Ein EKG fuer Trimmel
fast schon Tote erschießt einen Nierenschmuggler. Ein Polizist bricht sich den Hals beziehungsweise den Schädel und wird von einem anderen Nierenschmuggler gerettet. Ein verhinderter Guerillero, eigentlich ein Spinner, spielt Schicksal – das wirbelt Staub auf. Ein Mädchen wird verhaftet und will in Haft bleiben, freiwillig, bis seine Schwester, die fast schon Tote, ganz tot ist. Der zweite Nierenschmuggler geht mittlerweile freiwillig zum ersten Nierenschmuggler, nämlich ins Jenseits, und nimmt seine Frau mit.
»Allerhand Leichen!« sagt Trimmel vor sich hin.
Dann ruft er Höffgen. Jill fragt er erst gar nicht. »Fräulein Biegler will eine Aussage machen. Sieh zu, daß dann alles weitere veranlaßt wird!«
»Wiedersehen, Herr Trimmel!« sagt Jill.
Er winkt nur noch dreimal kurz mit der Hand. Er schaut aus dem Fenster: in der Ferne sieht er den Chefarzt, gar nicht so eilig.
Spätestens, wenn sie die Waffe aus dem Alsterarm gefischt haben, wird der Haftrichter Jill Biegler auf freien Fuß setzen müssen. Die paar Ordnungsstrafen, die ihr dann ins Haus stehen… Dafür muß man heutzutage nicht sitzen. Die vornehmste Aufgabe des Polizisten: Jills Freund und Helfer.
Und Sandra?
Haftverschonung. Wenn’s stimmt, was Jill gesagt hat. Helfen kann ihr sonst niemand mehr.
Der Indizienprozeß im Fall Tennessy findet nicht statt. Zu Sandras Beerdigung werden deshalb bestimmt viel weniger Leute kommen.
15
Kurz vor Frühlingsanfang wird Trimmel entlassen. Den Abend dieses Tages, an dem er der Welt offiziell wiedergeschenkt wird, verbringt er mit Gaby zu Hause; Höffgen hat darauf bestanden, ihn und Gaby heimzufahren, aber strikt abgelehnt, noch einen Schluck zu trinken.
»Ich meld mich wieder, in den nächsten Tagen. Bis dahin alles Gute, Chef. Ihnen auch, Gaby…«
Weg ist er.
»Seid ihr euch inzwischen nähergekommen?« fragt Trimmel, mäßig überrascht.
Gaby nickt. »Er ist wirklich ein netter Mensch. Ich weiß nicht, wie ich’s ohne ihn nach der Operation allein vor deiner Tür ausgehalten hätte…«
Sie bringt ihm ein Bier. Ein Bier: »Nicht zuviel für den Anfang!« Und später fragt sie aus heiterem Himmel, schon fast hinterrücks: »Du findest diese Jill Biegler ganz prima, nicht wahr?«
Einmal im Jahr ist Trimmel ehrlich. »Ja, ich geb’s zu. Ich hab sogar mal geträumt, ich hätte mit ihr geschlafen. Es fand allerdings in ner Art Leichenkeller statt, und geklappt hat’s nicht mal im Traum…«
»Schade!« sagt Gaby. »Nach dem, was du erlebt hast, müßte man dir’s ja gönnen.«
»Zu spät«, sagt Trimmel. »Jill Biegler wird nach Frankfurt versetzt, hab ich gehört, sobald – na ja, demnächst. Aber ich werd’s mir merken!«
Bereits am nächsten Tag macht er einen Ausflug mit der S-Bahn und zu Fuß ins Computerzentrum Fontenay. Die Systemanalytikerin Sieglinde Müller sieht ihn als erste und bekommt völlig grundlos einen Heidenschreck. »Herr… Herr Trimmel!« stottert sie.
»Tach, Tach«, sagt Trimmel. »Ich möchte auch mal Ihren neuen Chef kennenlernen…«
Sie ist immer noch verbiestert. »Ich… ich bring Sie sofort hin…«
Aber Peter Wendisch telefoniert gerade. Er sieht viel besser aus als Jacob ›Jake‹ Tennessy, erkennt Trimmel durch eine Glasscheibe. Verstehen kann er kein Wort. Er stellt sich bloß vor, was da möglicherweise geredet wird.
»Ich hab lange überlegt, ob ich Sie mal anrufe… hallo? Ach so, ja… Ja, ich hab erfahren, Sie sind ja nun der Nachfolger von Herrn Tennessy…« Etwa so. »Herzlichen Glückwunsch übrigens…«
Der Mann könnte Patient bei Professor Becker sein. Dessen Klinik gibt’s ja nach wie vor; Professor Meyer hat die Hürden der Übernahme angeblich glatt genommen.
»Danke, danke…«, sagt Wendisch.
»Ja, damit sind wir eigentlich schon beim Thema – ich meine, die Nachfolge von Herrn Tennessy…«
»Vielen Dank für den Glückwunsch, Herr…«
Unverständliches Gemurmel wie bei der Mehrzahl aller Vorstellungen zwischen Gentlemen.
»… aber ich fürchte, Herr… wirklich, ich fürchte, ich verstehe Sie nicht so ganz…«
»Ja, wenn ich unter Umständen ein bißchen deutlicher werden darf, Herr Wendisch…«
»Bitte!«
»Gut. Sehen Sie, ich bin Patient bei Professor Becker gewesen, wegen einer neuen Niere, ziemlich dringend, und bin’s auch noch… aber Professor Becker, mit dem ich darüber viel gesprochen hatte, ist ja nun leider tot, und Sie wissen vielleicht so gut wie ich, daß zwischen Herrn
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