ihren Mann. Nach stundenlangem Herumtelefonieren hatte er schließlich in einem Hospiz Erfolg, wo man seinen Vater sofort aufnehmen konnte. Allerdings hatte die Sache einen entscheidenden Haken - eine Entfernung von etwa 200 Kilometern. Petra und Max hatten so heftig protestiert, dass Harald aus der Haut fuhr. Sie sollten ihm gefälligst den Buckel runterrutschen, hatte er geblafft, aber auf keinen Fall erwarten, dass er sich an der Pflege des Alten beteiligen werde.
    Max dagegen machte Pläne, wie er dieses Zimmer einrichten wollte, wenn sein Opa demnächst unter der

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