Ein Hut voller Sterne
Wörter« gezeigt, und Tiffany war gut genug vorbereitet gewesen, ihm ein Jagdmesser von Zakzak mitzubringen, dessen Messer erstklassig waren, während seine magischen Dinge nichts taugten. Der Hut wurde nicht erwähnt, da gaben sie sich beide Mühe. Wieder daheim hatte Tiffany ein Lesezeichen im Abschnitt P gefunden, und dort war mit Bleistift ein Wort unterstrichen: »Plongeon: ein kleiner Knicks, etwa ein Drittel so tief wie der traditionelle. Nicht mehr gebräuchlich.« Tiffany errötete allein in ihrem Zimmer. Es ist immer wieder überraschend, daran erinnert zu werden: Während man über andere Leute nachdenkt und sie beobachtet und sich ihnen überlegen fühlt, denken sie ebenfalls nach und drehen den Spieß einfach um.
Tiffany hatte es in ihr Tagebuch geschrieben, das jetzt viel dicker war als früher, mit all den gepressten Kräutern, zusätzlichen Notizen und Lesezeichen darin. Kühe hatten darauf getreten; es war von Blitzen getroffen und in Tee getaucht worden. Und es hatte vorn kein Auge. Ein Auge wäre schon am ersten Tag abgefallen. Es war ein richtiges Hexentagebuch.
Tiffany trug ihren Hut nur noch in der Öffentlichkeit, weil er immer wieder gegen niedrige Türen gestoßen war, und die niedrige Decke ihres Zimmers hätte ihn auf weniger als die Hälfte seiner Größe zusammengepresst. An diesem Tag aber trug sie den Hut und musste ihn gelegentlich festhalten, wenn der Wind ihn fortreißen wollte.
Sie erreichte den Ort, wo vier rostige Eisenräder halb im Boden versunken waren und ein alter Kanonenofen im Gras stand. Tiffany benutzte ihn als Stuhl.
Stille breitete sich um sie herum aus, eine lebendige Stille, während die Schafe mit ihren Lämmern tanzten und sich die Welt drehte.
Warum geht man fort? Damit man zurückkehren kann, um den Ort, den man verlassen hat, mit neuen Augen und zusätzlichen Farben zu sehen. Und auch die Menschen dort sehen einen anders. Dorthin zurückzukehren, wo man begonnen hat, ist nicht das Gleiche, wie nie zu gehen.
Die Worte gingen Tiffany durch den Kopf, als sie die Schafe beobachtete, und sie fühlte sich mit Freude erfüllt, Freude über die neuen Lämmer, das Leben, alles. Freude und Spaß unterscheiden sich ebenso sehr voneinander wie das tiefe Meer und eine Pfütze. Freude ist ein Gefühl, das man kaum bändigen kann. Es machte sich mit lautem Lachen Luft.
»Ich bin zurück!«, rief Tiffany den Hügeln zu. »Und ich bin besser als vorher!«
Sie nahm den Hut mit den Sternen ab. Es war kein schlechter Hut, wenn es um Schau ging, auch wenn die Sterne ihn wie ein Spielzeug aussehen ließen. Aber er war nie ihr Hut gewesen. Das konnte er gar nicht sein. Der einzige Hut, der auf den eigenen Kopf gehörte, war der, den man selbst anfertigte, nicht ein im Laden gekaufter oder einer, den man geschenkt bekommen hatte. Der eigene Hut für den eigenen Kopf.
Die eigene Zukunft, nicht die von jemand anderem.
Tiffany warf den sternenbesetzten Hut so hoch sie konnte. Der Wind erfasste und drehte ihn, und dann trug eine Bö ihn empor, und er flog über das Hügelland und verschwand für immer.
Dann fertigte Tiffany einen Hut aus dem Himmel an, saß auf dem alten Kanonenofen und lauschte dem Wind am Horizont, während die Sonne unterging.
Als die Schatten länger wurden, krochen viele kleine Gestalten aus dem nahen Erdhügel, gesellten sich ihr an diesem heiligen Ort hinzu und wachten.
Die Sonne ging unter, was alltägliche Magie ist, und eine warme Nacht begann.
Der Hut füllte sich mit Sternen.
Hinweis des Autors
Die auf Seite 74 erwähnte »Doktrin der Signaturen« existiert tatsächlich in dieser Welt, obwohl sie inzwischen bei Historikern besser bekannt ist als bei Ärzten. Über hunderte, vielleicht sogar tausende von Jahren hinweg haben Menschen geglaubt, dass Gott, der Schöpfer von allem, jedem Etwas ein Zeichen mitgegeben hat, um die Menschen darauf hinzuweisen, wofür die einzelnen Dinge verwendet werden können. Um ein Beispiel zu nennen: Goldrute ist gelb und »muss« deshalb gut sein gegen Gelbsucht, die die Haut gelb werden lässt (viel Raterei war nötig, aber manchmal überlebten Patienten).
Ein erstaunlicher Zufall will, dass das weiße Pferd des Kreidelands bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem Weißen Pferd von Uffington aufweist, das in dieser Welt unweit des Dorfes Uffington im südwestlichen Oxfordshire in die Kreide gehauen ist. Es ist mehr als 110 Meter lang und mehrere tausend Jahre alt, und nur von der Luft aus kann man die ganze
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