Eifelteufel - Kriminalroman
bisher allesamt abgelehnt worden. Den Frust darüber äuÃerte er in bissigen Bemerkungen über Land und Region, was ihm im Kollegenkreis nicht gerade Sympathien einbrachte. Gemeinsamen Aktivitäten, zu denen er in den ersten Monaten noch eingeladen worden war, hatte er sich stets strikt verweigert. Nein, Freunde hatte er keine hier in der Eifel, sah man von drei Ausnahmen ab. Fischbach und Sigrid zählten dazu. Sie hatten ihn in einer schwierigen Phase seines Lebens ganz selbstverständlich bei sich aufgenommen, ohne Fragen zu stellen. Bianca Willms hatte er bei der gemeinsamen Arbeit ebenfalls zu schätzen gelernt. Die anderen Kollegen jedoch hatten es wahrlich nicht einfach mit ihm. Wenn Bianca mit ihrer Bemerkung also den Finger in diese Wunde legte, dann zu Recht. Aber er konnte nicht aus seiner Haut. Vielleicht, so seine stumme Hoffnung, würde es Lars gelingen, ihn für die Eifel zu begeistern. Der liebte den hügeligen Landstrich und hatte bereits mehrmals vorgeschlagen, sein Kronenburger Domizil zum gemeinsamen Hauptwohnsitz zu machen. Nach anfänglichem Entsetzen bemerkte Welscher inzwischen, dass sein Widerstand mehr und mehr bröckelte. Sein Kölner Freundeskreis war mit dem Ende seiner letzten Beziehung ohnehin verschwunden und der Aufbau eines neuen bisher nicht gelungen. Dazu blieb neben der Arbeit in der Eifel nur wenig Zeit. AuÃerdem waren ihm die Lichter der GroÃstadt zu grell, zu aufdringlich geworden, was ihn selbst überraschte. Früher hatte er von dem berauschenden Nachtleben der Domstadt nicht genug bekommen können. Die wilden Partys, die Anonymität in den Darkrooms, die jährliche Parade zum Christopher Street Day und vieles mehr, was in der Eifel undenkbar war, hatte er bis zu seiner Versetzung euphorisch genossen. Gleichzeitig hatte sich der Reiz daran schleichend verflüchtigt. Inzwischen zog er einen gemeinsamen DVD -Abend mit Lars vor. Aber musste man deswegen direkt zurück in die Provinz ziehen? Dorthin, wo er in jungen Jahren von Gleichaltrigen gehänselt, gemobbt und wegen seiner Andersartigkeit sogar verprügelt worden war?
»Wir müssen rechtsrum.« Bianca Willms zog ihn sanft am Arm in die richtige Richtung. Vor ihnen gabelte sich der Weg, ein Schild wies nach links zur Ausfahrt.
»Stimmt, ich wäre glatt weiter dem Hauptweg gefolgt. Danke.«
Sie legte ihre freie Hand auf seinen Unterarm. »Guido hätte nicht gewollt, dass du dich seinetwegen grämst. Ich kannte ihn gut genug, um das sagen zu können.«
»Ja, okay«, sagte Welscher. Sie darauf hinzuweisen, dass seine Gedanken in den letzten Minuten gar nicht dem verstorbenen Kollegen gegolten hatten, verkniff er sich.
Die Baumwipfel über ihnen rauschten, und der Wind, der hier über die Kuppe strich, kühlte ein wenig ihre erhitzte Haut.
Fischbach, der ein paar Schritte vor ihnen ging, fummelte konzentriert an seinem Handy herum. Er hob den Arm und hielt es in die Luft. »Tatsächlich! Ein Netz«, bemerkte er halblaut.
»Als ich Guido das erste Mal begegnet bin, habe ich mir schon gedacht, dass es mal so kommen wird«, sagte Welscher. »Eine Kippe nach der anderen. Das konnte nicht gut gehen.«
»Ja. Sein Körper hat ihm das auch deutlich signalisiert, die raue Stimme, die graue Hautfarbe.« Bianca lachte bekümmert. »Er glich einem Hutzelmännchen.«
»Einem was?«
Sie schmiegte sich an ihn. »Stell dir einen winzigen alten Zwerg vor. Meine Oma erzählte uns immer Geschichten von dem Hutzelmännchen. Davon, wie es versuchte, die Kinder im Dorf zu übervorteilen, aber jedes Mal scheiterte, weil die Kinder so schlau waren.«
»Hört sich schön an.«
»Als ich Guido das erste Mal traf, kamen mir sofort die Geschichten meiner Oma in den Sinn.«
Der Weg beschrieb einen Bogen nach links.
»Es ging so schnell«, sagte Bianca Willms leise. »Gerade mal sechs Wochen.« Sie wischte sich mit dem Zeigefinger die Tränen aus den Augenwinkeln. »Mit siebenundfünfzig sterben. Das ist doch ungerecht.«
Welscher zog es vor zu schweigen. Gerechtigkeit und Tod waren für ihn Dinge, die nicht miteinander vereinbar waren.
Vor ihnen tauchte der Parkplatz auf.
»Zumindest konnte er sich von seinen Lieben verabschieden«, tröstete sich Bianca selbst.
Es werden nicht viele gewesen sein, dachte Welscher, ein Einzelgänger, wie er war.
Sie löste sich von
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