Eifel-Müll
»Bronski transportiert alles. Drogen, Waffen, Autos, Antiquitäten, alles illegal. Ich transportiere für Hans Becker, für Andre Kleimann, für Dr. Grimm, für Herbert Giessen. Ist immer ein Teil legal, ist immer ein Teil illegal. Transportiere ich jeden Scheiß, egal, was kommt. Transportiere ich auch Gift nach Polen, schmeiße ich in Wald. Ist billiger, weißt du. Habe ich vorigen Monat Münzen transportiert, alte russische Münzen. Für zweieinhalb Millionen Dollar. Habe ich geklebt auf Sonnenblende. Für Hans Becker. Sage ich: ›Du lebst hier, du wirst der Abt genannt, du bist kriminelle« Er schnaufte heftig. »Sagt Becker: ›Alles zum Lobe des Herrn. ‹ – Na, ist das Wildwest? Becker schläft mit Natalie und zahlt. Frage ich: ›Fickst du zum Lobe des Herrn?‹ Wird er sauer, sagt er: Das geht dich nichts an, Pollack!‹« Er warf den Rest der Zigarette ins Gras. »Kleimann in Euskirchen hat meinen Truck finanziert. Der sagt: ›Ich finanziere dir den Truck. Du fährst das, was ich gefahren haben will.‹ – Ist das Wildwest? Das ist Wildwest, Baumeister! Und Herbert Giessen, Im- und Export in Bad Münstereifel, sagt: ›Kommt ein Bote nach Warschau, gibt dir ein Pfund rosa Diamanten aus Moskau, du höhlst Kürbis aus und kaufst eine ganze Ladung Kürbis. Wir schmeißen Kürbisse in Abfall und haben die Steinchen. ‹ Sage ich: ›Wenn ich erwischt werde, bin ich tot.‹ Sagt er: ›Na und?‹ – Ist das Wildwest? Und Grimm, die Sau. Sagt er: ›Wenn du wieder nach Polen kommst, bring mir eine Frau mit, ein schönes Schwein. ‹ Ich sage: ›Geht nicht. ‹ Er sagt: ›Du wirst das schon hinkriegen, Bronski.‹ Und ich kriege es hin. Und später sagt die Frau: ›Er war zweiundvierzig Stunden am Tag ein Perverser. ‹«
»Sie haben dich also ausgenutzt«, murmelte ich.
»Ja. Aber ich habe es so gewollt. Ich brauche das Geld. Ich habe vier Kinder, zwei haben Krebs, Blutkrebs. In Polen gibt es nicht diese guten Medikamente. Ich kaufe Medikamente. Schwarz für viel, viel Geld.«
Zuweilen wirken Geständnisse so trivial, dass es schwierig ist, sie jemandem zu verkaufen. Bronski war da reingerutscht. Die Herren hatten gewusst, was mit seinen Kindern war, und sie hatten es ausgenutzt, die frommen, christlichen Kaufleute.
»Was war mit Sven?«, fragte Bronski überraschend nach einigen Sekunden. »Selbstmord?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht werden wir es nie wissen.«
»Weißt du, wer der Mörder ist?«
Ich überlegte, ehe ich antwortete: »Du wirst es rechtzeitig erfahren.«
Jetzt kam das Tatütata der Ambulanz näher, begleitet von dem helleren Hörn der Polizei. Wir gingen zurück zu den anderen. Schminck und der Bruder von Bronski lagen dicht nebeneinander auf einer Decke. Der Pole rauchte eine Selbstgedrehte.
»Tut mir Leid«, sagte Bronski zu Schminck. »Habe ich Fehler gemacht.«
Schminck antwortete nicht.
»Er meint das ernst«, sagte ich.
Schminck lächelte ein wenig, es wirkte wie eine kleine Hoffnung.
ZWÖLFTES KAPITEL
Der Zwischenfall nagelte uns zwei Stunden am alten, abgebrannten Forsthaus in Bongard fest. Die beiden Streifenpolizisten, die als Erste aufgetaucht waren, machten Bekanntschaft mit einer echten Lebenskrise, als Rodenstock bedächtig zu Protokoll gab, er habe durchaus den Eindruck gehabt, als sei alles ganz friedlich verlaufen.
»Friedlich?« Die Stimme des Polizisten war nahe der Hysterie. »Da hat einer einen Oberschenkelschuss, der Zweite sieht aus, als wäre er ein paar Mal gegen mein Garagentor gelaufen, und Sie sagen ›friedlich‹?«
»Na ja«, entgegnete Rodenstock, »es hätte doch alles viel schlimmer kommen können.«
»Man muss auch erst mal abklären, ob hier überhaupt so etwas wie eine kriminelle Handlung stattgefunden hat«, ergänzte ich.
»Wie bitte?«, fragte der Zweite und erweckte den Eindruck, als durchlebe er einen Albtraum.
»Ich habe gehört, dass Herr Schminck es sich noch mal überlegen will, ob er überhaupt Anzeige erstattet. Das ist der, der ein paar Mal gegen Ihr Garagentor gelaufen ist«, erklärte ich.
»Aha. Und der mit dem Schuss im Oberschenkel hat wahrscheinlich nur mal seine eigene Wasserpistole ausprobiert, wie?«
»Tja«, meldete Bronski sich schüchtern. »Ich habe mich eben geirrt.«
»Was haben Sie? Und wer sind Sie überhaupt?«
In dieser Tonart ging es längere Zeit weiter, und ehe so etwas wie ein Protokoll zustande kam, waren die Beamten völlig entnervt und der Rest der Anwesenden sehr erheitert. Das Protokoll
Weitere Kostenlose Bücher