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Ein Ganz Besonderer Fall

Ein Ganz Besonderer Fall

Titel: Ein Ganz Besonderer Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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verschluckte.
    Rhun hatte sich geräuschlos genähert, doch Urien bemerkte, daß er nicht mehr allein war, und drehte sich mit verschlossenem Gesicht um, hohläugig und feindselig.
    »Du?« sagte er dumpf. »Warum du? Ich war es, der Fidelis getötet hat.«
    »Nein, das hast du nicht!« protestierte Rhun. Er kam aus den Büschen und trat neben ihn. »Das darfst du nicht sagen oder denken.«
    »Narr, du weißt, was ich getan habe - warum sollte ich es leugnen? Du weißt es, du hast versucht, es ungeschehen zu machen«, sagte Urien nüchtern. »Ich drängte, ich drohte - ich habe Fidelis getötet. Wenn ich den Mut hätte, würde ich ihm auf dem gleichen Weg folgen, aber ich habe den Mut nicht.«
    Rhun setzte sich neben ihn ins Gras, nahe, aber ohne ihn zu berühren, und musterte das verschlossene, verbitterte Gesicht.
    »Du hast nicht geschlafen«, sagte er leise.
    »Wie könnte ich schlafen, wo ich weiß, was ich weiß? Nein, ich habe nicht geschlafen und auch nicht gegessen, aber es dauert zu lange, bis man am Hunger stirbt. Man kann allein von Wasser wochenlang leben. Und ich bin weder geduldig, noch tapfer. Es gibt nur einen Weg für mich, und das ist ein volles Geständnis. Oh, nicht der Absolution wegen - nein. Um zu büßen. Ich habe mich hier vorbereitet. Ich werde bald gehen und es hinter mich bringen.«
    »Nein!« sagte Rhun mit plötzlicher, grimmiger Autorität. »Das darfst du nicht tun.« Er war sich nicht ganz sicher, warum dies so wichtig war, aber irgendwo zupfte etwas an seinem Verstand, irgendeine tiefe Wahrheit, die er nur von der Seite, aus dem Winkel seines inneren Auges sehen konnte. Wenn er sich herumdrehte, um sie voll zu erkennen, verschwand sie.
    Leben und Tod waren Mysterien. Ein Leben von uns genommen, ein anderes zurückgegeben. Ein vollkommenes Gleichgewicht, hatte Abt Radulfus gesagt. Ein Leben genommen, ein Leben zurückgegeben, fast im gleichen Augenblick…
    Und nun wußte er es. Das Licht flammte strahlend vor ihm auf, die Bürde wurde von seinem Herz genommen. Ein vollkommenes Gleichgewicht, jawohl! Er saß verzaubert da, erfüllt von seiner Erleuchtung, alle Sinne auf das innere Strahlen gerichtet wie kalte Hände, die sich dankbar einem wärmenden Feuer entgegenrecken. Er hörte kaum Uriens leidenschaftliche Antwort: »Das will und werde ich tun. Wie soll ich dies sonst länger allein ertragen?«
    Rhun regte sich und erwachte aus seiner Verzückung. »Du brauchst nicht allein zu sein«, sagte er. »Du bist auch jetzt nicht allein. Ich bin hier. Sage mir alles, was du willst, aber sprich mit niemand sonst. Selbst die Beichte könnte nicht geheim genug sein. Dann hättest du wirklich alles zerstört, was Fidelis war und was Fidelis getan hat. Es könnte durch ein falsches Wort zerstört und beschmutzt werden. Ein Skandal würde einen Schatten auf uns alle werfen, auf den Orden und vor allem auf die Erinnerung an ihn…« Er unterbrach sich und lächelte. »Sieh nur, wie stark die Gewohnheiten sind! Aber ich weiß - ich weiß jetzt, was du mir sagen könntest, und um Fidelis willen darf es nie erzählt werden. Das siehst du sicher ebenso klar wie ich.
    Richte keinen Schaden mehr an! Ertrage, was du tragen mußt und schweige, wie Fidelis geschwiegen hat.«
    Uriens versteinertes Gesicht zitterte und schmolz plötzlich wie Wachs. Er legte die Arme vor die Augen und sank ins lange, nasse Gras und schüttelte sich in einem schrecklichen, trockenen und stillen Schluchzen. Rhun beugte sich über ihn und umarmte ermutigend die bebenden Schultern. Bei dieser Berührung lief ein gewaltiges Seufzen durch Uriens Körper und verließ seinen Mund, bis er entspannt und still lag. Einst war es Urien gewesen, der die Berührung gesucht hatte, und Rhuns milder Blick hatte ihn mit Zorn und Scham erfüllt. Nun war es Rhun, der Urien berührte, der einen Arm um ihn legte und ihn ruhig liegen ließ, und alle Wut und die Scham wichen in diesem Seufzen aus ihm und ließen ihn gereinigt zurück.
    »Hüte das Geheimnis. Du mußt, wenn du ihn geliebt hast.«
    »Ja - ja«, sagte Urien mit gebrochener Stimme.
    »Um seinetwillen…« Rhun unterbrach sich und berichtigte sich lächelnd. »Um ihretwillen!«
    »Ja, ja - bis ins Grab. Bleib bei mir!«
    »Ich bin hier. Wenn wir gehen, werden wir zusammen gehen.
    Wer weiß? Selbst der schon angerichtete Schaden mag heilbar sein.«
    »Können denn die Toten zum Leben erweckt werden?« fragte Urien bitter.
    »Wenn es Gott gefällt!« erwiderte Rhun, der aus eigener

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