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Ein Jahr in London

Titel: Ein Jahr in London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Regeniter
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kleinen Viertels darauf beruht, dass mehrere Erdenergielinien hier zusammenlaufen. Eine etwas langweiligere Theorie wäre, dass es hier einfach jede Menge gut erhaltener viktorianischer Villen gibt, und diese durch die Eisenbahnlinie und den Park so vom Rest Londons abgeschnitten sind, dass die Gegend tatsächlich den Eindruck eines in sich geschlossenen Dorfes macht – ein Dorf bewohnt nur von den Reichen, Schönen oder sonstwie Glücklichen.
    Wie gerade ich dieses Glück verdient habe, weiß ich nicht, aber der Haken an der Sache wird mir offenbar, als der irische Vermieter endlich an der Tür erscheint und mich zu dem Zimmer führt. Barry Byrne ist ein riesiger Mann Anfang fünfzig, der aussieht, als hätte er in letzter Zeit einige Guinness zu viel getrunken. Aber sein melodischer irischer Akzent macht ihn mir gleich sympathisch. Für den in der Zeitung angegebenen Preis hatte ich ein kleines Penthouse mit Swimmingpool erwartet, und von außen sieht das Haus auch in der Tat sehr ansehnlich aus: Es liegt in einer mit alten Ahornbäumenbewachsenen, halbmondförmig verlaufenden Straße mit um die Jahrhundertwende gebauten Häusern, deren Türen alle in unterschiedlichen Farben gestrichen sind – nur die Kutschen und der Nebel fehlen noch, und man könnte in einem Sherlock-Holmes-Film sein.
    Doch als ich Barry die Treppe hinauffolge und die Tür des Zimmer öffne, finde ich mich in einer Art Wandschrank wieder, in dem man Schwierigkeiten hat, sich einmal um sich selber zu drehen, geschweige denn, auf- und abzulaufen. Der Teppich ist dunkelgrün, die Tapeten haben Blümchenmuster auf grünem Hintergrund, und selbst der wahrscheinlich im Sperrmüll gefundene Ohrensessel passt in das Farbschema. Grün, denke ich, ist die Farbe der Hoffnung und allen Neubeginns.
    „Das ist wirklich wunderschön“, sage ich mit meiner sehr schnell gelernten englischen Höflichkeit. „Darf ich Ihnen eine Kaution geben?“
    Ich habe also endlich meine eigene Unterkunft, wenn auch bei dem hohen Mietpreis wohl bald nicht mehr genug Geld zum Essen. Nach näherem Umsehen hat das Zimmer allerdings auch viele gute Seiten: Die hohen Decken sind mit Stuck verziert, und das alte Schiebefenster öffnet sich auf einen winzigen, mit Messing verzierten Balkon, von dem aus man einen wunderschönen Blick auf die viktorianischen Häuser gegenüber hat.
    Bevor ich den genieße, muss ich jedoch erst einmal das Badezimmer suchen, denn ich war so darauf fixiert, meine Wohnungssuche abzuschließen, dass ich an solche Fragen wie Nebenkosten oder gar die Lage des Badezimmers gar nicht gedacht hatte. In der einen Ecke meiner grünen Kammer gibt es eine kleine Kochnische mit Kühlschrank und Gasherd, sogar einen Esstisch habe ich, aber von Klo oder Dusche ist weit und breit keine Spur.
    Ich trete auf den Flur und gehe die Treppe hinauf. Dort sind zwei weitere Türen wie die meine, die in goldenen Ziffern die Wohnungsnummern tragen. Sonst nichts. Ich schleiche dieTreppe wieder hinunter, an meinem Zimmer vorbei ins Erdgeschoss, mit dem schrecklichen Gedanken im Kopf, dass ich meine Bleibe nur so leicht bekommen habe, weil es tatsächlich weder Klo noch Dusche gibt.
    Plötzlich springt eine Tür auf, und ein Gesicht, das man vor langen schwarzen Krusselhaaren kaum sehen kann, grinst mich freundlich an. „Ciao Bella! Bist du gerade eingezogen? Ich bin Felice.“ Er erzählt mir, er wohne in diesem Haus, seit er vor zwei Jahren aus Sizilien hier angekommen sei, wäre dort sehr glücklich, und lädt mich dann zum Kennenlernen auf einen Teller Spaghetti und eine Tasse Tee ein.
    „Willkommen in Inghilterra, eh?“
    „ Thanks . Sag mal, gibt es hier eigentlich ein Badezimmer?“
    Er lacht und zeigt auf die gegenüberliegende Tür, die stolz ein goldenes Schild mit der Aufschrift „Number One“ trägt. „Sí, sí, natürlich! Klein und dreckig, aber besser als nichts.“
    Ich werfe einen kurzen Blick hinein, aber bis auf eine kleine Badewanne und ein Waschbecken, natürlich jeweils mit zwei Hähnen ausgestattet, gibt es nicht viel zu sehen. Bis auf den Teppich auf dem Boden. Felice bemerkt meinen überraschten Blick.
    „Das ist so üblich in England, mit Teppich ausgelegte Badezimmer. Aber es gibt auch einen guten Grund dafür.“ Er zeigt auf das alte Holzschiebefenster, das dem in meinem eigenen Zimmer gleicht und durch dessen Spalten der Wind hereinbläst.
    „Mit Isolierung haben die es hier nicht so, da wird es im Winter ganz schön kalt.“
    Wenigstens

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