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Ein Fall zu viel

Ein Fall zu viel

Titel: Ein Fall zu viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Scharenberg
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hochzog.
    »Später. Zuerst sehe ich mir den Toten an und spreche mit Karl-Heinz Tiefenbach.« Damit ließ Pielkötter seinen Mitarbeiter stehen und lief in die Richtung, in der er den Rechtsmediziner vermutete. Er sah ihn neben der Leiche knien. Die Stelle war durch mehrere mobile Leuchten erhellt. Dazu hatte die Streife die unmittelbare Umgebung des Opfers mit dem üblichen Flatterband abgesperrt. Als Pielkötter nah genug herangekommen war, erhob sich Tiefenbach.
    »Öfter mal was Neues«, begrüßte ihn der Rechtsmediziner. »Einen Toten vor so einer imposanten Kulisse hatte ich bisher noch nicht.«
    Der Tatort am Alsumer Berg vor der Anlage von Thyssen-Krupp war auch nicht schlecht, dachte Pielkötter, aber dann fiel ihm ein, dass Kowalski seinen Kollegen Tiefenbach in diesem Fall vertreten hatte.
    »Ich nehme an, der Mann ist wirklich vom Hochofen gestürzt«, entgegnete er laut, nachdem er einen prüfenden Blick auf Erwin Lützows leblosen Körper geworfen hatte.
    »Sieht jedenfalls alles danach aus«, antwortete Tiefenbach. »Das intakte Gesicht täuscht. Der ist direkt auf den Rücken geknallt. Ohne Röntgenaufnahme kann ich zumindest so viel sagen: Das Rückgrat ist mehrfach gebrochen. Alle anderen Anzeichen deuten ebenfalls darauf hin, dass er hier am Fundort gestorben ist.«
    »Wäre auch schon ungewöhnlich, wenn einer den extra hierher gekarrt hätte, damit der vor sonner Kulisse gefunden wird«, schaltete sich nun einer der beiden Streifenpolizisten ein, den Pielkötter nicht mit Namen kannte.
    »Ich nehme an, Sie haben bisher nichts entdeckt, was auf einen Kampf schließen lässt.« Pielkötter schaute fragend in die Richtung des Rechtsmediziners. »Also, Verletzungen, die nicht vom Sturz herrühren.«
    »Auf den ersten Blick nicht. Alles Weitere kann ich Ihnen erst präsentieren, wenn der Mann auf meinem Tisch gelandet ist.« Karl-Heinz Tiefenbach massierte sein Kinn. »Gibt es überhaupt eine Obduktion? Man munkelt so was von extremen Sparmaßnahmen.« Er lachte, als hätte er einen guten Witz gemacht.
    »Ich habe noch keine Ahnung, ob eine Sektion wirklich nötig ist«, entgegnete Pielkötter nachdenklich. »Auf jeden Fall warte ich die Befragung der Zeugen ab, ehe ich weitere Schritte unternehme.«
    Während Tiefenbach begann, alle Utensilien in seine Tasche zu packen, schaute Pielkötter erst zum dunklen Himmel, dann ins Licht der Scheinwerfer. »Mist, jetzt regnet es auch noch. Dabei ist der Fall für die Spurensicherung ohnehin schon eine echte Herausforderung.«
    »Wenn sie denn zum Einsatz kommt … Ich dachte, das stehe noch gar nicht fest«, erwiderte Tiefenbach.
    Statt einer Antwort brummte Pielkötter irgendetwas Unverständliches.
    »Jedenfalls ist meine Arbeit hier erst einmal beendet«, erklärte der Rechtsmediziner und gab ihm die Hand.
    »Und ich kümmere mich darum, dass Lützows Leiche vorerst nicht freigegeben wird«, schaltete sich nun Barnowski ein, der sich inzwischen zu ihnen gestellt hatte. »Chef, das ist doch in Ihrem Sinne, oder?«
    Pielkötter nickte. »Zuerst nehme ich mir noch einmal die Zeugen vor. Gibt es auf dem Gelände ein Lokal, das um diese Zeit geöffnet hat? Ich habe das Gefühl, es regnet sich langsam ein.«
    »Das Hauptschalthaus«, antwortete Barnowski. »Unweit des Eingangs. Dort sind Sie eigentlich vorbeigekommen.«
    »Dann habe ich das vorhin wohl übersehen. Am besten, Sie führen die Zeugen direkt dorthin. Ich würde ungern Zeit verlieren.«

    Als Pielkötter sich dem Hauptschalthaus näherte, erkannte er davor etliche Biergartengarnituren aus dunklem Holz und zusammengebundene weiße Sonnenschirme, bedruckt mit dem Logo von Köpi. Vor allem fiel ihm jetzt eine rötliche Deckenbeleuchtung auf und hell strahlende Lampen an den Wänden. Laut einem Hinweisschild neben der Tür wurde das Restaurant von der Prinz Redaktion als Top Location 2013 empfohlen. Das ließ auf eine gehobene Küche schließen.
    Neben dem Lokal befand sich das Besucherzentrum des Landschaftsparks. Dieses Vorhaben werde von der Europäischen Gemeinschaft kofinanziert, hatte Pielkötter im Vorbeigehen am Eingang gelesen. In dem typischen blauen Schild mit gelben im Kreis angeordneten Sternen stand etwas von einem Fonds zur regionalen Entwicklung. Pielkötter zählte zwölf Sterne. Natürlich stimmte die Anzahl nicht mehr, aber er wusste nicht genau, um wie viele Länder die Europäische Gemeinschaft sich inzwischen erweitert hatte. Nun, das war im Moment auch nicht gerade sein Problem.

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