Ein Herz voll Liebe
zurück, während er sie ausdruckslos beobachtete.
Mollie konnte sich nicht erinnern, dass sie sich jemals in ihrem Leben so unbehaglich gefühlt hatte. Doch sie war entschlossen, nicht davonzulaufen. Nicht, nachdem sie Dekes Tochter gesehen hatte. Seit sie dieses Haus betreten und einen Blick auf das winzige Baby geworfen hatte, das an seinem Fläschchen nuckelte, war sie gefährlich nahe daran, sich in einen weiteren Crandall zu verlieben.
Jolene besaß die strahlendgrünen Augen ihres Vaters und eine Unmenge flaumiger, nahezu weißblonder Haare, die in einem witzigen Schopf nach oben standen. Sie hatte Mollie neugierig angeschaut und jede ihrer Bewegungen aufmerksam verfolgt. Mollie wunderte sich, wieviel so ein Säugling bereits wahrnahm.
Mehr denn je war sie danach von ihrer Mission überzeugt.
Sie schloss die Tür hinter sich und tastete sich bis zu einem Stuhl, den sie erspäht hatte.
Dort schob sie eine Ansammlung von Kleidern herunter, setzte sich ganz gerade hin und faltete die Hände in ihrem Schoß. „Ich bin gekommen, um mich bei Ihnen für die Stelle als Haushälterin und Kinderfrau zu bewerben”, sagte sie fest.
„Nein”, antwortete er sofort. „Und nun verschwinden Sie.”
„Aber Mr. Crandall, Sie werden jemanden brauchen, der …”
„Es geht Sie nichts an, was ich brauche oder nicht brauche. Ich will hier keinen Teenager als Babysitter.”
„Bitte, Mr. Crandall, geben Sie mir doch wenigstens eine Chance, Ihnen zu erklären, warum ich gekommen bin. Ich bin zwanzig Jahre alt und habe gerade mein zweites Jahr auf dem College hinter mir. In Austin, Texas. Megan, meine Schwester, hat letztes Jahr im November ihr erstes Kind bekommen, und ich habe daher Erfahrung mit Babys sammeln können. Ich …”
„O’Brien! Jetzt fällt es mir ein. Sie sind eine der O’Brien-Schwestern. Sie waren doch noch ein Kind, als Ihre Eltern starben.”
,,Ja. Ich war zehn Jahre alt und hatte nicht viel Zeit, bevor ich erwachsen werden musste.
Ich war in der Familie zuständig für den Haushalt, bevor ich aufs College ging. Daher nahm ich an, ich könnte Ihnen helfen, bis Sie eine geeignete Haushälterin gefunden haben.”
„Warum nehmen Sie an, dass ich jemanden brauche? Das Baby wird versorgt.”
„Natürlich. Aber man kann nicht erwarten, dass Ihre Nachbarinnen diesen Service ewig aufrechterhalten. Sie haben alle eigene Familien, während ich diesen Sommer rein gar nichts zu tun habe. Ich kann Ihnen also drei Monate Zeit verschaffen, in denen Sie sich um Ersatz bemühen.”
Deke fixierte den Schatten der Frau, die ihm im dunklen Zimmer gegenübersaß. Immerhin hatte sie sich von seinem frostigen Empfang nicht abschrecken lassen. Er wusste, dass er sich unmöglich verhalten hatte.
Doch das kümmerte ihn wenig.
Trotzdem sagte ihm eine innere Stimme, dass es Zeit war, sich um das Wohl des Kindes zu kümmern. Es war schließlich nicht die Schuld des Babys, dass es ihm so dreckig ging.
Deke schwang sich aus dem Bett und sah seinen Gast an. „Sie heißen Mollie, richtig?”
„Ja.”
„Vermutlich verstehe ich es nicht ganz richtig. Wollen Sie mir bitte sagen, warum Sie sich ausgerechnet in Ihren Ferien mit einer solchen Verantwortung belasten möchten? Sie sollten sich lieber mit Freunden verabreden und sich amüsieren. Sie sind jung und hübsch. Sicher haben Sie einen großen Freundeskreis.”
„Meinen Freundeskreis habe ich in Austin gelassen. Dort wartet er sicher auf mich, wenn ich im Herbst zurück ans College gehe. In der Zwischenzeit möchte ich tun, was ich immer getan habe: Verantwortung für einen Haushalt übernehmen. Im Haus meiner Schwester gibt es nichts für mich zu tun. Sie hat jede Hilfe, die sie braucht.”
Deke stand auf und ging barfuß ins Badezimmer, ohne etwas zu erwidern. Er füllte ein Glas mit Wasser, schaute in den Medikamentenschrank, fand Kopfschmerztabletten und schluckte drei davon mit dem Wasser.
Zum ersten Mal seit Tagen erblickte er sein Gesicht im Spiegel. Durch die Milchglasscheibe des Badezimmerfenster drang gedämpftes Tageslicht in den Raum.
Es war kein erfreulicher Anblick. Er hat Ringe um die verquollenen Augen, was ihm ein Furchterregendes Aussehen gab. Ein Vollbart umrahmt sein einst glattrasiertes Kinn.
Gib es endlich zu, dachte er. Du hast Mist gebaut. Total. Und hier ist die Chance, die Sache wieder ins Lot zu bringen. Wirst du auch diesmal wieder versagen?
„Wissen Sie, wie man Kaffee kocht?”
„Ja.”
„Was halten Sie davon, eine Kanne
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