Ein Mann wie Mr Darcy
lächle. Seit ich es ihr geschenkt habe, hat sie dieses Cape nicht mehr ausgezogen. Das bedeutet, drei Wochen in einem himbeerfarbenen Wollcape. Ihre Nachbarn nennen sie schon Rotkäppchen. Nicht, dass ihr das etwas ausmachen würde – sie schwebt im siebten oder, besser gesagt, im Topshop-Himmel.
»Klar«, rufe ich zurück und kippe den Rest meines Kaffees herunter.
»Also los, spuck’s aus«, sage ich.
»Was soll ich ausspucken?«, fragt sie unschuldig, obwohl ihr das schlechte Gewissen ins Gesicht geschrieben ist.
»Was mit dir und Freddy läuft.« Ich lehne mich mit der Hüfte gegen den Teil des Zeichentischs, auf den die durch die Tür hereinfallende Sonne scheint, und spüre die Wärme auf meinem Rücken.
»Da gibt es nichts auszuspucken«, behauptet sie und drückt mir die Formulare in die Hand. »Hier, du musst das unterschreiben, Boss.«
Ich nehme sie entgegen. »Versuch nicht, mir Honig um den Bart zu schmieren, indem du mich Boss nennst. Ich habe jetzt zweimal gehört, es sei nichts. Einmal von dir und einmal von Freddy.« Ich greife nach einem Stift und kritzle meine Unterschrift auf die Papiere. »Und zweimal Nichts ergibt ein Etwas. Das ist eine doppelte Verneinung.«
Stella schürzt die Lippen und betrachtet mich nachdenklich. Ich sehe ihr an, dass ich sie mit dieser Logik tief beeindruckt habe.
»Okay«, seufzt sie und wirft die Arme in die Luft. »Ich geb’s auf.Wir sind zusammen.«
Ich sehe sie mit einer Mischung aus Freude und Ungläubigkeit an.
»Stella! Aber das ist ja fantastisch! Warum hast du mir das nicht schon früher gesagt? Du weißt doch, wie gern ich Freddy mag. Seit wann denn?«
»Seit ich aus Mexiko zurückgekommen bin«, antwortet sie und gestattet sich ein kleines Lächeln bei der Erinnerung daran. »Er hat auf mich gewartet und diesen tollen Käsekuchen für mich gebacken, von dem er weiß, dass ich ihn so wahnsinnig gern esse. Wir sind zuhause geblieben, haben zu viel gegessen und geredet und -«, sie bricht ab und schüttelt ihr Haar, dessen Spitzen seit Neuestem schwarz gefärbt sind. »Dabei ist mir klar geworden, wie sehr ich ihn vermisst habe, während ich weg war. Selbst bevor sich herausgestellt hat, dass Scott ein völliger Reinfall ist, habe ich ihn vermisst. Ich dachte, es läge daran, dass wir zusammen wohnen und aneinander gewöhnt sind, aber es war mehr als das.«
Sie setzt sich neben mich in den Lichtkegel und wendet sich mir zu. »Wir passen ziemlich gut zusammen«, gesteht sie.
»Und wer erzählt dir das schon seit Monaten?«, rufe ich empört.
Sie grinst verlegen. »Ich weiß. Ich habe nicht auf dich gehört …«
»Und wie ist nun der Sex mit deinem Ehemann?«, frage ich und stoße sie mit dem Ellbogen freundschaftlich in die Rippen.
Sie läuft rot an. »Na ja, zumindest weiß ich, dass er mich am Morgen danach auch noch respektiert«, witzelt sie, worauf wir beide in Gelächter ausbrechen.
Das Klingeln des Telefons unterbricht uns, und Stella springt auf, um an den Apparat zu gehe. »Es ist Spike – dein Freund«, sagt sie.
Jetzt bin ich diejenige, die rot anläuft. »Hör auf damit«, zische ich, während ich hinübereile und ihr den Hörer aus der Hand reiße.
Aber ich bin nicht ernsthaft sauer. Stattdessen liebe ich es, wenn jemand Spike als meinen Freund bezeichnet. Ich liebe es, ihn meinen Freund zu nennen, und ich liebe alles daran, dass er mein Freund ist. Wie die Tatsache, dass ich ihm witzige Postkarten schicken kann, die ich in irgendeinem winzigen Laden in Soho aufstöbere, dass wir uns lustige Mails schreiben, stundenlang telefonieren, während ich mit einer heißen Wärmflasche im Bett liege und mir einbilde, er liege neben mir, und die Tage zählen, bis er nach New York kommt, um mich zu besuchen (noch vier. Na ja, um genau zu sein, sind es sogar nur noch drei Tage, 22 Stunden und ungefähr 45 Minuten), bei der Arbeit alberne Kritzeleien auf den Block zu pinseln, in denen unsere Namen und das Wort Liebe vorkommen, und dann durchzählen, wie oft die Buchstaben L, I, E, B, E darin auftauchen, und sie dann zusammenzählen und -
Okay, Schluss damit. Ich weiß, dass all das völliger Unsinn ist, aber ich kann es nicht ändern. Und das will ich auch nicht. Denn endlich, nach zahllosen katastrophalen Versuchen, habe ich endlich einen Mann kennen gelernt, nach dem ich verrückt bin und der nach mir verrückt ist. Okay, verrückt ist er ja ohnehin schon. Und ich habe wirklich lange gebraucht, um ihn zu finden, habe einen weiten Weg
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