Ein Antrag nach Mitternacht
überzeugt gewesen, dass alles ein gutes Ende nehmen würde. Sie hatte sich von ihrem Verlangen leiten lassen, und das war nun dabei herausgekommen: Sie hatte Rochford verloren, nicht nur als Geliebten, sondern auch als Freund.
Ein trostloseres Schicksal konnte sie sich nicht vorstellen. Wie sollte sie weiterleben, ohne je wieder sein freundliches Lächeln zu sehen? Ohne zu erfahren, wie er sich zu ihr umdrehte und auf diese aufreizende Art eine Braue hochzog? Ohne je wieder zu beobachten, wie er sein Pferd über eine Hecke springen ließ und dabei wirkte, als sei er eins mit dem Tier?
Leise seufzend schloss Francesca die Augen und lehnte sich in ihrem Sessel nach hinten. Vielleicht konnte sie ein paar Tage warten, bis sein Zorn verraucht war und er vernünftig reagierte. Dann könnte sie ihm einen Brief schreiben und alles erklären.
Aber nein, vielleicht war es so besser, wie es gekommen war. Sie sollte ihn gehen lassen, ohne ihr Handeln zu rechtfertigen. Sie sollte dem Ganzen ein Ende setzen, damit er in Ruhe sein Leben leben konnte. Das Beste war, wenn sie morgen den Ring einpackte und ihn kommentarlos zurückschickte.
Doch dieser Gedanke versetzte ihr einen Stich ins Herz. Sie war sich nicht sicher, ob sie tatsächlich die Kraft besaß, sich so zu verhalten. Schließlich überkam sie Müdigkeit, und sie ging wieder hinauf in ihr Zimmer und legte sich ins Bett. Aber sosehr sie es auch wollte, sie konnte einfach nicht einschlafen. Sie wälzte sich hin und her, starrte in die Dunkelheit und bedauerte ihr Handeln. Als sie nach Stunden endlich eingeschlafen war, kam es ihr so vor, als wäre sie nur einen Augenblick später wieder hochgeschreckt.
Sie riss die Augen auf. Angespannt lag sie da und fragte sich, wodurch sie aufgewacht war. Im Haus herrschte völlige Stille, und nach ein paar Minuten machte sie die Augen wieder zu und sagte sich, dass es wohl ihre eigene Unruhe gewesen war, die sie aus dem Schlaf geholt hatte. Sie versuchte wieder zu schlafen.
Plötzlich knarrte der Fußboden. Sie schlug erneut die Augen auf. Am Fußende ihres Betts konnte sie in der Dunkelheit die Konturen eines Mannes ausmachen. Sinclair! dachte sie voller Hoffnung, doch dann huschte die Gestalt an ihre Seite. Der Mann hielt irgendetwas in der Hand, und ihr wurde mit Entsetzen klar, dass nicht Sinclair zu ihr zurückgekommen war, sondern Perkins!
Sie setzte zu einem gellenden Schrei an, aber im gleichen Moment fiel etwas Schweres, Düsteres auf sie und ließ sie verstummen.
18. KAPITEL
Francesca versuchte dennoch zu schreien. Aber unter dem Stoff konnten ihre Laute, die sie in ihrer Verzweiflung ausstieß, jedoch nur erstickt klingen. Niemand würde sie hören. Sie begann mit den Armen zu fuchteln, aber ihrem Angreifer gelang ein Kinnhaken, der heftig genug war, um sie benommen zusammensinken zu lassen. Diese Gelegenheit nutzte er und hob sie aus dem Bett. Anschließend warf er sie sich über seine Schulter und eilte mit ihr aus dem Schlafzimmer. Sie hing kopfüber da, bei jedem seiner Schritte wurde ihr die Luft aus den Lungen gepresst, sodass sie keinen Ton herausbringen konnte, der laut genug war, um die Dienerschaft zu wecken. Wieder versuchte sie, sich zur Wehr zu setzen. Aber die Decke, in die Perkins sie gewickelt hatte, war so eng um sie geschlungen, dass sie weder Arme noch Beine bewegen konnte.
Er lief die Treppe mit ihr hinunter, und als er die Haustür aufriss, glaubte Francesca zu hören, wie im hinteren Teil des Hauses jemand brüllte. Da im nächsten Moment die Tür zuknallte, war sie sich jedoch nicht sicher. Gleich darauf wurde sie auf eine harte Unterlage geworfen, sodass ihr die Luft wegblieb. Abermals wurde eine Tür zugeschlagen, und gleich darauf bewegte sich der Boden, auf dem sie lag. Offenbar hatte er sie in eine Kutsche geschafft, die jetzt mit hoher Geschwindigkeit davonfuhr.
Bevor sie einen erneuten Versuch unternahm, sich aus der Decke zu befreien, wurde die von Perkins weggerissen. Er packte Francesca, zerrte sie brutal auf den Sitz und wickelte ein Band um ihre Handgelenke, um sie zu fesseln. Sie trat nach ihm und versuchte, ihm zu entwischen, doch er war stärker als sie. Zwar fluchte er, als sie seine Beine traf, aber er hörte nicht mit seinem Tun auf. Sie begann zu schreien, kaum dass sie wieder durchatmen konnte, allerdings kümmerte ihn auch das nicht.
Vermutlich waren ihre Schreie sinnlos, da sie vom Poltern der Kutsche übertönt wurden, und abgesehen davon befanden sie sich in London.
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