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Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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aus Berlin?«
    Emma schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts gesehen. Und wie geht es dir?« Sie musterte mich misstrauisch.
    »Er tritt gerade wieder in eine erdnahe Umlaufbahn ein«, ergriff Rodenstock bissig das Wort. »Er muss den Fall der Annegret machen.«
    »Du lieber mein Vater«, seufzte Emma. »Und? Wirst du das schaffen?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Wir werden sehen.«
    »Was ist eigentlich mit dir?« Zwischen ihren Augenbrauen stand eine tiefe Falte, und das war kein gutes Zeichen.
    »Irgendwas ist schief. Aber ich weiß nicht, was.«
    »Neulich war ich hier«, erinnerte sie sanft. »Ich habe dich zum Mittagessen nach Heyroth eingeladen. Punkt zwölf solltest du aufschlagen. Du hast ja, ja gesagt und mich sitzen lassen.«
    »Tut mir Leid.«
    »Wenn es vorbei ist, dann ist es gut. Aber du solltest vielleicht lernen, dich mitzuteilen. Du verkriechst dich in deinem Haus und die Welt draußen findet nicht mehr statt. Das ist nicht gesund. Es ist auch nicht sehr gesund, wenn ein Mann wie du ohne Frau lebt. Du kommst mir vor wie amputiert.«
    »Nicht so dicke!«, warnte Rodenstock.
    »Ist doch wahr«, schnaubte seine Frau empört. Aber immerhin setzte sie sich: »Bekommt man hier eigentlich keinen Kaffee?« Dann bemerkte sie Rodenstocks Brandy und fluchte: »Verdammt, es ist noch früh am Tag!«
    »Das Abendland geht mal wieder unter«, erwiderte Rodenstock ergeben. »Gehen wir in den Keller!«
    Wir mussten alle lachen und der Tag sah freundlicher aus.
    »Der Reihe nach«, formulierte ich. »Was machen wir mit Anni?«
    »Abwarten, was Horch feststellt«, bestimmte Emma.
    »Was machen wir mit Annegret?«, fragte ich weiter.
    »Ich werde hören, was Kischkewitz herausgefunden hat. Dann sehen wir weiter«, antwortete Rodenstock. Er war aufgestanden und lehnte sich an den Träger der Terrassenbedachung. Er starrte in den Garten, als sehe er Bilder, die wir nicht sehen konnten. Ich registrierte, dass Emma ihn sehr misstrauisch, angstvoll beinahe, beobachtete. Bei den beiden war irgendetwas nicht in Ordnung.
    »Ich mache euch ein Essen«, sagte Emma überbetont laut.
    » Spaghetti aglio e olio. In einer Stunde in Heyroth.«
    »Dann dusche ich jetzt den Dreck der Wochen weg und erscheine pünktlich.«
    Ich sah noch zu, wie sie meinen Hof verließen, und fühlte mich seltsam erleichtert. Ich konnte wieder wahrnehmen, dass die Sonne schien, hörte die Spatzen tschilpen und erinnerte mich daran, dass sie eine aussterbende Spezies waren. Dabei erschien mir eine Welt ohne Spatzen unmöglich.
    Ich stellte mich unter die Dusche, während mein Hund sich davor postierte und wüst zu bellen begann.
    Anschließend entdeckte ich, dass ich eine Woche lang dasselbe Hemd getragen hatte – das war das deutlichste Zeichen meiner lang anhaltenden Desorientierung. Wütend dachte ich: Alter Mann, du könntest mir eigentlich einen Fingerzeig geben, an welcher Stelle meines Daseins ich mich zum Idioten mache. Und als schnelle Reaktion auf diese Bitte flüsterte meine wund gescheuerte Seele: Nimm es dir nicht so übel, gelegentlich spinnen wir doch alle.
    Allerdings gab es einen Punkt, den ich als unentschuldbar empfand: Da verschwindet in unmittelbarer Nachbarschaft ein kleines Mädchen spurlos – und Baumeister nimmt es nicht einmal wahr.
    Gerade als ich das Haus verlassen wollte, schrillte das Telefon. Also trabte ich zurück und sagte brav: »Ja, bitte?«
    Ihre Stimme erweckte den Eindruck, als würde sie sich nur noch von hartem Schnaps und filterlosen Zigaretten ernähren. »Kann ich dich mal sprechen?«
    »Ja, sicher. Emma sagt, du seiest krank.«
    »Ja, etwas«, erwiderte Tante Anni. »Schenkst du mir ein paar Minuten …?«
    »Bin schon unterwegs.« Ich rief Emma an und riet ihr, die Spagetti noch nicht in der Topf zu werfen. Tante Anni ging vor, Tante Anni war Familie.
    Sie hatte sich bei Elke und Harry in der kleinen Einliegerwohnung einquartiert. Ihre Zelte in Berlin waren abgebrochen, ihr Haus verkauft, die Erinnerungen sehr frisch und nachhaltig in ihrer Seele aufgehoben. Sie schrieb viel. Keine Briefe, sondern irgendwelche geheimnisvollen Geschichten über ihr Leben. Sie füllte Briefblock um Briefblock und irgendwann hatte sie gescherzt, falls es ein Bestseller werden würde, bekäme ich zwanzig Prozent. Aber sie ließ niemanden etwas lesen und zuweilen warf sie wütend einen voll geschriebenen Block in den Papierkorb und tobte, sie sei nicht einmal mehr fähig, gewisse unangenehme Wahrheiten ihres Lebens

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