Eifelteufel - Kriminalroman
Makel anzuhaften, niemand wollte sich mit ihr abgeben.
Sabine seufzte.
Die Langeweile fraà sie auf.
Und diese blöden Namen. Warum konnten sie sich nicht mit ihren richtigen Namen anreden? Papa wurde jetzt von allen Magnus genannt, Mama hörte auf Viola.
Bescheuert.
Sabine dagegen wurde weiterhin bei ihrem Taufnamen gerufen. Weil sie noch ein Kind war. Obwohl sie genau das angesichts ihrer vierzehn Jahre in der Stadt immer bestritten hatte.
Dort war alles ganz anders gewesen als hier.
Sie hatten den GröÃeren nachgeeifert, hatten älter wirken wollen, erwachsener. Einige aus ihrer ehemaligen Klasse rauchten schon. Sie selbst hatte immerhin schon mal gepafft. Jungs waren bereits Thema, wenn Sabine auch nur so getan hatte, um nicht ausgegrenzt zu werden. Eigentlich zog es sie überhaupt noch nicht zum anderen Geschlecht hin. Sie verstand nicht, was ihre Freundinnen so an den pickligen Bubis faszinierte.
Hinter vorgehaltener Hand hatte Birgit, ihre beste Freundin, erzählt, schon was mit einem Jungen aus der Oberstufe gehabt zu haben. Das war gut möglich. Birgit hatte einen Vorbau wie Brigitte Bardot, durfte sich schminken und war fast so groà wie Papa. Die ging glatt für sechzehn durch.
Ãber Sabine, im Gebälk des Dachgeschosses, trippelten schnelle Schritte. Angewidert blickte sie zur Decke. Mäuse hatte es in der Stadtwohnung nicht gegeben. Dort war es auch nicht so kalt gewesen. Und sie hatten die Räume allein für sich gehabt, nur Papa, Mama und sie.
Hier auf dem Hof kam man sich dagegen vor wie im Kölner Hauptbahnhof.
Ihr Unterleib zog sich schmerzhaft zusammen. Sie krümmte sich und kreuzte die Arme darüber. Seit zwei Tagen kämpfte sie mit dem Bauchweh. Sicherlich vertrug ihr Darm das ganze Gemüse nicht, das hier jeden Tag auf den Tisch kam. Für Fleisch fehlte fast immer das Geld. So musste man ja krank werden.
Sabine rümpfte die Nase. »Bäh! Kommune.«
Wie sich das anhörte. Wie eine Krankheit.
Der Begriff wäre im medizinischen Nachschlagewerk bestimmt zwischen »Juckreiz« und »Laus« zu finden.
Sie kicherte und stellte sich vor, wie der Eintrag im Lexikon lauten würde: »Erwachsene laufen lächelnd herum, rauchen und trinken zu viel und meditieren den ganzen Tag.«
Ihr Kichern erstarb, als sie an die eine Sache dachte, die eigentlich auch noch mit in die Erläuterung musste. In den letzten vier Wochen, seit sie auf diesen Hof in der Eifel gezogen waren, hatte sie schon fünfmal irgendwelche Erwachsenen beim Sex erwischt. Was Sabine dabei immer noch verstörte: Die Pärchen hatten ungerührt weitergemacht. Kein abruptes Abbrechen, kein verschämtes Abdecken der nackten Leiber und keine Entschuldigungen. Es war fast so, als ob sie Spaà daran gehabt hätten, von Sabine erwischt worden zu sein.
Sie taten es zu allen Tages- und Nachtzeiten.
Wie die Kaninchen.
Immer wieder hörte Sabine mehr oder weniger verhaltenes Stöhnen.
Wie auch jetzt wieder.
Sie reckte den Hals, um besser hören zu können. Ihr Puls beschleunigte sich, was sie verwirrte. Bisher hatte es sie nie interessiert, was die Erwachsenen da trieben. Doch hier und jetzt spürte sie einen Sog, eine erregende Neugierde, die sie von ihrer Matratze hochtrieb. Leise schlich sie über die Dielen aus dem Zimmer, doch das Knarzen des Holzes bei jedem Schritt konnte sie nicht vermeiden.
Es schien niemanden zu stören, das Stöhnen wurde sogar noch intensiver.
Auf dem Flur wandte sich Sabine nach links. Die Tür des benachbarten Zimmers stand sperrangelweit offen. Dort schien sich das Pärchen zu vergnügen. Die Federn des Bettes quietschten rhythmisch.
Kurz rührte sich in ihr die Scham, sie stoppte, zögerte. Das war nicht richtig. Man durfte niemanden beim Geschlechtsâ¦
»Sabinchen, sag doch einfach Sex«, erinnerte sie sich an Birgits Spruch auf dem Schulhof, als sie das Wort Geschlechtsverkehr benutzt hatte.
Wie magnetisch angezogen schlich sie weiter. Der Mann gab ein lustvolles, dumpfes Grollen von sich, die Frau überlagerte das Geräusch mit spitzen, hellen Lauten. Sie schienen viel Spaà zu haben.
Sabine verdrängte ihre Gewissensbisse und sah um die Türzarge herum ins Zimmer.
Die Frau saà oben und wand sich wie eine Schlange, mit vor Erregung vorstehenden Nippeln. Der Mann zwirbelte daran wie an einem Radioknopf zum Einstellen der Sender. Die Bettdecke war am FuÃende
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