Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Gesicht so schön und kalt

Ein Gesicht so schön und kalt

Titel: Ein Gesicht so schön und kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:

verschwinden, er schien geradezu beleidigt darüber zu sein, daß
ich überhaupt Bedenken geäußert hatte. Ich muß dir gestehen,
ich hab’ so ein Gefühl, daß der gute Herr Doktor ein ganz schön
ausgeprägtes Ego hat. Immerhin hat mir der Arzt in der
Notaufnahme letzte Woche versichert, daß Dr. Smith eine
Koryphäe auf dem Gebiet der plastischen Chirurgie ist. Er hat
sogar gesagt, er könne wahre Wunder vollbringen.«
Während sie ihren Kaffee austrank, dachte Kerry über die
Frau nach, die sie nachmittags in der Praxis von Dr. Smith
gesehen hatte. Sie blickte über den Tisch auf Jonathan und
Grace. »Etwas Komisches ist passiert, als ich auf Robin
gewartet habe. Da war eine Frau bei Dr. Smith zur Behandlung,
die mir so vertraut vorkam«, sagte sie. »Ich hab’ mich sogar bei
der Anmeldung nach ihrem Namen erkundigt. Ich bin mir zwar
sicher, daß ich sie nicht kenne, aber ich werd einfach nicht das
Gefühl los, daß ich ihr schon mal begegnet bin. Sie war mir
irgendwie unheimlich. Ist das nicht komisch?«
»Wie hat sie denn ausgesehen?« fragte Grace.
»Absolut umwerfend auf eine verführerische, sinnlich
herausfordernde Art«, sagte Kerry nachdenklich. »Ich glaube, es
lag an dem Mund, daß sie so wirkte. Sie hatte solche vollen,
schmollenden Lippen. Ich weiß schon: Vielleicht war sie eine
von Bobs früheren Freundinnen, und ich hab’ sie einfach
verdrängt.« Sie zuckte die Achseln. »Ach, was soll’s, es wird
mir keine Ruhe lassen, bis ich dahinterkomme.«
    Sie haben mein Leben verändert, Dr. Smith… Das war es, was
Barbara To mpkins zu ihm gesagt hatte, als sie einige Zeit zuvor
sein Sprechzimmer verließ. Und er wußte, daß es stimmte. Er
hatte sie verändert und damit auch ihr ganzes Leben. Aus einer
nichtssagenden grauen Maus von Frau, die älter als ihre
sechsundzwanzig Jahre aussah, hatte er sie in eine junge
Schönheit verwandelt. Ja, mehr noch als nur eine Schönheit.
Jetzt hatte sie Feuer. Sie war nicht mehr jene unsichere Frau, die
ein Jahr zuvor zu ihm gekommen war.
    Damals hatte sie in einer kleinen Presseagentur in Albany
gearbeitet. »Ich hab’ gesehen, was Sie für eine unserer
Kundinnen getan haben«, hatte sie gesagt, als sie an jenem
ersten Tag zu ihm in die Praxis kam. »Ich hab’ gerade etwas
Geld von meiner Tante geerbt. Können Sie mich hübsch
machen?«
    Er hatte weit mehr g
etan - er hatte sie völlig verwandelt. Er
hatte sie schön gemacht. Jetzt arbeitete Barbara in Manhattan
bei einer großen, angesehenen PR-Firma. Sie war schon immer
intelligent gewesen; ihre Intelligenz aber mit dieser besonderen
Art von Schönheit zu kombinieren, hatte ihr Leben von Grund
auf verändert.
    Dr. Smith versorgte um halb sieben die letzte Patientin für den
Tag. Dann ging er zu Fuß die drei Häuserblocks auf der Fifth
Avenue hinunter zu seinem aus einer ehemaligen Remise
umgewandelten Haus in Washington Mews.
    Er hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, jeden Tag zu Fuß
nach Hause zu gehen, sich bei einem Bourbon mit Soda zu den
Abendnachrichten zu entspannen und dann zu entscheiden,
wohin er essen gehen wollte. Er lebte allein und aß fast nie zu
Hause.
    Heute abend überkam ihn eine ungewohnte Ruhelosigkeit.
Von all den Frauen ähnelte Barbara Tompkins ihr am meisten.
Sie einfach nur zu sehen war eine aufrührende, ja reinigende
Erfahrung, fast eine Katharsis. Er hatte mitbekommen, wie
Barbara sich mit Mrs. Carpenter unterhielt und ihr erzählte, sie
werde abends einen Kunden in den Oak Room im Plaza Hotel
ausführen.
    Fast widerwillig erhob er sich. Was als nächstes geschehen
würde, war unvermeidlich. Er würde zur Oak Bar gehen, einen
Blick in das Restaurant des Oak Room werfen und herausfinden,
ob es einen kleinen Tisch gab, von dem aus er beim Abendessen
Barbara beobachten konnte. Mit ein bißchen Glück würde sie
ihn nicht bemerken. Sollte sie jedoch etwas spüren, ja ihn sogar
erkennen, dann würde er ihr einfach zuwinken. Sie hatte keinen
Grund zu der Annahme, daß er ihr bewußt folgte.
    Nach ihrer Rückkehr von dem Abendessen mit Jonathan und
Grace saß Kerry noch lange, nachdem Robin eingeschlafen war,
an ihrem Schreibtisch. Er stand in dem Arbeitszimmer des
Hauses, in das sie gezogen war, nachdem Bob sie und Robin
verlassen und sie das Haus verkauft hatte, das sie mit ihm
gemeinsam erstanden hatte. Es war ihr gelungen, das neue Haus
zu einem günstigen Preis zu bekommen, als der Immobilien
markt im Keller war,

Weitere Kostenlose Bücher