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Ein Kuss und Schluss

Ein Kuss und Schluss

Titel: Ein Kuss und Schluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Graves
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der Opfer hatte sich bereit erklärt, als Zeuge auszusagen - ein buckliger Achtzigjähriger mit röchelnder Stimme, der John erklärte, dass er furchtbar wütend war und sich so etwas nicht mehr gefallen lassen wollte. Einen Tag vor dem Prozess hatte er einen Herzinfarkt und landete als Komapatient auf der Intensivstation des Krankenhauses von Tolosa. Noch am gleichen Tag erwirkte seine Familie, dass ihm der Stecker rausgezogen wurde, womit die Anklage ins Wasser fiel.
    Da es nun keinen Augenzeugen mehr gab, schaffte es der Verteidiger, den Geschworenen haufenweise begründete Zweifel einzureden, was die Identität des Übeltäters betraf. John war zum Urteilsspruch in den Gerichtssaal gekommen, und als die Geschworenen den Kerl für unschuldig erklärten, verkrampften sich seine Eingeweide zu einem harten Knoten der Wut und Verzweiflung. Er sagte sich, dass so etwas eben zu seinem Job gehörte. Manchmal hatte man Erfolg, manchmal nicht. Davon ging die Welt nicht unter. Trotzdem kochte es in ihm. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ein von Grund auf schlechter, unzweifelhaft schuldiger Typ, den er hinter Gitter gebracht hatte, nun wieder frei herumlief.
    Als er anschließend den Gerichtssaal verließ, sah er den kleinen Mistkerl in der mit Marmor gefliesten Vorhalle. Er grinste wie eine Hyäne und klopfte seinem Anwalt auf die Schulter. Als hätte er ein Stichwort bekommen, drehte er sich um und blickte John in die Augen. Langsam verzogen sich seine Lippen zu einem selbstgefälligen Grinsen, und seine höhnische Miene schrie lauter, als es Worte vermocht hätten.
    Ich habe gewonnen, Arschloch! Und das heißt, dass du verloren hast!
    John wäre am liebsten quer durch den Saal marschiert, hätte den Typen gegen eine Wand gedrückt und ihn gewürgt, bis ihm die Augen aus den Höhlen quollen. Doch als Polizist war er nicht zu einer solchen Handlungsweise befugt. Stattdessen suchte er die Herrentoilette auf, um sich abzukühlen. Er atmete ein paarmal tief durch und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Als auch das nichts nützte, wirbelte er herum und schlug mit der geballten Faust auf den Papierhandtuchspender ein.
    Das war gut!
    Es war sogar so gut, dass er es gleich noch einmal machte. Und noch einmal. Und noch einmal. Und die ganze Zeit dachte er daran, wie falsch es war, dass jemand hilflosen Menschen wehtun und sie bestehlen durfte, ohne dass er je dafür bestraft wurde.
    Leider war der Blechkasten an der Wand, der John als Ersatz für das Gesicht des Verbrechers diente, nicht allzu stabil konstruiert, denn bereits bei Schlag Nummer fünf löste sich das Ding von der Wand und landete krachend auf dem Boden. Ungefähr zur gleichen Zeit wunderten sich zwei uniformierte Polizisten, was der Lärm zu bedeuten hatte, und suchten eilig die Toilettenräume auf. Zu ihrer großen Belustigung stellten sie fest, dass ein Kollege von ihnen soeben einen wehrlosen Papierhandtuchspender k. o. geschlagen hatte.
    Am Ende jenes Tages war Johns heldenhafter Boxkampf gegen ein lebloses Objekt im Polizeirevier zur Legende geworden. Seine Kollegen vergnügten sich damit, ihn zu fragen, ob er als Nächstes gegen einen Abfalleimer antreten wollte. Vielleicht konnte er es sogar gleichzeitig mit zwei Toilettenschüsseln aufnehmen. Zu diesem Zeitpunkt bereute er zutiefst, die Beherrschung verloren zu haben, aber das hatte Lieutenant Daniels nicht davon abgehalten, ihn zu sich zu rufen und ihm einen zwanzigminütigen Vortrag über professionelles Benehmen, das Prinzip der Unparteilichkeit und die Gründe, warum man niemals zur Urteilsverkündung im Gericht erscheinen sollte, zu halten.
    Hören Sie auf, sich Gedanken über Schuld oder Unschuld zu machen, DeMarco. Es ist nicht Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird. Ihre Aufgabe ist es, den Abschaum dingfest zu machen, damit andere Leute dafür sorgen, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird.
    Johns Ansicht zufolge hatten diese Leute von Tuten und Blasen keine Ahnung, aber in Anbetracht der Umstände behielt er diese Meinung für sich.
    Polizisten, die sich bestimmte Dinge zu Herzen nehmen, können wir nicht gebrauchen, hatte Daniels gesagt. Weil sie auf seltsame Ideen kommen. Sie schlagen zum Beispiel völlig unschuldige Handtuch Spender krankenhausreif.
    Sein Vorgesetzter hatte die Standpauke beendet, indem er John die Schlüssel zu seiner abgelegenen Hütte am Lake Shelton aushändigte und ihm nahe legte, dort eine Weile Urlaub zu machen. John

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