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Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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begann ein neues Haus zu zeichnen, größer und gewaltiger als alle Entwürfe zuvor. Ganz von selbst fiel ihr auch eine eindrucksvolle Schlagzeile für ihren Werbetext ein, und außerdem hatte sie Lust bekommen, heute tatsächlich einen Ausflug zu machen, trotz Schirokko.
    Als sie, jetzt bedeutend milder gestimmt, zu Poldi hinüberblickte, warf dieser soeben den Schwamm zurück in den Eimer. Er hatte die Autowäsche beendet.
    »Es muß schrecklich sein, so einen Sohn zu haben wie mich«, sagte er mit einer wilden Grimasse. »Ich war mit Nancy in Lacona verabredet. Aber ich werde sie einfach versetzen.«
    »Warte zehn Minuten, dann fahre ich dich nach Lacona und setz dich dort ab«, erklärte Anna.
    Poldi grollte schweigend.
    Jetzt möchte er mich zerfleischen, nur weil er den frisch gewaschenen Wagen nicht bekommt, dachte Anna. Sie schaufelte ihre Papiere zusammen. »Ich gehe unter die kalte Dusche, der Schirokko macht mich heute fertig«, erklärte’ sie.
    »Ja, ich habe es gemerkt. Du hast ein schrecklich labiles Nervensystem, Mama, und bist immer gleich eingeschnappt, wenn man dir zu einem Sanatoriumsaufenthalt rät. Warum sträubst du dich eigentlich dagegen? Du solltest wirklich mehr für dich tun. Andere Frauen in deinem Alter sind viel vernünftiger.«
    Anna preßte die Lippen fest aufeinander, damit die bissige Studienrätin nicht wieder durchbrach. Toleranz, Würde, Geduld, Überlegenheit und noch ein Dutzend anderer hehrer Muttereigenschaften, die Anna rasch im Geiste aufzählte, halfen ihr über diese Klippe hinweg.

    Susan kam bepackt mit Andenken aus Korsika zurück. Sie hatte Schals für ihre Freundinnen und Krawatten für ihre Neffen und die Söhne der Freundinnen gekauft, auch Umhängtaschen und Puppen aus buntem Bast und einen ganzen Sack voll Keramik. Sie strahlte in kindlicher Freude. Als der ganze Plunder im Hotel war, lud sie alle ein, ihre Wunderdinge zu besichtigen. Auch Anna war herbeigeholt worden.
    »Alles >real french<, und ich habe keine fünfzig Dollar ausgegeben«, erklärte sie selig.
    »Du wirst dich in Paris schrecklich langweilen, Mama, da kannst du höchstens noch den Eiffelturm in Marzipan erstehen«, sagte Nancy.
    »Oh, in Paris langweile ich mich nicht. Ich gehe in den Louvre.«
    »Ja, sicher, aber bei deinem Tempo wirst du ihn in einer Stunde schaffen, einschließlich des grauslig-schönen Berührens von Mumien.«
    Frank legte den Arm um Susan. »Laß dich nicht ins Bockshorn jagen. Du wirst die Champs-Elysées abgrasen und noch genug echt französische Dinge auftreiben, die wir mitnehmen können«, sagte er in gutmütigem Spott. Er drehte einen der krähenden Hähne aus rotgebrannter Keramik um und las: >Made in Japan<. »Nun ja, das ist nicht so schlimm, schlimm wäre es erst, wenn die bösen Chinesen ihn gemacht hätten«, meinte er. Er überschlug die mutmaßliche Luftfracht. »Bei Bloomingdale in New York hätten wir es billiger bekommen.«
    Anna, die nur zu einem abendlichen Drink gekommen war, wollte aufbrechen, aber Susan erlaubte es nicht. »Nein, Darling, Sie bleiben zum Dinner. Wir sind nur noch zwei Tage hier und wollen was von Ihnen haben. Nicht wahr, Frank?«
    »Selbstverständlich bleibst du.«
    »Ich muß was arbeiten«, wehrte sich Anna.
    »Wieviel verdienst du in einer Stunde? Ich zahle dich aus«, erklärte Frank. »Die Kinder fahren nachher sowieso zum Tanzen in den Normans Club. Sie können deinen Wagen nehmen, und ich bringe dich heim.«

    Als Anna gegen Mitternacht in Franks Wagen saß, trug sie eine Kette aus grün und rot und lila angepinselten Muscheln, die Susan ihr aufgedrängt hatte. »Oh, darling, it’s just wonderful, Sie sehen aus wie Undine«, hatte sie verzückt ausgerufen und Anna in ihre Arme geschlossen. Tief drinnen in Annas geheimster Herzenskammer, zu der nie ein anderer Mensch Zutritt erhielt, tauchte die böse Frage auf: Wie kann es der Franzi bloß mit dieser Kuh aushalten? Anna schämte sich.
    Frank spürte Annas Gedanken. »Du siehst ziemlich viel Lächerliches an Susan, nicht wahr?« sagte er unvermittelt. »Aber in Wirklichkeit ist sie ein feiner Kerl, glaub mir. Sie hat Verstand, und sie setzt ihn auch ein, wenn es notwendig ist.«
    »O ja, das glaube ich dir. Sonst hättest du sie ja auch nicht geheiratet«, sagte Anna übereifrig. Die spitzen kleinen Muscheln an ihrem nackten Hals piekten, aber sie konnte jetzt die schauerliche Kette unmöglich abnehmen, das hätte wie eine symbolische Handlung ausgesehen.
    »Susan war ein Bild

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