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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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der erste Videoverleih in Dewmont. Mom hörte auf, Lexika zu verkaufen, und sie führten den Laden gemeinsam, bis Daddy zu alt und zu schwach wurde, um hinterm Tresen zu stehen.
    Diesmal ging Daddy wirklich in Rente, und ein Jahr später traf ihn ein Infarkt: Sein großes Herz blieb stehen. Mom und Rosy wohnten weitere drei Jahre im Autokino, dann starb Mama, hinterließ mir ein bisschen Geld, Callie einige Gegenstände, und Rosy vermachte sie das Dew Drop .
    Rosy vermietete es an einen Burschen, der einen Schrottplatz und Autofriedhof daraus machen wollte. Er sägte alle Lautsprecher ab. Das Geld von der Miete investierte Rosy in ein kleines Häuschen und zog aus. Ab und zu, wenn ich aus Austin zu Besuch kam, wo ich lebe und Kriminalistik unterrichte, schaute ich bei ihr zum Abendessen vorbei.
    Rosy lernte »mächtig gut« lesen, wie sie gerne sagte, aber ihre Lesefertigkeiten reichten nie an ihre Kochkünste heran. Ab und zu liegt mir aus irgendeinem Grund der Geschmack von ihrem Brathühnchen und ihren guten Keksen auf der Zunge, als hätte ich sie gerade erst gegessen.
    Letztes Jahr spürte Rosy, dass ihre Zeit gekommen war, kündigte den Mietvertrag fürs Autokino und verkaufte es mir für einen Apfel und ein Ei. Ich begrub sie auf der anderen Seite der Stadt auf dem Friedhof, wo auch meine Eltern liegen – dem Friedhof, auf dem noch vor dreißig Jahren nur Weiße bestattet werden durften. Ich kaufte ihr einen Grabstein, der genauso groß war wie der meiner Eltern.
    Diese treue Seele.
    Meine Frau und ich haben vor, im Ruhestand nach Dewmont zu ziehen und vielleicht das Autokino wiederzueröffnen, nur so zum Vergnügen. Aber das ist noch ein Weilchen hin. Wir werden sehen.
    Chester, dem Daddy versucht hatte, mit Ohrfeigen ein wenig Verstand einzubläuen, blieb immer ein Holzkopf. Er heiratete Jane Jersey, das Mädchen, das Callie das Präservativ untergejubelt hatte. Sie hatten mehrere Kinder zusammen. Eines Abends kam er betrunken nach Hause und wollte sich gerade daranmachen, sie wie üblich zu verprügeln, da erschoss sie ihn. Die Polizei betrachtete es als Notwehr.
    Nub ist natürlich schon lange tot. Aber ich denke mindestens einmal am Tag an ihn. Er war ein guter Hund und hatte ein langes Leben. Jetzt habe ich einen anderen Hund, aber ich mag ihn nicht besonders. Eigentlich ist er der Hund meiner Frau. Ein Pudel mit einer rosa Schleife im Haar, der mich mindestens einmal die Woche beißt.
    Meine Frau und ich hätten gerne Kinder gehabt, aber das hat nicht geklappt. Wir haben zu lange damit gewartet. Wahrscheinlich ist der Pudel jetzt ihr Baby. Nichtsdestotrotz liebe ich sie, und sie liebt mich. Wir haben es gut zusammen. Der Pudel heißt François. Ich hätte lieber einen Deutschen Schäferhund.
     
    Eine merkwürdige Sache war da noch, nur eine Randnotiz in der Zeitung von Austin, eine kleine Meldung im hinteren Teil. Es ging um meine alte Heimatstadt, deswegen fiel mir der Artikel ins Auge. Eigentlich habe ich ihn mir bloß aus reiner Neugier durchgelesen.
    Dort stand, dass eine alte Sägemühle in Dewmont, beziehungsweise ihre Überreste – ein schwankendes Gebilde aus verrottetem Holz und rostigem Blech –, in sich zusammengefallen und beseitigt worden war. Ein schwärzlicher Haufen Sägespäne hatte sich ebenfalls dort befunden, vom Regen schon beinah gänzlich weggespült.
    Als das Sägemehl weggebaggert worden war, hatte man ein Skelett gefunden. Zuerst dachte ich an den schwarzen Jungen, von dem Richard mir erzählt hatte, doch als ich weiterlas, wurde ich eines Besseren belehrt.
    Neben den Knochen waren als einzige Überreste ein Paar Stiefel mit Zugschlaufe entdeckt worden, auf denen in Silberschrift »Roy Rogers« stand.
    Das ist jetzt alles lange her. Auf manche Fragen gibt es Antworten, auf andere nicht.
    Mit zunehmendem Alter – und offen gestanden bin ich noch gar nicht so alt, Ende fünfzig – wird die Vergangenheit immer wichtiger als die Zukunft. Das mag nicht schön sein, aber es ist die Wahrheit. Damals war alles intensiver. Die Sonne wärmer. Der Wind kühler. Hunde einfacher zu verstehen.
    Buster lag nicht mit allem richtig, und manchmal waren seine Antworten etwas konfus. Aber was mich stets begleitet, worauf man sich anscheinend getrost verlassen kann, ist seine Bemerkung darüber, dass das Leben nicht immer ganz befriedigend ist, und am Ende ist Fleisch und Dreck doch alles wieder eins.
     
    ENDE

Joe R. Lansdale , der Meistererzähler aus Texas, ist mit bisher drei Büchern in

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