Ein Königreich für die Leidenschaft
sie den Flur hinuntergingen, musste Lani wieder daran denken, wie bewundernswert tüchtig und zupackend die Schwiegermutter doch immer wirkte. Das schwarze Haar trug sie kurz, und das traditionelle Gewand kleidete ihre aufrechte, wenn auch etwas füllige Gestalt sehr gut. Außerdem strahlte sie eine Ruhe und Herzenswärme aus, die Lani in den letzten Jahren sehr gutgetan hatte.
Als sie das helle Arbeitszimmer erreichten, zitterten Lani die Knie, und sie ließ sich auf Priias Aufforderung hin sofort in einen kleinen Sessel fallen. Beunruhigt sah die Schwiegermutter sie an. „Was ist mit dir, Liebes? Du siehst so blass aus.“
„Mit geht es gut.“ Sie starrte auf den Teller mit Obst und hatte das Gefühl, nie wieder etwas essen zu können. „Ich … ich bin nicht krank. Mir ist nur ein wenig übel, weil … weil ich schwanger bin.“
Jetzt verlor selbst Priia die Fassung und starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. „Was? Habe ich richtig gehört? Du erwartest ein Kind?“
Lani nickte. „Ich bin ziemlich sicher. Zuerst habe ich gedacht, die Übelkeit hätte mit Vanus Verschwinden zu tun, mit dem Stress der letzten Wochen. Aber jetzt …“ Sie senkte den Blick und legte sich eine Hand auf den noch flachen Bauch.
„Ein Baby!“ Priia strahlte. „Wie schön!“
„Ja …“
„Ein Lichtstrahl in der Finsternis! Es ist ein Wunder!“
Die überschwängliche Freude ihrer Schwiegermutter konnte Lani nicht teilen, und beinahe hatte sie deshalb ein schlechtes Gewissen. Ein Baby war immer eine große Sache in Rahiri, und sie sollte darüber eigentlich glücklich sein. Wenn der Vater nur nicht so ein sadistisches Ekel gewesen wäre …
„Das müssen wir feiern! Wir geben eine Party! Endlich wieder etwas, worauf wir uns freuen können nach den traurigen Tagen und Wochen.“ Priia war außer sich vor Glück. „Ein Baby! Vanus Kind, das die Tradition hier im Palast fortsetzen wird.“
Genau davor hatte Lani Angst, aber wahrscheinlich war das nicht fair. Denn warum sollte sich das Kind zu einem Ebenbild des Vaters entwickeln? Die übrigen Mitglieder der königlichen Familie waren freundlich und warmherzig. Auch Lanis Schwiegervater, den sie nicht mehr kennengelernt hatte, war ihr von allen als sehr gütig beschrieben worden.
„Ach, und die süßen kleinen Babysachen!“ Entzückt schlug Priia die Hände zusammen. „Ich muss mich sofort darum kümmern.“ Liebevoll strich sie Lani über die Wange. „Ob der Kleine wohl deine wunderschöne goldbraune Haut erben wird? Vielleicht wird es auch ein Mädchen? Genau werden wir das ja erst wissen, wenn …“ Plötzlich griff sie nach Lanis Arm. „In der wievielten Woche bist du denn?“
„So genau weiß ich das nicht.“ Lani wollte nicht auf die Nacht von Vanus Verschwinden zu sprechen kommen, obwohl sie sicher in dieser Nacht schwanger geworden war. „In der achten, vielleicht auch neunten, vermute ich. Man kann vielleicht gerade etwas sehen.“
„Lass dich anschauen!“ Schnell nahm Priia Lani den Obstteller vom Schoß, ergriff sie bei den Händen und zog sie hoch. Vorsichtig legte sie ihr die Hand auf den Bauch. „Ich kann noch kaum etwas fühlen, aber damals bei meinen Jungs hat es auch ziemlich lange gedauert. Bei der Geburt sind unsere Babys normalerweise ziemlich klein, aber sie wachsen zu großen, kräftigen Männern heran.“ Sie lächelte stolz.
Lani bemühte sich um ein zuversichtliches Lächeln, aber es fiel kläglich aus.
„Du machst dir Sorgen? Ach, mein Kind …“ Priia zog Lani liebevoll in die Arme. „Es ist sicher nicht leicht, ein Baby zu erwarten, wenn man bereits Witwe ist. Das Kind wird dich immer an den Mann erinnern, den du verloren hast.“
Ja, leider .
„Aber du musst es positiv sehen. Er lebt doch in dem Kind weiter!“
Um Himmels willen, nein!
„Allerdings wird dadurch die Sache mit AJ etwas schwierig. Kein Mann zieht gern das Kind eines anderen auf, auch wenn es der eigene Bruder ist.“
„Ich glaube nicht, dass AJ mich heiraten will“, warf Lani leise ein.
„Sein Verhalten darfst du nicht persönlich nehmen. Das hat nur mit Hollywood und seinen Aufgaben dort zu tun. Aber er weiß, dass es seine Pflicht ist, nach Rahiri zurückzukehren.“ Plötzlich schlug sie sich mit der Hand auf den Mund. „Du liebe Zeit, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Laut Gesetz ist das Baby als Nachkomme des regierenden Königs der nächste Thronfolger und nicht AJ.“
Priia wandte sich zum Fenster um und starrte hinaus. „Und
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