Ein Mann zum Heiraten
ironischen Blick zu. “Was mich aber etwas angeht, ist die Tatsache, dass du als Dolmetscherin und Übersetzerin für mich arbeitest. Und deswegen musst du wegen der internationalen Konferenz am nächsten Mittwoch nach Italien fliegen.”
“Ja”, bestätigte sie teilnahmslos. Als die Konferenz im Vorjahr anberaumt worden war, hatte Poppy geglaubt, Chris würde die Firma dort vertreten. Und als er sie gefragt hatte, ob sie ebenfalls daran teilnehmen wolle, hatte sie tagelang im siebten Himmel geschwebt und sich den wildesten romantischen Fantasien hingegeben. Rückblickend war ihr natürlich bewusst, dass es Hirngespinste gewesen waren.
Alles würde nun ganz anders verlaufen, als sie es sich ausgemalt hatte. Selbst wenn Chris wie geplant an der Konferenz teilgenommen hätte, hätte sie nicht mit dem kleinen Verkaufsteam der Firma zusammengearbeitet, sondern die meiste Zeit in ihrem Hotelzimmer verbracht, um zu übersetzen und die Schreibarbeit zu erledigen.
“Die Abflugzeit hat sich geändert”, informierte James sie. “Ich hole dich um halb sieben ab, weil ich auf dem Weg zum Flughafen sowieso hier vorbeikomme.”
“
Du
holst mich ab?”, erkundigte sie sich schockiert. “Du fliegst doch gar nicht nach Italien. Chris …”
“
Chris
ist in den Flitterwochen, wie du weißt, und kommt erst übernächste Woche zurück.” James warf ihr einen spöttischen Blick zu, als er hinzufügte: “Nicht einmal du würdest dir einreden, dass er früher aus den Flitterwochen zurückkehrt, um mit dir nach Italien fliegen zu können, stimmt’s? Oder hattest du das insgeheim gehofft? Verdammt, wann wirst du endlich erwachsen und erkennen, dass …?”
“Was?”, unterbrach sie ihn erbost. Ihre Lippen bebten, und sie versuchte sich wieder zu fassen. “Na los, sag es schon! Wir wissen schließlich beide, dass du darauf brennst, es mir aufs Brot zu schmieren. Oder soll ich es für dich tun?”
Hoch erhobenen Hauptes bemühte sie sich, seinem Blick standzuhalten. “Wann ich endlich erkenne, dass Chris mich nicht liebt, dass er mich nie lieben wird … dass er Sally liebt …”, brachte Poppy tapfer hervor.
Ihr war klar, dass ihre Augen verdächtig glänzten, doch sie konnte nichts dagegen tun. Sie hatte ihre Gefühle einfach nicht mehr unter Kontrolle.
“Natürlich weiß ich, dass Chris nicht nach Italien fliegt”, fuhr sie resigniert fort. Dann wandte sie sich von James ab, weil in diesem Moment das Schmuckkästchen laut knackte, bevor es in Flammen aufging.
Der Schmerz, den sie bei diesem Anblick empfand, war so übermächtig, dass sie sich mit aller Kraft zusammennehmen musste, um das Kästchen nicht aus dem Feuer zu reißen. Darin befanden sich alle Erinnerungsstücke aus den letzten zehn Jahren, die für sie so kostbar waren: das Geschenk, das sie zum zwölften Geburtstag von Chris bekommen hatte, die Karte, die er ihr geschickt hatte, und all die anderen Geschenke, die sie im Laufe der Jahre von ihm erhalten hatte.
Es waren vermutlich ganz normale Geschenke, nicht die eines Liebenden. Wenn James sie sah, würde er nur eine verächtliche Bemerkung machen.
Ja, sie hatte gewusst, dass Chris nicht nach Italien fliegen würde, aber ihr war nie der Gedanke gekommen, dass James an der Konferenz teilnehmen könnte. Plötzlich fiel ihr etwas ein, und sie runzelte die Stirn.
“Wenn du nach Italien fliegst, brauchst du mich nicht”, erklärte sie, nachdem sie sich ihm wieder zugewandt hatte. “Schließlich sprichst du fließend Italienisch.”
Und das aus gutem Grund, fügte sie im Stillen hinzu. Immerhin war seine Großmutter mütterlicherseits Italienerin, und Chris und er hatten oft die Sommerferien bei ihren Verwandten in Italien verbracht. Allerdings sprach Chris die Sprache lange nicht so gut wie James.
“Italienisch, ja”, bestätigte er kühl, “aber wie du weißt, handelt es sich um eine internationale Konferenz, und deine japanischen Sprachkenntnisse werden verlangt. Falls du also vorhattest, deine Zeit damit zu verbringen, von Chris zu träumen, warne ich dich. Wir fliegen nach Italien, um dort zu arbeiten …”
“Du hast nicht das Recht, mich vor irgendetwas zu warnen!” Poppy kochte innerlich vor Wut, weil er ihre Arbeitsauffassung infrage gestellt hatte.
Ihr war durchaus bewusst, wie hartnäckig er sich dagegen ausgesprochen hatte, dass sie die Stelle in der Firma erhielt. Es wäre Vetternwirtschaft, so hatte er argumentiert, und außerdem wäre es wesentlich kostengünstiger, die
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