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Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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einem zugigen Atelier herumstehen. Sie holte sich dabei eine Halsentzündung, aber sie bekam auch die Rolle, und als Zugabe erhielt sie Jean Moulin. Jean Moulin, der alles Weitere für sie regeln sollte, war ihr als Wegbereiter für ihre Filmkarriere zugesellt worden. Als Drehtermin war der fünfzehnte November vorgesehen, und gedreht werden sollte teils in Rom, teils in München.
    Das alles erzählte sie ihrer Mutter im Stil eines nicht sehr erregenden Sportberichts. Anna saß am Fußende des Bettes, auf dem Bettina lag. Sie betrachtete die schlanken Fesseln ihrer Tochter und wünschte sich in die Zeit zurück, da Bettina mit ihren unbeholfenen Füßchen ihre ersten Schritte tat und die Mutter diese Schritte noch lenken konnte, wohin sie wollte. Jetzt lief sie ihrem Mann weg und rannte einer höchst unsicheren Karriere nach. Sie würde stürzen und straucheln und sich die Knochen wundschlagen. Aber was konnte man dagegen tun? Eine Mutter konnte eigentlich nur gebären, das kleine Wurm hochpäppeln und später, wenn der große Balanceakt, das Leben, kam, das Auffangnetz bereithalten.
    »Bernhard wird die Scheidung einreichen. Ich nehme an, wegen beiderseitigen Verschuldens. Jedenfalls wird es darauf hinauslaufen.«
    Anna schwieg.
    »Ich möchte auch endlich auf eigenen Füßen stehen. Ich möchte nicht immer die Hand aufhalten und darauf warten, daß Bernhard gnädigst das Haushaltsgeld hineinwirft wie in einen Opferstock. Er hat mir vorgerechnet, wie sorglos er als Junggeselle leben könnte.«

    Jean Moulin wurde es vor dem Haus langweilig. Er warf einen Blick auf seine Uhr, riß einen Zweig von einem Nespolibaum und zerrupfte die Blätter.
    »Sieht er nicht süß aus?« fragte Bettina und richtete sich auf.
    Anna mochte Männer nicht, die süß aussahen. Aber schließlich konnte sie ihn deshalb nicht einfach vor der Tür stehen lassen. Sie winkte ihm hereinzukommen. »Ich habe Spaghetti da und Schinken und Melone und Tomaten und Parmesankäse. Ich werde uns jetzt was zu essen machen«, erklärte sie.
    Jean trat ein und durchkämmte mit den Fingern sein dichtes, dunkles Haar. »Ich glaube, ich sollte mich nach einem Quartier umsehen«, meinte er.
    Bettina hatte ihren behaglichen Platz auf dem Drahtbett verlassen. Sie stand zwischen ihrer Mutter und Jean. »Er kann doch ruhig hierbleiben, meinst du nicht, Mama?« schlug sie vor.
    »Nein.«
    »Wieso denn nicht? Ich schlafe auf dem zweiten Bett, und Jean machen wir ein Lager auf dem Liegestuhl zurecht. Draußen steht doch ein Liegestuhl.«
    »Nein.«
    »Doch, ich habe ihn doch gesehen«, beharrte Bettina. »Und es gibt ja auch noch eine zweite Schlafkammer.«
    Anna spürte, wie alles sehr eng in ihr wurde. Es fehlte nicht mehr viel, und sie platzte vor Wut. Sie holte tief Atem, tief bis ins Zwerchfell hinein. Jetzt mußten ihr ihre Yogaweisheiten helfen. Dann sagte sie sehr gelassen: »Herr Moulin kann die Nacht hier nicht verbringen.«
    Bettina hatte begonnen, den Schinken auszupacken. Sie aß eine Scheibe davon. »Warum nicht?« fragte sie kauend.
    »Weil ich es ganz und gar nicht für richtig halte.« Anna haßte es, die Respektsperson herauszukehren, aber Bettinas Dickfelligkeit forderte sie dazu heraus.
    »Habe ich dir nicht gesagt, wie drollig Mama ist?« rief Bettina glücklich wie ein Kind. »Sie kann so urkomisch sein, wenn sie ihre Prinzipien auspackt.«
    Anna mußte vor die Tür gehen. Sie spürte, wie das Blut in ihren Schläfen hämmerte. Es war friedlich hier, alles so einfach und so klar. Die Grillen zirpten, und eine goldbraun gefleckte Eidechse wartete mit gehobenem Köpfchen auf eine abendliche Fliege, die sich ihr zum Schmaus anbieten würde. Ich habe immer versucht, meinen Kindern eine Kameradin zu sein, und jetzt bekomme ich es plötzlich in die falsche Kehle, wenn Bettina mich wie ihresgleichen behandelt, dachte Anna. Trotzdem werde ich Jean Moulin hinausschmeißen.
    Anna warf einen feindseligen Blick auf das Auto mit der römischen Nummer. Auf dem Meer gaukelte der Lichtkreis einer Karbidlampe. Der langgestreckte, dunkle Fleck dahinter war Guidos Boot. Wenn Guido die Ruder eintauchte, schimmerte das Wasser smaragdgrün. Vorn am Bug saß Franco, Guidos fünfzehnjähriger Sohn, und starrte, den Ger fest in der Rechten haltend, in den Lichtkegel. Anna war schon ein paarmal mit den beiden zum nächtlichen Fischen hinausgefahren. Bei Guido kaufte Anna ihren Wein. Morgen würde er mit einem Tintenfisch erscheinen und ihn der Signora zum Geschenk

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