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Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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vorstellen, als ihre Kinder ihr zutrauten. Sicher war Barmixen anstrengend, aber drei Kinder mit mies bezahlten Kriminalromanen und Werbetexten hochpäppeln war auch nicht gerade eine amüsante Freizeitbeschäftigung. »Marsch-marsch-marsch...« Man hätte den Kindern wirklich mehr Märsche blasen sollen. Pädagogische Märsche.
    Anna kaufte sich beim Bäcker zwei frische Brötchen und beim Fleischer hundert Gramm Mortadella und hundertfünfzig Gramm rohen Schinken und noch anderes. Ihr Wagen, den sie in der Sonne abgestellt hatte, empfing sie wie ein Bratofen. Capoliveri thronte mit seinen einander bedrängenden, beengenden und doch so verträglichen grauen Häusern auf einem glosenden Bergkegel. Als Anna zum Meer hinabfuhr, kühlte der Wind ihre heiße Stirn. Sie hatte alle Fenster heruntergekurbelt und sang: »Ich hab’ ein Grundstück gekauft, ich bau’ mir ein Haus« zur Melodie von >Kommt ein Vogel geflogene Sie war ganz beduselt von dem Likör und dem Aleatico und ihrem hochstaplerischen Kauf. Wenn nur eines ihrer Kinder hier wäre, dem sie sich hätte mitteilen können! Wozu brachte man diese Kinder unter Schmerzen zur Welt, wenn sie in den bedeutungsvollsten Augenblicken nicht da waren?
    Sie erreichte ihr Grundstück, als die Sonne sich eben auf dem Kamm der vierfach übereinandergelagerten blauen Bergkette zu einer letzten Rast vor dem Untergehen niederließ. Anna setzte sich auf einen Stein, die Füße zwischen Dorngestrüpp und Ameisen, und packte ihre Mortadella und die Brötchen aus. Diese erste Mahlzeit auf ihrem eigenen Grund und Boden, an der auch die Mücken freudig und blutgierig teilnahmen, war ebenso romantisch wie unbequem. Sie nahm einen Zweig Rosmarin, zerrieb ihn zwischen den Fingern und roch daran. Wie würden Bettina und ihr Mann und die kleine Bernhardine es genießen, hier in einem kleinen Häuschen ihre Ferien zu verbringen!
    Anna war bewegt. Sie glaubte an ihr Glück und das Glück ihrer Kinder.

    Als sie in ihren Bungalow zurückkehrte, stand dort ein kleiner Wagen mit einem polizeilichen Kennzeichen aus Rom. In der Dämmerung hoben sich zwei Gestalten gegen den Abendhimmel ab. Sie hatten einander die Arme um die Schultern gelegt und blickten aufs Meer hinaus, zu den auslaufenden Fischerbooten, zum schwarzen Monte Capanne. Irgendein junges Liebespaar hatte sich hierher verirrt. Anna blieb verzückt stehen. Warum lief man sich die Absätze krumm, um im Louvre oder in den Uffizien Kunstwerke zu betrachten? Zwei junge Menschen, die einander liebten: das war wahre Schönheit, klar und anmutig und rein.
    Anna, die ihren Wagen mit abgestelltem Motor den kleinen Hügel bis zu ihrem Bungalow hatte hinabrollen lassen, schämte sich etwas, weil sie die beiden vom Auto aus heimlich beobachtete. Das Mädchen mit den flammend roten Locken lehnte den Kopf gegen das dunkle Haar ihres Geliebten. Gleich würde sie ihn küssen.
    Anna stieg aus und schlug die Autotür geräuschvoll zu. Das rothaarige Geschöpf drehte sich um, es verharrte eine Sekunde bewegungslos, dann breitete es die Arme aus und lief auf Anna zu.
    »Mama!«
    Es war nicht irgendein Mädchen, es war auch keine Erscheinung, denn Anna spürte die Arme um ihren Nacken. Und es gab auch keinen Zweifel, daß es Bettina war. Kein Gespenst, sondern Bettina aus Fleisch und Blut. Weiß Gott, wie sie hierherkam.
    Jedenfalls handelte es sich bei dem männlichen Begleiter nicht um Bettinas Mann.
    Anna starrte ihre Tochter an und brachte kein Wort hervor.
    »Du japst nach Luft, das kann ich mir gut vorstellen«, erklärte Bettina vergnügt. »Wegen meiner roten Haare, nicht wahr?«
    »Ja, ja, das auch.«
    »Ich bin von zu Hause weg, wie du dir vielleicht denken kannst.«
    Anna konnte es sich denken. Sie hatte ja schließlich Augen im Kopf.
    Über Bettinas Schultern hinweg äugte Anna zu dem dunkelhaarigen Mann. Lässig, ohne die geringste Verlegenheit, wartete er die Begrüßungszeremonie ab.
    »Das ist Jean Moulin. Franzose. Aber du kannst ruhig deutsch mit ihm sprechen«, erläuterte Bettina.
    Aber Anna hatte zunächst überhaupt keine Lust zu sprechen. Weder deutsch noch französisch. Was hatte dieses Teufelsmädchen bloß wieder angestellt?
    Bettina sah, daß ihre Mutter eingekauft hatte. »Jean, hol bitte die Päckchen aus Mamas Auto.«
    »Ach ja, die Päckchen«, sagte Anna geistesabwesend. Käse, Brot, eine Melone und eine Korbflasche mit Wein.
    Bettina hakte sich vertraulich bei ihr ein. »Wir dachten, es ist besser, wir überfallen dich

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