Ein Mann wie Mr Darcy
für alles eine logische Erklärung finden kann, wenn man sich nur ausreichend Mühe gibt. Ist es nicht das, was Skeptiker tun? Dinge zu erklären, die sich nicht erklären lassen, indem sie gesunden Menschenverstand, Rationalität und diesen kleinen, aber durchaus bedeutenden Faktor namens Zufall bemühen …
In diesem Fall war es vielleicht nur eine Mischung aus Jetlag, Wunschdenken und einer allzu blühenden Fantasie, die Mr. Darcy in Chawton Manor heraufbeschworen hat.Vielleicht habe ich vor der Winchester Cathedral einen Schwächeanfall erlitten und war so im Delirium, dass ich mir seine Anwesenheit eingebildet habe. Könnte sein, dass unser Spaziergang im Mondschein nichts als ein Traum war, unser Silvesterausritt eine Halluzination, ausgelöst durch zu viel Champagner und die Auswirkungen dieses unglaublich starken Joints. Und unser Picknick bei Sham Castle nur eine Fantasie, nachdem ich, müde und aufgewühlt von meinem Streit mit Spike, eingeschlafen war. Und ja, es ist möglich, dass ich im Gewirr der Gärten von Lyme Park so verloren und niedergeschmettert war und so heftig geweint habe, dass ich mir eingebildet habe, Mr. Darcy hätte mich gefunden. Um am Ende zu mir selbst zu finden.
Aber … Und das ist ein großes Aber … ich bin mir da nicht so sicher. Ein Teil von mir will sogar glauben, dass es wahr ist. Dass sich auf der Reise nach England tatsächlich etwas Magisches ereignet hat und dass ich tatsächlich Mr. Darcy begegnet bin. Aber wahrscheinlich werde ich es niemals mit Gewissheit sagen können. Und ich glaube, im Grunde spielt es auch gar keine Rolle, richtig?
Denn eines steht unumstößlich fest: Mr. Darcy existiert. Er existiert in der Vorstellung von Millionen von Frauen überall auf der Welt. Erinnern Sie sich noch an Jean, die Einwanderungsbeamtin in Heathrow? Für sie war er real. Und was ist mit Rupinda, Rose, Maeve, Hilary … die Liste ist endlos. Gerade in diesem Moment träumt irgendwo in der weiten Welt irgendjemand von Mr. Darcy. Und wenn es nur eine Fantasie ist. Sind denn Fantasien nicht real?
»Hey, ist das dein neues Schild?«
Ich wirbele herum und sehe Freddy aus seiner Bäckerei treten und zu mir herüberkommen. Er hat eine Schürze umgebunden, und seine Arme sind bis zu den Ellbogen mit einer weißen Mehlschicht bedeckt. »Es sieht sensationell aus.«
»Danke«, erwidere ich mit einem stolzen Lächeln.
»Deine Familie muss mächtig stolz auf dich sein.«
»Ja, ist sie«, bestätige ich. »Sie kommen heute Abend mit meinem Bruder, damit wir alle zusammen feiern.« Freude erfasst mich. Seit wir von unseren Reisen zurückgekehrt sind, haben meine Eltern und ich uns große Mühe miteinander gegeben. Okay, wir werden nie dicke Freunde werden, aber davon habe ich ohnehin sehr viele. Was ich brauche, ist eine Mum und einen Dad. Ich denke, es war für uns alle ein erster Schritt, dass ich diese Tatsache vor mir selbst und vor ihnen zugegeben habe.
»Wow, das ist einfach toll, Emily, einfach toll.« Freddy umarmt mich in einer Wolke aus Mehl und Aftershave. »Ist sie drin?«, fragt er lächelnd und deutet auf den Laden.
»Du meinst Stella?«, frage ich. »Ja, warum?« Ich kneife die Augen zusammen. Seit ich aus England zurück bin, habe ich eine ganze Menge Telefonanrufe, Besuche und Flüstereien zwischen Stella und Freddy aufgeschnappt. »Was ist denn mit euch beiden?«, frage ich lächelnd.
»Nichts.« Unschuldig zuckt er die Achseln und kehrt in seine Bäckerei zurück.
Nichts? Hm. Nun ist mein Misstrauen endgültig geweckt.
Während ich ihm nachsehe, wie er in der Bäckerei verschwindet, nehme ich mir vor, Stella später in die Mangel zu nehmen. Im Moment möchte ich sie nicht unterbrechen, weil sie damit beschäftigt ist, im Lager die neu eingegangenen Bestellungen zu sortieren. Ach ja, à propos. Eines der ersten Dinge nach meiner Rückkehr bestand darin, die neue Lieferung von Stolz und Vorurteil nach leeren Seiten zu durchsuchen, aber sie waren alle völlig in Ordnung, jeder einzelne Band. Das weiß ich deshalb, weil ich sie alle persönlich durchgesehen habe. Abgesehen davon habe ich sämtliche Datenbanken überprüft und bin auf keinen einzigen Vermerk über Reklamationen gestoßen. Seltsam, nicht? Ich muss das einzige fehlerhafte Exemplar gehabt haben.
Und soll ich Ihnen sagen, was ich noch seltsam finde? Ich habe dieses Buch immer im Seitenfach meiner Handtasche aufbewahrt, aber als ich nach Hause kam und sie ausgepackt habe, steckte ein anderes
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